Versicherungsbote: Frau Koppius, wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?

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Halime Koppius: Zunächst einmal bezogen auf unsere Mitarbeiter*Innen: Sehr gut. Wir hatten zum Glück keinen einzigen krankheitsbedingten Verlust an Arbeitstagen wegen COVID19 zu beklagen. Natürlich waren wir zu Beginn der Krise auch etwas nervös, was mögliche Risiken für den Konzern anbelangte, und haben sehr großzügig von der Home-Office-Möglichkeit für einige Mitarbeiter*Innen Gebrauch gemacht. Da wir aber hier in Bad Kreuznach aufgrund der Größe unserer Büroimmobilien in der Lage sind, jedem Mitarbeiter quasi ein „eigenes“ Büro als Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, war die Rückkehr zur „Normalität“ relativ einfach und schnell vollzogen. Seitdem arbeiten wir nach dem Prinzip „business as usual“.

Können Sie schon schätzen, wie sich das auf das Geschäftsjahr auswirken wird?

Auch wirtschaftlich haben wir das 1. Corona-Halbjahr besser überstanden, als zunächst im März 2020 bei Beginn des „Shutdowns“ befürchtet. Wir wachsen im Prinzip analog des Geschäftsjahres 2019 über alle Sparten im einstelligen Prozentbereich weiter. Auch die Zahl der Makler, die mit degenia/DMU zusammenarbeiten möchten, wächst kontinuierlich weiter. Insofern gehen wir im Hinblick auf das komplette Geschäftsjahr 2020 aktuell davon aus, dass der Konzern auch in diesem sogenannten Krisenjahr weiter wachsen wird – auf jeden Fall, was den Umsatz anbelangt.

Was sind häufige Fragen oder Probleme, mit denen Makler und Kunden in Zeiten des teilweisen Corona-Shutdowns auf Sie zugekommen sind?

Um Ihre Frage möglichst korrekt beantworten zu können, habe ich noch einmal bei unseren Abteilungen „Backoffice“ und „Maklersupport“ entsprechend nachgefragt. Die – auch für mich etwas überraschenden Antworten lauten: Im Prinzip gab es keinerlei „Probleme“.

Versicherungsnehmer haben zwar in den letzten vier Monaten vermehrt telefonischen Kontakt zu uns gesucht und waren angenehm überrascht, nicht mit einem Roboter, sondern einem echten Mitarbeiter sprechen zu können: „Na, wie geht es Ihnen denn so im Homeoffice?“ und waren sehr überrascht, als sie erfuhren dass bei uns fast kein Mitarbeiter von zuhause arbeiten muss/darf. „Da seid ihr aber die absolute Ausnahme!“ war dann oft die Reaktion der Anrufer. Nach Verabschiedung des Konjunkturpakets der Bundesregierung kamen (und kommen immer noch) Anrufe von zum Teil erbosten Versicherungsnehmern, die meinen, uns dahingehend belehren zu müssen, dass doch die Versicherungssteuer von 19 Prozent auf 16 Prozent gesunken sei und deshalb um eine neue, richtige Beitragsabrechnung baten.

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Der Maklersupport berichtet von einer leicht gestiegenen Anzahl von Bestandsübertragungswünschen unserer Makler. Die Zeit, die diese Vermittler normalerweise bei den VN verbrachten, haben sie anscheinend optimal genutzt, um Kundenordner zu überprüfen und entsprechende BÜs anzuschieben – keine schlechte Methode in diesen Zeiten um „Neugeschäft“ zu generieren. Es gab erfreulicherweise keine einzige Bitte nach Vorschusszahlungen auf unsere Courtagezahlungen oder nach Stundung von Provisionsrückforderungen (was aber eher an unserem Geschäftsmodell als an der finanziellen Situation unserer Vermittler liegen dürfte).

Wird das Haftpflichtrisiko automatisch schlechter, falls der VN in eine „schlechte“ Wohngegend zieht?

Sie haben Ihr Haftpflichtkonzept überarbeitet und im Mai neue Tarife eingeführt. Unter anderem ist ein Tarif für Alleinerziehende und ein Paar-Tarif für über 60-Jährige vorgesehen. Warum diese speziellen Zielgruppen? Was unterscheidet die Angebote von „herkömmlichen“ Familien-Tarifen?

Richtig! Nach mehr als zwei Jahren war die Überarbeitung unseres degenia Privathaftpflicht-Tarifs dringend erforderlich. Denn auch viele Mitbewerber haben ihre PHV-Konzepte sowohl hinsichtlich der Leistungsinhalte als auch der Prämie in diesem Zeitraum angepasst. Zusätzlich kamen bislang noch ganz unbekannte, rein digital aufgestellte Marktteilnehmer hinzu, die sich das Risiko PHV als das vermeintlich digital am einfachsten zu verarbeitende ausgesucht haben.

