Wie stabil stehen die Lebensversicherer da - und sind sie für mögliche Krisen gerüstet? Darüber sollen die sogenannten Berichte zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR) Aufschluss geben. Zum vierten Mal mussten die 84 deutschen Anbieter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Bericht über ihre Solvenz erstatten. Doch nicht nur die Finanzaufsicht erhält Einblick in die Dokumente der deutschen Anbieter, sondern die Versicherer müssen sie auch auf ihrer Webseite veröffentlichen. Schließlich sollen die Kundinnen und Kunden auch erfahren, wo ihre Altersvorsorge langfristig in sicheren Händen ist — solange sie die für Laien schwer lesbaren Dokumente verstehen. Stichtag in diesem Jahr war der 7. April 2020. Im Zuge der Corona-Krise hat die Aufsichtsbehörde allerdings die Frist verlängert.

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Grob vereinfacht zeigt die Bedeckungsquote, ob der Versicherer einen ausreichend großen Kapitalpuffer besitzt, um alle Ansprüche der Kunden auch dann bedienen zu können, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern. Ein Wert unter 100 Prozent wird hierbei als kritisch bewertet. Sollten Versicherer diesen Wert unterschreiten, greift die Versicherungsaufsicht der BaFin ein. Dann muss der Versicherer Maßnahmen vorlegen, um seine Finanzstabilität zu verbessern: und die Aufsichtsbehörde prüft den Erfolg. Aufsichtschef Frank Grund sprach von einer „Manndeckung“, in der sich die Versicherer befinden.

Bisher haben 51 Lebensversicherer ihre Quoten veröffentlicht. Nach den vorliegenden Daten zeichnet sich ein leichter Rückgang ab. Denn die Solvenz der Lebensversicherer sank im Schnitt um 11,98 Prozent und liegt aktuell bei 448,35 Prozent. Darin sind auch etwaige Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassungen enthalten. Die Netto-Solvenzquote bzw. SCR-Quote (ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung) liegt aktuell bei 270,2 Prozent und damit 5,52 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Das zeigt die Auswertung der Solvenzberichte durch den Zweitmarktanbieter Policen Direkt.

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Zum Hintergrund: Bis zum Jahr 2032 dürfen die Versicherer mit erleichterten Bedingungen rechnen, um nachzuweisen, wie finanzstark sie sind. Diese Maßnahmen müssen bei der BaFin angemeldet werden. Während die Finanzaufsicht also auf die Bruttoquoten schaut, bildet die Nettoquote ab, wie die Versicherer ohne diese Erleichterungen dastehen würden.

Sechs Lebensversicherer nur mit Übergangshilfen ausreichend solvent

Von den 51 veröffentlichten Versicherern haben 18 Unternehmen ihre Netto-Solvenzquote verbessern können. Bei zwei Versicherern blieben die Quoten konstant und bei 31 Versicherern sanken die Werte. Immerhin 36 Versicherer und damit deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen ließen in die Bewertung Übergangsmaßnahmen einfließen. Unternehmen, die mit erleichterten Übergangsmaßnahmen rechnen wollen, müssen diese bei der BaFin beantragen. Insgesamt sechs Unternehmen haben ohne diese Hilfen den Schwellenwert von 100 nicht erreichen können. Im vergangenen Jahr waren es noch zwölf Versicherer. Da aber noch 33 Lebensversicherer ihre Solvenzquoten melden müssen, könnte sich die Zahl auch noch steigern. Diese Versicherer würden die Hürde der Bedeckungsquote von 100 Prozent - ohne Übergangshilfen - reißen:

  • DEVK Deutsche Eisenbahn Versicherung Lebensversicherungsverein a.G. (96 Prozent)
  • Ergo Leben (88 Prozent)
  • Bayerische Beamten Leben (65 Prozent)
  • Öffentliche Lebensversicherung Oldenburg (55 Prozent)
  • Versicherer im Raum der Kirchen (33 Prozent)
  • RheinLand Lebensversicherung (11 Prozent)

Derzeitiger Branchenprimus ist die Generali-Tochter Dialog Leben. Der Maklerversicherer weist eine stolze Netto-Quote von 784 Prozent auf. Allerdings hat der Gewinner des Vorjahres, die Europa Leben, seine Solvernzquoten noch nicht gemeldet. Der Kölner Direktversicherer aus dem Continentale Versicherungsbund hatte Ende 2018 eine Netto-Quote von 996 Prozent. Auf Rang zwei der Solvenz-Spitzenreiter kann sich die Deutsche Lebensversicherungs-AG platzieren. Die Allianz-Tochter erreicht eine Netto-Quote von 642 Prozent. Den dritten Rang erringt die Direkte Leben. Der Direktversicherer der Stuttgarter Versicherungsgruppe hat eine Netto-SCR-Quote von 551 Prozent.

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Die stärksten Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr konnten die Ergo Leben, Münchener Verein und VPV Leben AG erzielen. Diese Versicherer verbesserten ihre Nettoquote:

  • Ergo Vorsorge (+121,28 Prozent)
  • Münchener Verein (+83,75 Prozent)
  • VPV Leben AG (+58,43 Prozent)
  • Stuttgarter Leben (+57,03 Prozent)
  • Victoria (+51,30 Prozent)
  • Direkte Leben (+25,51 Prozent)
  • Credit Life (+19,15 Prozent)
  • Plus Lebensversicherung (+15,25 Prozent)
  • Deutsche Ärzteversicherung (+10,86 Prozent)
  • Swiss Life (+8,49 Prozent)
  • Neue Bayerische Beamten (+6,23 Prozent)
  • Alte Leipziger (+5,60 Prozent)
  • Deutsche Lebensversicherung (+4,73 Prozent)
  • Concordia Oeco (+3,77 Prozent)
  • Interrisk (+2,08 Prozent)
  • Dialog (+1,95 Prozent)
  • Sparkassenversicherung Sachsen Lebensversicherung (+1,52 Prozent)
  • LV 1871 (+0,21 Prozent)

Die Versicherer, deren Netto-Quote sank, mussten teilweise deutlich niedrigere Quoten ausweisen. So haben immerhin zehn Unternehmen eine um über 30 Prozent geringere Netto-Quoten als Ende 2018. Die größten Verlierer sind die Versicherer im Raum der Kirchen(-67,65 Prozent), die RheinLand Lebensversicherung (-52,17 Prozent) sowie der Direktversicherer Cosmos Leben (-51,11 Prozent). Zu den Unternehmen mit gesunkener Netto-Quote zählt aber auch die Allianz Leben. Die Unternehmen mit den größten Verlusten bei der Netto-Quote sind:

  • Versicherer im Raum der Kirchen(-67,65 Prozent)
  • RheinLand Lebensversicherung (-52,17 Prozent)
  • Cosmos Leben (-51,11 Prozent)
  • Mecklenburgische Leben (-51,02 Prozent)
  • Huk-Coburg Leben (-49,39 Prozent)
  • Öffentliche Lebensversicherung Oldenburg (-41,49 Prozent)
  • Ideal Leben (-39,16 Prozent)
  • DEVK Leben (-37,66 Prozent)
  • DEVK Allgemeine (-36,48 Prozent)
  • Allianz Leben (-32,72 Prozent)
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