Die Bundesregierung hat eine säulenübergreifende Renteninformation auf den Weg gebracht: Schon 2022 soll sie den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, welches Einkommen sie im Alter aus den drei Säulen gesetzliche Rente, private und betriebliche Altersvorsorge zu erwarten haben. „Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung“ heißt der Entwurf, der auf der Webseite des Bundesarbeitsministeriums einzusehen ist.

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Verbände sind aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Das hat nun auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als Dachverband der Verbraucherzentralen getan. Grundsätzlich begrüßt der Verband die Pläne der Bundesregierung. Aber meldet zugleich Bedenken an. Zugespitzt formuliert: Die Renteninformation könnte im Zweifel eher Vertriebstool für die Altersvorsorge-Anbieter sein als ein Instrument, das unabhängig und umfassend über die Rentenansprüche aufklärt.

Grundsätzlich gut, aber…

“In Deutschland haben Verbraucherinnen und Verbraucher häufig keinen ausreichenden Überblick über ihre Rentenansprüche“, schreibt der Verbraucherverband in der Stellungnahme. Das liege daran, dass im Verlauf eines Arbeitslebens Ansprüche an verschiedenen Betriebsrenten, privater und gesetzlicher Vorsorge erworben werden. „Obwohl die Gesetzliche Rentenversicherung und viele Produkte der betrieblichen und privaten Vorsorge jährlich über ihren jeweiligen Stand informieren, ist es für Verbraucher aufwendig, sich einen Gesamteindruck zu verschaffen“, heißt es im Papier.

Zugleich beobachtet der vzbv, dass sich die Bürger passiv zum Thema Altersvorsorge verhalten. Denn das Misstrauen ist groß: „Viele Verbraucher haben geringe Erwartungen an die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme, an die Tauglichkeit privater Vorsorgeprodukte und an die Zuverlässigkeit gemachter Angaben“, schreibt der Verband und verweist auf eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Gerade deshalb sei es wichtig, „dass Verbraucher einen vollständigen Überblick über ihre gesammelten Altersvorsorgeansprüche aus einer verlässlichen, neutralen Quelle erhalten können“.

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Hier könne die Renteninformation einen Beitrag leisten. Jedoch müssen aus Sicht des Verbandes weitere Reformen angestoßen werden, um das Vertrauen der Bürger in die Altersvorsorge zurückzugewinnen. Wiederholt hatte sich der vzbv für ein Provisionsverbot im Versicherungs- und Finanzvertrieb ausgesprochen. Nun schreibt er, durch eine „neutrale Finanzberatung würde der Wettbewerb um qualitativ hochwertige Altersvorsorgeprodukte befördert“.

Neutralität, Transparenz und Vollständigkeit angemahnt

Aus der Stellungnahme des Verbraucherverbandes spricht die Skepsis, die Finanzbranche könnte einen zu großen Einfluss darauf gewinnen, wie die Information gestaltet ist. „Eine säulenübergreifende Renteninformation könnte einen großen Beitrag dazu leisten, Verbrauchern Vertrauen in ihre Altersvorsorge zu geben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Renteninformation selbst vertrauenswürdig sein. Eine Umsetzung, die Zweifel an der Neutralität, Vollständigkeit, Qualität der Information oder dem Datenschutz sät, könnte auch den gegenteiligen Effekt haben“, warnt der vzbv.

Eine vertrauenswürdige Info müsse unabhängig von den Interessen der Produktanbieter sein, schreibt der Verband weiter. "Anderenfalls besteht das Risiko, dass die Informationen in einer Weise ausgewählt, dargestellt, berechnet oder übermittelt werden, die den Geschäftsmodellen der teilnehmenden Anbieter entgegenkommt und andere benachteiligt". Die säulengreifende Renten-Information als eine Art Werbeprospekt der Vorsorgeanbieter? Zumindest aus Sicht des vzbv ein denkbares Szenario.

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Transparenz und Vollständigkeit

Die Sorge kommt aber nicht von ungefähr, müssten die Anbieter von privaten und betrieblichen Altersvorsorge-Produkten doch ebenfalls mitteilen, was der Kunde bzw. die Kundin mit Blick auf das Alter zu erwarten hat. Hier stellt sich grundlegend die Frage, ob sie dies transparent und nachvollziehbar tun: Auch mit Blick darauf, dass die Entwicklung bestimmter Produkte stark vom Kapitalmarkt abhängen kann, die Prognose folglich vage ist.

Die Information müsse einen gewissen Grad an Vollständigkeit besitzen, mahnt folglich der vzbv - auch mit Blick darauf, "welche Produkte fehlen und ob sie [die Verbraucher] eines dieser Produkte halten". Der Verband gibt zu bedenken, dass bestimmte Arten von Vorsorgeprodukten möglicherweise als nicht in die Renteninformation integrierbar angesehen werden bzw. konkrete Verträge fehlen könnten. "Damit wäre das Konzept einer gebündelten Information grundlegend in Frage gestellt", schlussfolgert der vzbv.

Weite Definition von Altersvorsorge gefordert

Die Bevorteilung bestimmter Produkte zeigt sich aus Sicht der Verbraucherzentralen schon darin, dass die Definition der Altersvorsorge stark auf die Lebensversicherung zugeschnitten sei. "Im Gesetz wird eine Definition des Begriffs „Altersvorsorgeprodukt“ gegeben. Dabei wird eine massive Voreinstellung auf die versicherungsförmige Altersvorsorge vorgenommen. Eine solche Privilegierung erscheint unter den heutigen Markbedingungen nicht gerechtfertigt", heißt es im Papier.

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Stattdessen schlägt der Verband eine offenere Definition vor. Es sei gerade der Verdienst der Riester-Rente gewesen, "das Altersvorsorgemonopol der Versicherungswirtschaft gebrochen zu haben und einen breiten Ansatz im Hinblick auf die mögliche Produktpalette für die Altersvorsorge zuzulassen", mahnt der vzbv. Entsprechend sei folgende Definition zu bevorzugen: "Zur privaten Altersvorsorge sind alle Verträge zu zählen, die einmalige oder wiederkehrende Erlebensfallleistungen mit rentennahem Beginn des Leistungsbezugs erbringen."

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