Eigengenutzte Wohnimmobilien galten für viele Deutsche lange Zeit als fester Bestandteil der Altersvorsorge, wie auch die große Beliebtheit des Bausparens in der Vergangenheit zeigte – Bausparverträge galten neben dem Girokonto und dem Sparbuch lange als beliebteste Form der Geldanlage. Und obwohl die Bausparkassen mittlerweile unter Bausparern leiden, die alte und lukrative Bausparverträge lieber zum WeiterSparen nutzen, statt sie für Bauvorhaben abzurufen, führten in der Vergangenheit Sparverträge tatsächlich häufig zum Hausbau oder auch zum Kauf einer Wohnimmobilie.

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Als Investment freilich rentieren sich die eigenen vier Wände nicht immer – insbesondere in ländlichen Regionen bedeuten Instandhaltungs- und Nebenkosten ebenso wie laufende Kosten einer Immobilie nicht selten negative Renditen und bringen finanziell kaum Vorteile gegenüber einer Mietwohnung, sobald die Wertsteigerung der Immobilie ausbleibt. Jedoch: Der Direktnutzen der eigenen vier Wände wog in der Vergangenheit solche Rechnungen häufig auf, da die Menschen noch weit weniger durch sich wandelnde Erwerbsbiographien zur beruflichen Mobilität gezwungen waren.

Denn der Traum von den eigenen vier Wänden bedeutete Unabhängigkeit und eine höhere Lebensqualität und bedeutet noch immer auch das Schaffen eines eigenen Rückzugsbereiches für das private Altersglück. Da verwundert es kaum, dass viele Menschen auch im hohen Alter ihre eigene Wohnimmobilie nicht verlassen wollen. Was aber ist, wenn in Zeiten sinkender Renten und steigender Vorsorgelücken dennoch ein finanziell karges Leben droht? Eine Möglichkeit, in einer solchen Situation von der eigenen Immobilie zu profitieren, ist die Immobilienverrentung – der Verkauf der eigenen Immobilie bei Beibehaltung des Wohnrechts, um eine monatliche Leibrente zu kassieren.

Immobilienverkauf gegen Wohnrecht und Rentenzahlung

Das Prinzip hinter der Leibrente erklärt mit der Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG der Marktführer – einer der wenigen Anbieter in Deutschland überhaupt – dergestalt: „Haus oder Wohnung werden veräußert, der Kaufpreis jedoch nicht in einer Summe ausbezahlt. Stattdessen erhalten die bisherigen Eigentümer bis zu ihrem Lebensende eine monatliche Rentenzahlung.“ Weiterer Baustein der Leibrente ist ein lebenslanges Wohnrecht in der verkauften Immobilie – dieses wird mit dem Rentenanspruch an erster Stelle im Grundbuch notariell beurkundet und damit abgesichert.

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Wie man sich ein solches Konstrukt vorstellen muss, erklärt zudem das Dienstleistungsportal biallo.de: „Der frühere Eigentümer wird damit zum unkündbaren Bewohner, der wie ein Mieter auch für die laufenden Betriebskosten wie Strom, Heizung oder Müllgebühren aufkommen muss.“

Die Leibrente als „Wette auf den Tod“

Auch fürs lebenslange Wohnen müssen die Leibrentnerinnen und Leibrentner aufkommen, wenngleich formell keineswegs durch monatliche Zahlung einer Miete. Denn zwar wird ein mietfreies Wohnrecht auf Lebenszeit im Grundbuch festgeschrieben. Zugleich aber wird das lebenslange Wohnrecht über einen auch als „Wohnwert“ bezeichneten Betrag durch die Leibrentnerinnen und Leibrentner entgolten und wirkt sich negativ auf die Höhe der monatlichen Renten aus. Leibrentnerinnen und Leibrentner zahlen also dafür, lebenslang in der Immobilie wohnen zu bleiben.

