Wegen der veränderten Marktbedingungen hatte die Versicherungswirtschaft im vergangenen Jahr Alarm geschlagen und auf eine Änderung der Rechenformel für die Zinszusatzreserve gedrängt. Diese war 2011 war eingführt worden und sollte als Sicherheitspuffer dienen, damit die Gesellschaften auch in schwierigen Zeiten die vergleichsweise hohen Garantien aus Altverträgen bedienen können. Doch damals galten Zinsen zwischen zwei und drei Prozent als niedrig. Dadurch würden Unternehmen und Kunden nur unnötig belastet. Zudem seien bereits rund 65 Milliarden Euro angehäuft worden, argumentierten die Branchenvertreter.

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Daraufhin hatte die Bundesregierung die Rufe der Branche erhört und die Rechenformel für die ZZR verändert. Diese wird seither per Korridormethode berechnet. Die neue Formel zur ZZR-Berechnung solle kurzfristige Schwankungen stärker berücksichtigen. Zudem sollen die Unternehmen künftig weniger in Versuchung geführt werden, ihre Bewertungsreserven aufzulösen. Die neue Berechnungsgrundlage wurde von der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) in Abstimmung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gestrickt.

Neu ZZR-Formel zeigt Wirkung

Und: Die neuen Regeln zeigen Wirkung. Denn im vergangenen Jahr flossen rund sechs Milliarden Euro in die ZZR. Ursprünglich sollten jedoch 18 Milliarden Euro in die Spardose gesteckt werden. Der Gesetzgeber greift den deutschen Lebensversicherern damit gehörig unter die Arme oder wie es BdV-Chef Axel Kleinlein gegenüber dem Branchenportal "be.invalue" ausdrückt: "Die Reserveanforderungen wurden zurückgeschraubt, ansonsten wären einige Versicherer pleite gegangen"

Allein in den Jahren 2015-2017 waren gut 37 Millionen Euro in die ZZR geflossen. Für deren Finanzierung bedeutete "einen großen Kraftakt für die deutschen Lebensversicherer", kommentiert Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Ohne massive Auflösungen von Bewertungsreserven aus der Kapitalanlage wäre dies vielfach nicht möglich gewesen.“ Hierzu seien von 2011 bis 2018 große Teilbestände an festverzinslichen Kapitalanlagen veräußert worden. Das entsprechende Umschlagsvolumen an Kapitalanlagen belaufe sich branchenweit auf rund 350 Milliarden Euro und damit auf knapp ein Drittel der gesamten Kapitalanlagen beziehungsweise mehr als das Fünffache des eigentlichen ZZR-Bestands. „Allein die dafür angefallenen Transaktionskosten dürften sich auf gut eine halbe Milliarde Euro summieren“, schätzt Lars Heermann. „Noch schwerer wiegt allerdings der Umstand, dass das Geld über die Jahre nur zu durchschnittlich etwa 1,50 bis 2,00 Prozent neu angelegt werden konnte, und dies mit stark rückläufiger Tendenz.“

ZZR kann nun größtenteils aus laufenden Erträgen finanziert werden

Die Zinszusatzreserve solle künftig langsamer und geordneter anwachsen - so der Plan. In der Spitze solle die ZZR bis 2024 ein Volumen von 100 Milliarden Euro erreichen. Ursprünglich hatten Branchenkenner mit knapp 150 Milliarden Euro gerechnet. 2019 solle die Zuführung wieder ansteigen. Laut Assekurata müsse die Branche etwa neun Milliarden Euro zurücklegen. Erst ab 2025 solle ein Abbau der ZZR möglich sein, orakelt das Analysehaus. Jedoch würden zwischen den einzelnen Unternehmen teilweise große bestandsindividuelle Unterschiede bestehen. "Während einige Anbieter, insbesondere solche mit hohen Beständen der älteren Rechnungszinsgeneration 3,50 Prozent und 4,00 Prozent, ihren ZZR-Bedarf bereits weitgehend ausfinanziert haben, werden andere noch über viele Jahre der ZZR zusätzliche Mittel zuführen müssen.", heißt es dazu. Dies würde insbesondere die Lebensversicherer betreffen, die nach der Jahrtausendwende große Neugeschäftsvolumina bei Rentenversicherungen mit Garantiezins ab 3,25 Prozent abwärts vereinnahmen konnten. Doch diese Bestände würden nun im Niedrigzinsumfeld und nicht zuletzt aufgrund ihrer langen Laufzeiten einen beträchtlichen ZZR-Aufbau nach sich ziehen. Folglich werde sich dies auch auf die Höhe des Rohüberschusses und die Überschussbeteiligung der Versicherten auswirken.

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Die veränderte Rechenformel ist laut Assekurata durchaus als Erfolg zu werten. „Ein großer Vorteil der Korridormethode ist der Aspekt, dass die ZZR nunmehr größtenteils aus laufenden Erträgen finanziert werden kann und die Bewertungsreserven geschont werden“, erklärt Lars Heermann.

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