Das Thema Run-Off ist spätestens seit dem Verkauf der Generali Leben an den Run-Off-Spezialisten Viridium in aller Munde. Vier Millionen Leben-Verträge wechselten den Besitzer und gingen an einen Versicherer, der darauf spezialisiert ist, Altverträge kostengünstig abzuwickeln. Doch nicht nur Kunden sehen dieses Modell kritisch, wie bereits eine frühere INSA-Umfrage zeigte: demnach wertet mehr als die Hälfte der Verbraucher es als klaren Vertrauensbruch, wenn ein Versicherer Altbestände an einen Abwickler verkauft. Auch Makler sehen das Geschäftsmodell mehr als kritisch.

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Run-off-Anbieter "weniger leistungsfähig"

Der Hamburger Maklerpool Maxpool hat nach eigener Angabe rund 7.000 Kooperationspartner zum Thema „Run-off-Anbieter“ befragt. Mit deutlichem Ergebnis: 75 Prozent der Makler vertrauen den Gesellschaften nicht, die sich auf die Abwicklung von Beständen spezialisiert haben. Sie seien in jedem Fall weniger leistungsfähig als aktiv gemanagte Lebensversicherer, so die Begründung.

Mit anderen Worten: Auch die Makler befürchten Nachteile für ihre Kundinnen und Kunden, wenn Versicherer ihre Bestände an einen externen Abwickler geben. Neben den in der Diskussion vielfach vorangestellten Vorteilen durch eine effizientere Verwaltung der Plattformen befürchten die Makler, dass zukünftige Zinsgewinne den Policen weniger aktiv zugeteilt werden. „Immerhin stehen Abwicklungsplattformen in keinem Wettbewerb zu anderen Anbietern und sie benötigen naturgemäß eine eigene Kapitalrendite zulasten des Bestandes“, schreibt Maxpool auf dem hauseigenen Blog.

Quelle: Maxpool Maklerumfrage 09.2019

Viele Makler würden zu Wechsel raten

In der Debatte um Run-off zeigen sich hierbei ungewohnte Allianzen. Der AfW - Bundesverband Finanzdienstleistung und der Bund der Versicherten (BdV) haben in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, dass Betroffenen ein außerordentliches Wechsel- und Kündigungsrecht eingeräumt wird, wenn Leben-Bestände verkauft werden. BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein befürchtet ebenfalls, dass die Versicherer bei der Überschussbeteiligung tricksen und bei solchen Bestandsübertragungen Gelder nicht mitgeben, die eigentlich den betroffenen Kundinnen und Kunden gehören.

Umso mehr lässt ein weiteres Ergebnis der Maklerumfrage aufhorchen. Auf die Frage: „Würden Sie Ihren Kunden einen Versichererwechsel empfehlen, wenn er über seinen vollen angesparten Vertragswert (den Run-off-Übertragungswert) uneingeschränkt verfügen könnte?“, antwortete mehr als jeder zweite Makler (54 Prozent) mit "ja". Nur 17 Prozent verneinten, dass sie zu einem Wechsel raten würden, weitere 29 Prozent gaben an, sie könnten den Sachverhalt nicht beurteilen.

"Der Vertrauensmissbrauch derjenigen Anbieter, die gegebene Garantieversprechen zusammen mit den Vertragsbeständen an „Abwicklungsplattformen“ vielleicht sogar noch gewinnbringend verscherbeln, ist aus meiner Sicht wirklich unverzeihlich. Eine Peinlichkeit für die ansonsten so robuste und verlässliche Branche", positioniert sich Maxpool-Geschäftsführer Oliver Drewes.

Jeder dritte deutsche Lebensversicherer prüft Run-off

Mittlerweile prüft bereits jeder dritte Lebensversicherer einen Run-off für hochverzinste Altverträge, so ergab im Herbst 2018 eine Umfrage von Amundi. Zum einen ächzen die Anbieter unter den hohen Zinszusagen von bis zu vier Prozent auf den Sparanteil, die sie ihren Kunden noch vor wenigen Jahren garantiert haben: im Niedrigzins-Umfeld oft ein Zuschussgeschäft. Zum anderen müssen hochverzinste Altverträge mit mehr Eigenkapital unterfüttert werden, was die Bilanz ebenfalls belastet. Allerdings geben nicht alle Versicherer ihre Bestände an externe Anbieter: Manche wickeln die Tarife auch intern ab (der Versicherungsbote berichtete).

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Dem entgegen betont die zuständige Aufsichtsbehörde Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), dass sich die Run-off-Gesellschaften einem strengen Inhaberkontrollverfahren stellen müssen, bevor sie Altbestände übernehmen dürfen. Unter anderem prüft die Behörde, ob der Aufkäufer finanziell solide ist und genug Eigenkapital hat, um alle Vertragszusagen der Kundinnen und Kunden zu erfüllen. „Durch einen Unternehmensverkauf darf kein Versicherungsnehmer schlechter gestellt werden“, positionierte sich Chefaufseher Frank Grund zu der Frage, ob ein Verkauf möglicherweise Nachteile für die Betroffenen bedeutet.

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