Herr Süßengut, Sie beraten Finanzdienstleister zu Servicepauschalen. Warum sollten Vermittler diesen Weg der Vergütung gehen?



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Peter Süßengut ist Unternehmensberater für Versicherungsvermittler und hat sich auf Servicepauschalen spezialisiert.© Johann SchürDie Regulierungen der vergangenen Jahre haben die Branche nachhaltig verändert. Provisionskürzungen, verlängerte Stornohaftungszeiten und der extrem gestiegene Verwaltungs- und Administrationsaufwand haben dazu geführt, dass sich der Alltag vieler Vermittler zum Negativen gewandelt hat. Servicepauschalen sind eine hervorragende Lösung, um einerseits das gesunkene Einkommensniveau auszugleichen und andererseits unabhängig von zukünftigen Regulierungen zu werden.

Vermittler erhalten in der Regel eine recht hohe Abschlussprovision und eine laufende Bestandsprovision. Banal gefragt: Ist über die Bestandsprovision nicht die Betreuung – quasi der Service – schon abgegolten?

Zum einen ist der Aufwand durch die o.g. Veränderungen drastisch gestiegen – die Bezahlung durch die Bestandsprovisionen ist jedoch gleichgeblieben bzw. teilweise sogar gesunken. Zum anderen bieten mehr und mehr Vermittler ihren Kunden Serviceleistungen, die nichts mit den eigentlichen Pflichten zu tun haben. Genau hier wird es aus meiner Sicht Zeit, wieder ein faires Verhältnis von Aufwand und Nutzen herzustellen, das mit der Bezahlung durch die reine Bestandsprovision nicht mehr gegeben ist. 



Dr. Klaus Möller ist Vorstand der DEFINO Institut für Finanznorm AGDefino Mit welchen durchschnittlichen Pauschalen können Vermittler pro Kunde rechnen bzw. wo liegen die unteren sowie oberen Grenzen, die Vermittler nehmen sollten?

Das hängt von mehreren Kriterien ab. Maßgeblich bestimmen die angebotenen Leistungen und die Bereitschaft der Zielgruppe den Preis der monatlichen Servicepauschale. Im Privatkundenbereich haben sich, je nachdem ob wir von Singlehaushalten oder Familienhaushalten sprechen, Preise zwischen 15-60 Euro monatlich etabliert. Im Gewerbekundensegment liegt die Preisspanne deutlich drüber, da hier inhaltlich mehr Gestaltungsspielraum herrscht und die Servicepauschalen als Betriebsausgabe abgesetzt werden können. Je nach Leistungsumfang und Unternehmensgröße des Kunden sind hier auch Servicepauschalen zwischen 50-200 Euro monatlich üblich. 



Makler sind ja rein rechtlich verpflichtet, dem Kunden stets die beste Absicherung zu besorgen. Ergo müsste der Makler wenigstens einmal im Jahr bei jedem Kunden sein und den aktuellen Stand abfragen. Die Realität sieht natürlich anders aus. Sind Servicevereinbarungen vielleicht auch eine Chance den Kundenbestand auszudünnen und qualitativ zu selektieren? Und welche Rolle kann die DIN 77230 hierbei spielen, Herr Dr. Möller?

Peter Süßengut: Das kommt darauf an wo das Maklerunternehmen in seiner Entwicklung steht und wie die Zielsetzung für die Zukunft aussieht. Es gibt Makler die den Bestand ausdünnen wollen und es gibt jene, die das primäre Ziel verfolgen den Bestand zu entwickeln – also aus 1-2 Vertragskunden Vollmandate zu machen. Servicepauschalen unterstützen beide Vorhaben gleichermaßen gut – die Frage ist nur mit welchem Ziel man sie in der Praxis einsetzt.

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Dr. Möller: Ich sehe die Norm nicht als eine Möglichkeit, den Kundenbestand auszudünnen, sondern vielmehr als eine Chance, aus Kunden, die bisher offensichtlich wenig Freude an ihrem Berater hatten und seine Dienstleistung nur rudimentär in Anspruch genommen haben, überzeugte und begeisterte Kunden zu machen, die sich gerne umfassend beraten und betreuen lassen – und an denen dann der Berater auch wieder Freude hat. Die Norm bietet da, wo Makler durch die Größe ihres Kundenstammes Zeit- und Effizienzprobleme haben, auch exzellente Möglichkeiten der Arbeitsteilung mit einer guten Assistenz oder entsprechenden Service-Dienstleistern, weil die Ergebnisse Norm-konformer Finanzanalysen objektiv und verlässlich sind – unabhängig davon, wer sie erstellt hat.

