Vermittlung und Schadenabwicklung: Getrennte Pflichten des Maklers

Im Sinne des Vertragsverhältnisses ist die beklagte Maklerin berechtigt, Anzeigen, Willenserklärungen und Zahlungen des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen. Zugleich aber ergeben sich Pflichten jener Art, dass Eingegangenes bei der Maklerin als bei der Versicherung eingegangen gilt. Zu solchen Pflichten jedoch gehört nicht nur die Auswahl und Vermittlung eines passenden Versicherungsschutzes oder die Weiterleitung der Anliegen und Papiere, sondern auch die Betreuung im Rahmen der Schadenabwicklung. Laut Gericht sind diese Pflichten getrennt zu betrachten, weswegen es dahin steht, ob die Maklerin den Vertrag mit der VHV vermittelte.

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So wäre die Maklerin im Rahmen der Schadenabwicklung Ansprechpartnerin, hätte demzufolge nach der telefonischen Schadenmeldung am 03.02.2012, spätestens jedoch nach Übersendung der schriftlichen Schadenanzeige vom 20.02.2012 entweder selber unverzüglich den Schaden gegenüber der VHV melden müssen, oder sie hätte dem Architekten zumindest sofort mitteilen müssen, dass er den Schaden gegenüber seiner alten Versicherung anzeigen muss.

Denn der Makler sei nicht nur „eine Art Poststelle“, wie das Gericht pointiert. Stattdessen muss er Formulare und Willenserklärungen auch darauf prüfen, ob sie den von ihm „zu schützenden Interessen des Versicherungsnehmers auch tatsächlich gerecht werden“. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob eingegangene Unterlagen an den richtigen Versicherer gelangen.

Hinweise sind Pflicht, soweit dem Kunden Schäden drohen

Laut mehreren Urteilssprüchen wirkt doch der Makler „für den Bereich der Versicherungsverhältnisse“ als treuhänderähnlicher Sachwalter des Kunden. Und für diesen Punkt folgte das Gericht auch der Argumentation des Klägers: Die Beklagte sei als Versicherungsmaklerin „mit der Abwicklung von Schadenfällen gegenüber Versicherungen“ vertraut und sei demnach auch „besonders sachkundig im Hinblick auf den Inhalt von Versicherungsbedingungen“. Dem Versicherungsnehmer hingegen seien diese Bedingungen nicht in gleicher Weise geläufig. Da der Makler im Interesse des Kunden tätig wird (und tätig werden muss), dürfe der Kunde demnach auch einen Hinweis erwarten, soweit ihm Schäden drohen.

Pflichten betreffen nur das konkrete Absicherungsanliegen

Dass die Pflichten des Maklers aber auch ihre Grenzen haben, stellt das Oberlandesgericht ebenfalls heraus. Denn das Urteil begründet sich dadurch, dass die Schadenabwicklung gegenüber der älteren Versicherung (und damit der VHV) das Absicherungsanliegen der neu vermittelten Versicherung (und damit das Absicherungsanliegen der Allrisk-Police) betrifft. Und daraus ergeben sich jene Betreuungs- und auch Haftungspflichten, die nun zur Zahlung von Schadenersatz an den Kunden führen.

Keineswegs aber muss ein Versicherungsmakler einen Kunden im Rahmen der ersten Kontaktaufnahme ungefragt einer umfassenden Analyse seiner gesamten Versicherungssituation unterziehen, wie das Oberlandesgericht zusätzlich ausführt. Zwar könnten demnach einem Makler in "augenfälligen Sachverhalten" zusätzliche Erkundigungs- sowie Aufklärungspflichten treffen – treten abzusichernde Risiken des Kunden offenkundig zutage, kann auch die Pflicht zur Aufklärung erwachsen, ohne dass der Kunde für diese Bereiche konkreten Rat und Versicherungsschutz sucht. Ansonsten aber sei das „vom Makler geschuldete Pflichtprogramm“ an das konkret vom Kunden benannte Absicherungsanliegen und die damit einhergehenden speziellen Risiken geknüpft.

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Allrisk-Policen: Anspruchsvoll oder voller Tücken?

Ein solcher Urteilsgrund übrigens veranschaulicht mögliche Tücken von Allrisk-Policen für Makler: Je umfangreicher die Absicherungsanliegen einer Police, desto schwieriger könnte es werden, auch die Vergangenheit des Kunden mit Blick auf das Schadenmanagement zu überschauen. Haftungsrisiken sind bei komplexen Produkten demnach größer, sobald diese vieles absichern sollen. Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist online verfügbar.

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