Am 23. Dezember 2019 - als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk - hatte das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf zu einem Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz (FinAnlVÜG-E) veröffentlicht. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Aufsicht der Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu übertragen. Die geplante Übertragung solle bereits zum Stichtag 1. Januar 2021 stattfinden. Bisher mussten sich Vermittler mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) von den Industrie- und Handelskammern oder dem Gewerbeamt auf die Finger schauen lassen. Während in neun Bundesländern die Gewerbebehörden die Vermittler überwachen, sind in sieben Bundesländern die Industrie- und Handelskammern zuständig.

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Bis zum 15. Januar konnten Stellungnahmen zum Entwurf eingereicht werden. Während die Meinung der Branche deutlich gegen einen Wechsel der Aufsicht ist, lobt die Verbraucherzentrale Bundesverband den Plan als wichtigen Schritt für mehr Verbraucherschutz am Finanzmarkt. „Eine zentrale, einheitliche und zuverlässige Aufsicht über den Finanzvertrieb ist seit Jahren überfällig. Es macht keinen Sinn, dass Banken, Sparkassen und andere Institute von der BaFin überwacht werden, freie Finanzvermittler aber nicht. Es ist richtig, dass sich Schwarz-Rot hier gegen die Lobby der Finanzvermittler durchsetzt und den Finanzmarkt so verbraucherfreundlicher macht“, sagt Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim vzbv. Durch den geplanten Schritt würde künftig auch der Vertrieb unseriöser Produkte erschwert werden, heißt es in einer Pressemitteilung.

Zudem machten die Verbaucherschützer weitere Gründe für eine geänderte Aufsicht aus. Denn die Handelskammern und die Gewerbeämter hätten nicht genügend Ressourcen und verfügten im Gegensatz zur BaFin nicht über ein explizites Verbraucherschutzmandat. Problematisch sei zudem, dass die Handelskammern Aufsicht und Interessenvertreter der Finanzvermittler zugleich sind. „Diese Doppelrolle, die Interessekonflikte bedeutet, gilt es aufzuheben“, so Mohn. Bei ihrer Argumentation stützen sich die Verbraucherschützer auf eine eigene Stichprobe aus dem Jahr 2016. Damals habe ein Drittel der überprüften Finanzberater auf dem grauen Kapitalmarkt keine Zulassung gehabt.

Vermittlerverband kritisiert Pläne

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW lehnt Wechsel der gewerberechtlichen § 34f-Vermittleraufsicht hin zur BaFin dagegen ab und sieht auch deren Notwendigkeit nicht gegeben. Schließlich lägen der Bundesregierung aktuell keine Schadensfälle vor, die durch Finanzanlagenvermittler verursacht wurden. Das geht aus einer kleinen Anfrage der FDP (DS 19/1163 vom 13.03.2018) hervor. Auch danach habe sich nichts an der Sachlage geändert.

Während die über 38.000 Finanzanlagenvermittler gefühlt frei von Schuld sind, sieht dies bei bekannten Finanzskandalen der letzten Jahre etwas anders aus. Beispielhaft seien hier Infinus, Prokon, S&K, P&R und Deutsche Bank genannt. Bei diesen Fällen handelte es sich aber eher um Produkt- beziehungsweise Institutsskandale, bei der die nun als Vermittleraufsicht vorgesehene BaFin in ihrer Instituts-Aufsichtsfunktion gefordert gewesen wäre - jedoch offenbar versagt hat.

In ihrer Stellungnahme kritisiert der Vermittlerverband zudem, dass der Gesetzesentwurf Kernaussagen des Koalitionsvertrages widersprechen würde. Konkret geht es dabei um die Vereinfachung von Gründungen und der Abbau von Bürokratie. Dies würde durch den Weg in Richtung BaFin wohl deutlich erschwert.

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  • Gründungen sollen vereinfacht werden (Zeile 2838 des Koalitionsvertrages): Die Erreichung dieses Ziels gelingt unter der IHK-Aufsicht sicher leichter als unter einer BaFin-Aufsicht.
  • Bürokratieabbau (Zeile 2860 ff. des Koalitionsvertrages): Bürokratieabbau soll insbesonde-re durch eine Verringerung der Statistikpflichten erreicht werden. Dies widerspricht den angestrebten jährlichen Meldepflichten gem. § 96v WpHG-E.

  • Finanzmarktregulierung:
    1. Zeile 3165 des Koalitionsvertrages: “Wir setzen uns für eine zielgenaue, wirksame und angemessene Finanzmarktregulierung ein.”
    2. Zeile 3171 des Koalitionsvertrages: “Wir wollen dabei insbesondere kleine Institute entlasten, soweit von ihnen geringe Risiken für die Finanzstabilität ausgehen.” Ein Aufsichtswechsel von über 38.000 Finanzanlagenvermittler/-innen, von denen tatsächlich keinerlei Risiken für die Finanzstabilität ausgeht, hin zur BaFin ohne qualitativen Grund ist nicht angemessen. Es wäre eine Mehrbelastung und würde dem genannten Ziel klar widersprechen.

  • Es sollen Regulierungsunterschiede zwischen kleinen Kreditinstituten und systemrelevan-ten Großbanken gemacht werden (Zeile 3177 ff. des Koalitionsvertrages). Diese Differenzierung in der Regulierungstiefe kann auch auf die Finanzanlagenvermittler gem. § 34f GewO fortgeschrieben werden, die keinen Zugriff auf das Vermögen ihrer Kunden haben und ausschließlich regulierte Produkte vertrieben. Hier wäre eine BaFin-Aufsicht im Sinne des Koalitionsvertrages nicht adäquat.

Auch die Beratungsleistungen von Ihken und Gewerbeämtern würden durch einen Wechsel künftig entfallen. Ein weiterer großer Kritikpunkt zuletzt und auch in der Stellungnahme sind die voraussichtlichen Kosten. Diese wurden im Gesetzentwurf recht konkret genannt. So sollen auf Vermittler einmalige Kosten in Höhe von 292,94 Euro und jährliche Kosten in Höhe von 995,54 Euro zukommen. "Diese Prognose fällt allzu optimistisch aus und dürfte wenig mit der Realität zu tun haben. Die Zahlen erwecken durch ihre Genauigkeit zwar den Eindruck einer sorgfältigen Ermittlung. Sie sind indes nicht belastbar. Vielmehr wirkt es so, als ob die angenommenen Werte überwiegend „aus der Luft gegriffen“ sind.", heißt es in der Stellungnahme.

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