Kunden honorieren das mit hohen Vertragsdichten



Herr Dr. Möller Sie haben mit einer DIN-Norm für Finanzberater eine Erstanalyse mit entsprechender Normierung gebaut. Welchen Mehrwert hat eine DIN für Vermittler und auch für Kunden wirklich?

Dr. Möller: Finanzanalysen nach der Norm orientieren sich allein an der Situation der Verbraucher und sind damit vollständig kundenindividuell. Sie sind nicht – wie viele Unternehmens- oder Verbands-interne Analysemethoden - an den Interessen von Maklern oder den Vorgaben von Vertriebsvorständen ausgerichtet. Damit stiften sie bei den Kunden hohes Vertrauen. Die Kunden öffnen sich, um eine wirklich umfassende und vollständige Analyse zu erhalten. Dadurch erhalten Vermittler den ganzen Überblick über alle Risiken und Notwendigkeiten, aber auch alle vorhandenen Verträge der Kunden. Sie können nichts übersehen und vergessen und auf der Grundlage der Analyse die bestmögliche Absicherung und Vorsorge für die Kunden erarbeiten. Da wo Makler schon länger nach der DIN-Norm und ihrer Vorgängerin, der DIN SPEC, arbeiten, honorieren Kunden das mit durchschnittlichen Vertragsdichten in der Größenordnung von 15 – 16 Verträgen pro Haushalt. 



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Die kontinuierliche Prüfung der sich verändernden Lebensumstände sind für viele Vermittler ein nervenaufreibendes Pflaster. Gibt es digitale Möglichkeiten diesen Prozess zu beschleunigen?



Peter Süßengut: Die gibt es zu genüge, man muss sich nur damit beschäftigen! Eine effiziente Bestandskundenbetreuung benötigt neben den technischen Hilfsmitteln aber vor allem eines – eine klare Struktur. Diese Struktur und auch die dazugehörige technische Umsetzung ermöglicht z.B. die Analyse nach der Norm. Herr Dr. Möller kann hierzu wohl am besten eine Auskunft geben. 



Dr. Möller: Die Norm ohne digitale Hilfsmittel umsetzen zu wollen, ist Unfug: Die Norm ist bei allem Bestreben um Einfachheit so komplex wie das Leben, das in Norm-konformen Analysen abgebildet wird. Mit Software-Unterstützung wird das Ganze leicht gemacht. Die allererste Analyse dauert, je nach gewählter Software und natürlich auch je nach Komplexität der Haushaltssituation zwischen einer halben und einer ganzen Stunde. Die regelmäßigen Updates sind im Normalfall eine Sache von wenigen Minuten. Es gibt inzwischen sechs und wird demnächst 11 vom DEFINO Institut auf Normkonformität geprüfte und zertifizierte Software-Tools geben. Da ist für jeden etwas dabei.


Wie sollten Vermittler die DIN im Alltag einsetzen?



Dr. Möller: Die Norm ist ein Instrument, das den Beratern den redlichen Umgang mit den Kunden einerseits aufnötigt und andererseits auch honoriert. Deshalb sind die Kunden auch bereit, dafür zu bezahlen. Eine Analyse nach der Norm ist per se eine Vergütungs-würdige Leistung, weil sie neutral und unabhängig ist und nicht als Verkaufsturbo wahrgenommen wird. Das dürfen die Vermittler guten Gewissens nutzen.



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Peter Süßengut: Genauso ist es Herr Dr. Möller. Letztlich bieten sich aus unserer Erfahrung heraus zwei Möglichkeiten. Einerseits kann der Vermittler die Erstanalyse nach der DIN bei Neukunden bepreisen lassen. Das steigert zwangsläufig die Qualität der Beratungen. Weil nur Kunden, die wirklich ernsthaft beraten werden wollen, bereit sind für die Analyse zu bezahlen. Zeitaufwendige Beratungen, die zu keinem Ergebnis führen, gehören also der Vergangenheit an, weil eine gewisse Vergütung in jedem Fall gewährleistet wird. Darüber hinaus bietet eine wiederkehrende Analyse nach der DIN 77230 die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Servicevereinbarung durch eine monatliche Pauschale vergüten zu lassen. Aus diesem Grund bietet die Norm sowohl für den Verbraucher als auch für den Vermittler herausragende Vorteile, die in Zukunft unsere Branche nachhaltig verändern werden.

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