Wie hierbei gerechnet wird, veranschaulicht eine Broschüre des größten Anbieters Deutsche Leibrenten Grundbesitz AG:

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Ausschlaggebend für die Berechnung der Leibrente ist zum einen der Verkehrswert der Immobilie als zugrunde liegender Kaufpreis. Der Wert wird, wie gemeinhin auch sonst üblich, durch professionelle Gutachter ermittelt. Das Gutachten bestellt und bezahlt in der Regel der Käufer der Immobilie. Ausschlaggebend für die Berechnung der Rentenhöhe ist außerdem die Restlebenserwartung der Rentenbezieher. Die Restlebenserwartung ist zum einen maßgebend, um den Gesamtwert der Immobilie in monatliche Rentenleistungen umzurechnen. Die Berechnung der Renten orientiert sich hierbei an geschlechtsspezifischen Sterbetafeln, wie sie entweder durch das Statistische Bundesamt (Destatis) erstellt werden oder wie sie durch private Rentenversicherer unter Berufung auf Zahlen der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) genutzt werden. Bei Ehepaaren als Bezieher einer gemeinsamen Leibrente greift in der Regel die Lebenserwartung der Partnerin oder des Partners mit der höchsten Lebenserwartung – zum Nachteil des Paares. Denn grundlegend gilt: Je kürzer die Lebenserwartung gemäß Sterbetafel, desto höher fällt die Leibrente aus.

Weil die Leibrente lebenslang garantiert wird, die Berechnung sich jedoch auf statistische Durchschnittsdaten bezieht, bezeichnet das Portal biallo.de das Geschäft auch als „Wette auf den Tod“. Denn wer besonders lang lebt und demnach besonders lang die Rente bezieht, der macht ein günstiges Geschäft. Nachteilig hingegen – nicht nur allgemein mit Blick auf die Lebensdauer, sondern auch mit Blick auf das Leibrenten-Geschäft – ist ein früher Tod: Wer zeitig nach Abschluss des Vertrags stirbt, hat in der Regel draufgezahlt. Bei Ehepaaren als Leibrenten-Bezieher wird die Leibrente freilich bis zum Tode der oder des Letztverstorbenen gewährt. Solche Details aber hängen stets auch von der Vertragsgestaltung ab und können demnach variieren.

Auch bieten Anbieter wie die Leibrenten Grundbesitz AG immerhin einen Mindestschutz für Hinterbliebene an: Im Falle eines frühen Tods der Leibrentner werden über einen Zeitraum von fünf Jahren oder auf Wunsch auch länger monatliche Renten an die Erben oder andere Begünstigte weitergezahlt. Hingegen kann die Chance auf Langlebigkeit und damit auf einen langen Rentenbezug mitunter auch kosten: Manche Anbieter verlangen eine gesonderte Gebühr zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos, die zu Lasten der Renten gehen kann. Zumindest für die Modellrechnung von Deutschlands größtem Anbieter spielen solche Zusatzkosten aber keine Rolle. Demnach kann ein 75-jähriger und alleinstehender Mann, der eine Immobilie mit Verkehrswert 250.000 Euro besitzt, laut Info-Broschüre eine Rente im Gesamtwert von 1.900 Euro pro Monat lebenslang erwarten. Jedoch: Diesen Wert bekommt er nicht ausgezahlt.

Denn die Sterbetafeln sind auch ausschlaggebend, um den Wohnwe r t zu e rmi t teln: Zunächst wird ein monatlicher „Wohnwert“ bestimmt, dann für die Zeit der erwarteten Lebensdauer summiert und zu Lasten der Leibrentnerinnen und Leibrentner vom Verkaufswert der Immobilie abgezogen. Erst der reduzierte Wert dient dann als Grundlage für die ausgezahlte Rente. Dem Mann aus der Musterrechnung werden 800 Euro berechnet, so dass dieses Wohnen keineswegs wirklich als „mietfrei“ beschrieben werden kann. Ausgezahlt also bekommt dieser Leibrentner monatlich 1.900 Euro (Gesamtwert) minus 800 Euro (Wohnwert) = 1.100 Euro Leibrente auf Lebenszeit für den Verkauf seiner Immobilie.

Auf diesen Betrag fallen auch Steuern an – müssen die Leibrentner die erhaltene Leibrente doch mit dem Ertragsanteil versteuern. Dieser Ertragsanteil hängt vom Alter des Empfängers ab. Die Prozentsätze sind festgeschrieben in der maßgebenden Tabelle von Paragraph 22 Einkommensteuergesetz (EStG) – so beträgt zum Beispiel der Ertragsanteil für einen 75-Jährigen 11 Prozent.