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Den Weg, nach der Postleitzahl beziehungsweise der Straße des Versicherungsnehmers zu differenzieren und entsprechend unterschiedliche Prämien aufzurufen, sind wir (bisher) jedenfalls nicht gegangen. Wird das Haftpflichtrisiko wirklich besser, falls der VN in eine „gute“ Wohngegend umzieht oder wird das Risiko automatisch schlechter, falls der VN in eine „schlechte“ Wohngegend zieht? Deshalb haben wir, nach enger Rücksprache mit den Aktuaren der Alte Leipziger, einen anderen Weg eingeschlagen: Berücksichtigung der realen Lebenssituation der „Familie“ des VN und entsprechende Umsetzung durch risikoadäquate Beiträge. So zahlen zum Beispiel Alleinerziehende mit Kindern weniger Prämie als Familien.

Die „Best Ager“, eine sowohl von der Anzahl (ca. 13,5 Mio. Personen zwischen 50 und 60 Jahren, d.h., jeder 6. Deutsche befindet sich in dieser Alterskohorte) als auch von der durchschnittlichen finanziellen Situation gesehen sehr spannende Zielgruppe, können bei degenia einen speziellen Paar-Tarif abschließen, der wiederum günstiger als der „normale“ Familientarif ist. Ausschlaggebend für dieser Ausdifferenzierung sind vorhandene beziehungsweise nicht mehr im Haushalt lebende Kinder. Wir hoffen nun, dass Makler und Kunden diese Prämienvorteile erkennen und vermehrt zu unserem Privathaftpflicht-Tarif T20 greifen.

Seniorinnen und Senioren sind in einer alternden Gesellschaft eine interessante Zielgruppe, zumal auch sie Versicherungsschutz brauchen. Haben Sie weitere Angebote für diese Zielgruppe? Sollten Ihnen die Versicherer grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit widmen?

Neben unserer PHV-Deckung bieten wir auch in den Sparten Tierhalterhaftpflicht und Hausrat sogenannte Seniorentarife mit ermäßigten Beiträgen an. Unsere Mitbewerber machen dies aber mittlerweile auch. Ebenso die Versicherer. Dass es hier und da noch Deckungslücken und damit Chancen für „Best Ager“ gibt, will ich aber nicht ausschließen. Andererseits dreht sich der „Wind“ hier gerade wieder: Denn viele Kfz-Versicherer erhöhen ja zum Beispiel ab dem 69. Lebensjahr die Prämien zum Teil kräftig. Das ist die andere Seite der Medaille.

Sie zählen zu den Anbietern, die schon sehr zeitig Spezialdeckungen für bestimmte Zielgruppen anbieten bzw. angeboten haben: 1998 starteten Sie mit dem Kfz-Tarif für geschiedene/getrennt lebende Frauen. Heute macht es individualisierte Online-Werbung einfacher, spezielle Zielgruppen anzusprechen. Warum haben Sie sich für diese starke Spezialisierung entschieden?

Sie meinen bestimmt „lady mobil“, unsere Kfz-Sondereinstufung für geschiedene/getrennt lebende Frauen, die infolge der Unisex-Debatte schon seit geraumer Zeit „fair mobil“ heißt? Ganz ehrlich: Eine individualisierte Online-Werbung für diesen Tarif würde auch heute – angesichts des immensen finanziellen Aufwands für Online-Werbung und der doch vergleichsweise geringen Courtage für Kfz-Policen der Itzehoer - nicht funktionieren. Klassische Werbung war auch schon Ende der 90er Jahre bereits „teuer“ (Print, TV, Radio). Und da wir als absolut unbekanntes „Start Up“ weder finanzkräftige Investoren noch Eigenkapital hatten, mussten wir andere Vertriebs- und Kommunikationswege beschreiten.

Naheliegend war es, auf die Schiene „Makler“ zu setzen. Denn mit der lady mobil-Sondereinstufung konnte der Makler seiner Kundin, die aufgrund einer Scheidung oder Trennung zum ersten Mal ohne eigenen Schadenfreiheitsrabatt einen PKW zulassen musste, viel Versicherungsprämie ersparen – je nachdem, wie lange die Frau über dem Führerschein verfügte. Die eingesparte Prämie stand somit für weitere Versicherungs- oder Anlageprodukte zur Verfügung. Nebenbei bemerkt wäre heutzutage eine solche Firmengründung in dieser Form unvorstellbar und deshalb auch nicht wiederholbar.

Aber durch diese existentiell sehr harte Anfangsphase mit der Konzentration auf eine klar definierte Zielgruppe mit einfach zu verstehenden finanziellen Vorteilen für Makler (Neukundenakquise) und Kunden, konnten wir uns bei vielen Vertriebspartnern, die in ihrer Mehrheit immer noch mit uns zusammenarbeiten, ein Urvertrauen in die degenia AG erwerben, das uns bis heute begleitet und für stetiges Wachstum sorgt: Eine sehr seltene, real existierende „win-win-win“ – Situation. Und die Itzehoer Versicherung hat als Risikoträger sicher auch von lady mobil/fair mobil profitiert, sonst würde es nach über 20 Jahren diese Sondereinstufung nicht mehr geben.

