Als in Zeiten der Coronakrise Versicherungsvorstände wie Allianz-Chef Oliver Bäte oder R+V-Chef Norbert Rollinger argumentierten, dass manche Risiken nur gemeinsam von Privatversicherern und öffentlicher Hand gestemmt werden können, hatten sie nicht allein Pandemien im Blick. Auch Naturereignisse wie Dürren oder Hagel seien für Versicherer nicht oder schwer kalkulierbar. Man spricht von sogenannten Kumulrisiken: Hierbei treten viele Schäden aufgrund eines Ereignisses gleichzeitig auf, sodass die Kosten für die Versicherer existenzbedrohend werden. Ein regelrechter Flächenbrand.

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Eine solche Unterstützung kündigt sich nun in Bayern an. Der Freistaat will Obstbauern und Winzern ab 2020 pro Jahr 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen, so berichtet „Versicherungswirtschaft Heute“ am Donnerstag. Damit soll den Landwirten geholfen werden, sich eine kostenintensive Versicherung gegen Frost und Starkregen leisten zu können.

Ein ähnliches Programm besteht bereits seit September 2019 in Baden-Württemberg, wo die Regierung drei Jahre lang die Prämien gegen Frost, Starkregen und Sturm bezuschusst: mit insgesamt sogar 5 Millionen Euro.

Landwirte gegen Dürre kaum versichert

Ein weiteres Problem bleibt aber bestehen: Dürre und Ernteausfälle. Gerade der Schutz vor Starkregen und Dürreschäden wird für die deutsche Landwirtschaft immer drängender. Als 2018 ein extrem trockener Sommer große Teile der Ernte vernichtete, mussten Bund und Länder rund 292 Millionen Euro an staatlichen Nothilfen auszahlen, wie Daten des Bundesagrarministeriums zeigen. Bedingung für die Nothilfen war, dass die Betriebe in ihrer Existenz gefährdet sind.

Auch die folgenden Sommer waren recht trocken. Versichert ist gegen Dürreschäden hingegen kaum ein Landwirt. Nur 0,5 Prozent der Ackerfläche haben einen solchen Schutz, schätzt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Zum Vergleich: gegen Hagelschäden seien rund 72 Prozent der Fläche versichert. Das liegt auch daran, dass die Tarife exorbitant teuer sind: und für das Gros der Bauern und Winzer nicht finanzierbar.

Ein Index entscheidet

Dürreversicherungen werden in der Regel als Zusatzbaustein zu Hagelversicherungen angeboten oder in All-Gefahren-Deckungen. Ob der Versicherer bei Dürre zahlen muss, wird hierbei anhand eines Indexes errechnet: stark vereinfacht, ob ein Indexwert für Dürre einen bestimmten Schwellenwert im Jahr über- oder unterschreitet. Oft werden hierfür Werte des Deutschen Wetterdienstes (DWD) herangezogen.

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Das Problem hierbei: Der konkrete Schaden eines Betriebes spielt keine Rolle, ob der Versicherer zahlt. Selbst wenn die Ernte komplett vernichtet wurde, geht er im schlimmsten Fall leer aus, wenn die Schwellenwerte nicht erreicht werden. Zudem sind die Leistungen stark gedeckelt.

niedrigere Steuer für Dürreversicherung

Doch auch mit Blick auf die Dürreversicherung tut sich was. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) hat bereits im Juni 2019 eine Bundesratsinitiative für eine staatlich subventionierte Dürreversicherung angeschoben. „Um eine solche Maßnahme in der Breite zu finanzieren, ist vom Bund eine finanzielle Beteiligung erforderlich“, sagte Kaniber im Februar 2020.

Zudem haben die Koalitionspartner CDU, CSU und SPD bereits bekräftigt, dass sie künftig die Versicherungssteuer für das Risiko „Dürre“ von 19 auf 0,03 Prozent senken wollen. Hierfür müssen Dürreschäden in den Katalog der wetterbedingten Extremwetterereignisse im Versicherungssteuergesetz (VersStG) aufgenommen werden.

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Ko-Finanzierung von Dürreversicherung stößt auf Widerstand

Aber zumindest die Ko-Finanzierung einer Mehrgefahrenversicherung lehnt der Bund bisher ab, so berichtet das Fachportal topagrar.com. Anfang Mai habe Kaniber einen Brief an die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Glöckner (CDU) geschrieben und sie gebeten, das Nein der Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung der Dürreversicherung zu überdenken. Hierfür müsste der Bund seine Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) aufstocken.

Als Antwort auf eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag erklärte die Bundesregierung jedoch, weshalb sie eine solche Aufstockung aus Steuermitteln nicht für nötig hält. Stark vereinfacht argumentiert sie, dass bereits genug Hilfen für Landwirte zur Auswahl stünden, um Ertragsverluste durch Wetterrisiken abzufedern.

So seien zunächst die Landwirte gefordert, für ihre Betriebe ein individuelles und angepasstes Risikomanagement zu entwickeln und umzusetzen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Darüber hinaus stünden bereits umfangreiche Hilfen für derartige Schäden zur Verfügung: etwa Direktzahlungen als eine Maßnahme aus der ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) oder das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) von Bund, EU und Ländern.

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Darüber hinaus seien für Naturrisiken und mögliche Förderungen von Versicherungen grundsätzlich die Länder zuständig, so ein weiteres Argument gegen ein stärkeres Engagement des Bundes. Die Länder könnten regionale und strukturelle Unterschiede der Anbaugebiete besser berücksichtigen. Keine gute Nachricht für Deutschlands Landwirte: Es droht schon der nächste Dürresommer.

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