Immobilienverrentung: Empfehlenswert bei Restschuld und fehlenden Instandhaltungsgeldern

Geht es einzig um das lukrative Geschäft, rechnet sich häufig der direkte Verkauf einer Immobilie oder die Vermietung einer Immobilie mehr als die Immobilienverrentung zum Erhalt einer Leibrente. Und doch: Es gibt Situationen, in denen die Immobilienverrentung empfehlenswert ist. Das trifft zum Beispiel dann zu, wenn man in der eigenen Immobilie wohnen möchte, aber wenig Kapital vorhanden ist. Grundbedingung: Statt eines Vererbens der Immobilie an die Nachkommen wird der Verkauf angestrebt.

Und hier kommt eine weitere Möglichkeit hinzu: Anbieter ermöglichen auch Mischmodelle zwischen einer Leibrente und einer Einmalzahlung. In solchen Fällen wird vom Gesamtwert der Immobilie zwar in der Regel der Wohnwert und mitunter auch ein Wert für die Instandhaltung der Immobilie abgezogen. Der den Rentnern dann zur Verfügung stehende Betrag aber kann aufgeteilt werden, falls sofort Kapitalbedarf besteht – zum Beispiel für eine noch nicht beglichene Restschuld auf eine Hypothek oder für Unternehmungen wie eine Weltreise. Auch kann eine Einmalzahlung zum Beispiel für Pflegekosten genutzt werden, um Angehörigen nicht zur Last zu fallen. Freilich geht eine solche Einmalzahlung dann zulasten der monatlichen Renten.

Doch die Immobilienverrentung bietet sich auch an, wenn das Geld für die Instandhaltung einer Wohnimmobilie für den Eigenbedarf fehlt. Denn für Renovierungen und Instandhaltungen kommt in der Regel der Käufer einer Immobilie auf. So können die ehemaligen Immobilienbesitzer im Alter noch die Immobilie nutzen und haben zudem gesichert, dass die Immobilie nicht verfällt (und sich dadurch zum Beispiel der Wert wesentlich mindert).

Zustifter-Rente: Leibrenten als soziales Engagement

Und man kann über den Weg der Leibrente sogar Gutes tun: vereinzelt bieten gemeinnützige Stiftungen auch eigene Modelle für eine Leibrente an. So orientiert sich die kirchliche Stiftung Liebenau aus BadenWürttemberg zum Beispiel an einem Modell der "American Bible Society", die 1850 erstmalig ihren Zustiftern gegen Überlassung ihres Besitzes eine lebenslange Rente zahlte. Aufgrund der „Zustifter-Rente“ können nun auch Deutsche unter speziellen Konditionen gemeinnützige Engagements mit dem Erwerb einer Leibrente kombinieren.

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In Deutschland fehlen noch Anbieter und Standards

Die Konkurrenz auf dem Markt der Leibrenten ist noch klein, denn anders als in anderen Ländern hat sich diese Form der Vorsorge durch Immobilienverkauf gegen Wohnrecht noch nicht etablieren können. Auch warnt mit Annabell Oelmann die Vorständin der Verbraucherzentrale Bremen gegenüber dem Portal biallo.de: Nutzer sollten sehr genau darauf achten, ob in den Verträgen auch alle Details geregelt sind. Neben Bedingungen zur Instandhaltung zählen hierzu auch Regelungen bei Tod eines Partners oder bei einem nötigen Umzug ins Altersheim. Denn es fehlen für die Immobilienverrentung in Deutschland – noch – allgemeine vertragliche Standards, wie sie für andere Vorsorgearten bereits etabliert sind. Ob sich aber in Zeiten zunehmender Vorsorgelücken und eines sinkenden Rentenniveaus auch in Deutschland Leibrenten etablieren werden, kann nach jetzigem Stand nur die Zukunft zeigen. So bleibt Interessierten derzeit nur, mit einer kleinen Zahl an Anbietern Vorliebe zu nehmen.

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