Der „Fluch“ moderner Vergleichsprogramme

In den Haftpflichttarifen premium und optimum sind auch unmittelbare Personenschäden der mitversicherten Personen untereinander mitversichert. Warum dieser Schritt? Haben Sie entsprechende Anfragen erhalten – und wie häufig sind derartige Schadenfälle?

Die Anfrage nach Einschluss dieser speziellen Deckung kam wirklich aus unserer Maklerschaft. Der „Fluch“ moderner Vergleichsprogramme ist ja unter anderem, dass der Makler mit wenigen Klicks sehr schnell erkennen kann, wie sich ein Tarif vom anderen unterscheidet beziehungsweise welche Einschlüsse bei A versichert sind und bei Z eben nicht – abgesehen vom direkten Prämienvergleich. Die Alte Leipziger Versicherung war auch relativ schnell von der Ergänzung durch den Einschluss unmittelbarer Personenschäden untereinander überzeugt – und ich bin sicher, dass in Kürze die Alte Leipziger in ihren Privathaftpflicht-Policen diesen Schritt nachvollziehen wird. Zumal mir bis heute – toi, toi, toi – noch kein einziger Schadensfall aus diesem Bereich bekannt ist. Das könnte aber auch daran liegen, dass der degenia PHV T20 erst seit kurzem auf dem Markt ist.

Mit dem Whitelabel-Anbieter iptiQ haben Sie im März Ihr Portfolio um Risikolebens-Tarife erweitert. Wer verbirgt sich hinter iptiQ? Der Name ist noch nicht so vertraut.

iptQ möchte vielleicht auch gar nicht so „bekannt“ werden. Im Ernst, der europäische Hauptsitz von iptiQ Life S.A. befindet sich in Luxemburg. Das Unternehmen unterhält in Deutschland, Irland, den Niederlanden und Großbritannien Niederlassungen. Die Gesellschaft versteht sich als flexibler Anbieter digitaler Versicherungslösungen. iptiQ hat sich zum Ziel gesetzt, Versicherungsprodukte einfach, digital und günstig anzubieten. Als Teil der Swiss Re Gruppe bietet diese Gesellschaft maßgeschneiderte end-to-end Lebens-, Kranken- und Sachversicherungslösungen für ihre Geschäftspartner an, die diese unter ihrer eigenen „Marke“ vertreiben können.

Wir haben uns als erstes Kooperationsprodukt die Risikolebensversicherung (RLV) ausgesucht. Sie passt sowohl von der Produktqualität (Bedingungswerk gehört zu den besten auf dem deutschen Markt), der Versicherungsprämie (in etwa auf dem Niveau vergleichbarer Direktversicherer) und der ratierlichen Courtagezahlung an die Makler hervorragend zu unserem bisherigen Geschäftsmodell. Und nicht zuletzt dank des excellenten Rufs und der finanziellen Solidität der Swiss Re haben die Makler auch keinen Grund, die degenia/iptiQ-Tarife ihren Kunden nicht zu empfehlen, zumal unsere Prämien mit einer „echten“ Beitragsgarantie ausgestattet sind.

Sind künftig auch weitere Angebote in der Lebensversicherung geplant – etwa für die Altersvorsorge?

Aktuell sprechen wir mit unseren iptiQ-Kollegen in München über die Ergänzung der RLV durch eine Sterbegeldversicherung. Weitere Sparten möchte ich aber aktuell nicht ausschließen.

Welche Projekte gehen Sie als nächstes an: trotz Coronakrise?

Wie ich aktuellen Pressebeiträgen entnehmen kann, ist bei den (meisten) Maklern ja der Corona-Blues bereits stark am Abklingen – beziehungsweise schon vorüber. Wir werden auch weiterhin kontinuierlicb an der Verbesserung unser digitalen Fähigkeiten arbeiten, wobei wir eindeutig den „BiPro-Standard“ als Branchenlösung unterstützen. Genauso macht es die allgegenwärtige Konkurrenz unserer Mitbewerber erforderlich, stetig den Kompositmarkt zu beobachten und auf Verbesserungen zu „checken“. Produkt-Updates werden deshalb immer mehr zur jährlichen Regel als zur Ausnahme! Da wir aber in Bad Kreuznach immer noch den Status eines „Schnellbootes“ haben – im Vergleich zu manchen „Tankern“ auf Versichererseite – sehe ich aber auch hier optimistisch in die Zukunft.

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Unser aktuell größtes Projekt haben wir allerdings gerade firmenintern auf den Weg gebracht: mydegenia 2.0. Mit Hilfe eines erfahrenen, externen IT-Dienstleisters werden wir unser eigenes Verwaltungsprogramm von Grund auf überarbeiten und den aktuellen, digitalen Makleranforderungen anpassen. Dieses für uns zukunftweisende Projekt, das auch auf dem Input von vielen Maklern basiert, soll laut Planung spätestens im 1. Quartal 2021 zur Verfügung stehen. Es bildet dann auch die Basis für eine evtl. maklerzentrierte Kunden-App. Es gibt noch viel zu tun – und wir packen es, Hand in Hand mit unseren Maklern, an.

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