Ansprüche an eine betriebliche Hinterbliebenenvorsorge dürfen nicht an eine Mindest-Ehedauer von zehn Jahren geknüpft werden. Eine entsprechende Mindestehedauerklausel in den Allgemeinen Vertragsbedingungen bedeutet, dass der Versorgungsberechtigte unangemessen benachteiligt wird. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am Dienstag entschieden, wie die Erfurter Behörde in einem Pressetext berichtet.

Anzeige

Revision der Klägerin hatte Erfolg

Im konkreten Rechtsstreit geklagt hatte eine Frau, deren Mann 2015 gestorben war. Über ihren Arbeitgeber hatte der Verstorbene Anspruch auf eine Betriebsrente, die auch eine Hinterbliebenen-Vorsorge vorsah. Aber als die Frau die Witwenrente einforderte, wollte der Arbeitgeber nicht zahlen. Er berief sich auf die AGB, wonach eine Ehe mindestens zehn Jahre bestehen müsse, um Anrecht auf den Hinterbliebenenschutz zu haben. Das Paar war aber erst vier Jahre verheiratet, als das Unglück geschah.

Die Frau wollte nicht akzeptieren, dass sie leer ausgeht, und klagte ab Mai 2015 vor Gericht. Die beiden Vorinstanzen wiesen ihre Klage ab. Aber ihre Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte letztendlich Erfolg. Die Richter stellten fest: „Enthält eine Versorgungszusage Allgemeine Geschäftsbedingungen, so bewirkt eine hierin enthaltene Mindestehedauerklausel von zehn Jahren eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten“. Grundlage hierfür ist § 307 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Sagt der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zu, entspreche es der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass die Ehepartner der Arbeitnehmer abgesichert sind, so führte der dritte Senat des Gerichtes aus. Wird der anspruchsberechtigte Personenkreis weiter eingeschränkt, müsse eine Angemessenheitskontrolle erfolgen, ob damit die Betroffenen unangemessen benachteiligt werden.

“Orientiert sich eine Ausschlussklausel an willkürlich gegriffenen Zeitspannen ohne inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck, so ist eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten gegeben, weil der Zweck der Hinterbliebenenversorgung durch eine solche zehnjährige Mindestehedauer gefährdet ist“, heißt es zur Begründung im Pressetext. Eine solche willkürlich festgelegte Klausel gefährde die Vertragstypik, dass der Ehepartner nach dem Tod des Arbeitnehmers abgesichert sei.

Kein grundsätzliches Verbot von Fristen

In einem Gastbeitrag für die Legal Tribune weist Rechtsanwalt Thomas Frank darauf hin, dass dieses Urteil kein grundsätzliches Verbot von Mindestehe-Klauseln bedeutet. So sehe die gesetzliche Rentenversicherung etwa vor, dass eine Witwen- oder Witwerrente nach einem Jahr Ehe gezahlt werde, wie der Experte der Kanzlei Hogan Lovells hervorhebt (nach § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch VI). Hier stelle sich auch die Frage, ob die Mindestehedauer dem gesetzlichen Leitbild des Versorgungszweckes entspreche: die Frist von zehn Jahren sei schlicht zu lang.

Zulässig seien auch Klauseln, wenn sie den Zweck hätten, das Risiko des Arbeitgebers zu begrenzen und auf eine verlässliche Kalkulationsgrundlage zu stellen. So seien laut Bundesarbeitsgericht etwa Späteheklauseln erlaubt, wonach keine Witwenrente gezahlt werden muss, wenn die Ehe erst im hohen Alter oder nach Renteneintritt geschlossen werde (z.B. Urteil vom 14.11. 2017, Az. 3 AZR 781/16). Im vorliegenden Fall sei es wohl der Willkürlichkeit der Klausel geschuldet, dass sie unwirksam sei.

Anzeige

Betroffen seien klassische Direktzusagen, erklärt Frank weiter: Renten, die aus Mitteln der Arbeitgeber gezahlt werden. Versorgungszusagen über Versicherungsverträge würden solche einschränkende Klauseln in der Regel nicht vorsehen, da die Risiken bereits einkalkuliert seien. Bei Direktzusagen würden künftig vermutlich auch kürzere Fristen geahndet. „Denn egal wie lang oder kurz die geforderte Ehezeit ist: Ein innerer Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck der Versorgung dürfte auch bei kürzerer Zeitspanne nicht vorliegen“, schreibt der Fachanwalt.

Anzeige