Denn zum einen ist es dem Markt nicht gelungen, die Unfallversicherung als notwendiges Produkt für jüngere Kunden zu platzieren. Anschaulich wird das an rückläufigen Vertragszahlen der Branchenriesen. Zudem heben sich ausgerechnet zwei große Player durch schlechte Schaden-Kosten-Quoten als Sorgenkinder vom Rest des Marktes ab. Der Versicherungsbote hat sich wichtige Geschäftszahlen der vier marktbeherrschenden Unternehmen in der Unfallbranche angesehen, um einige Tendenzen exemplarisch aufzuzeigen.

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Ungleiches im Gleichen: eine Branche mit vielfältigen Kunden und Produktstrukturen

Zunächst sei mit dem Branchenmonitor Wert auf einen Hinweis gelegt: Kunden - und Produktstrukturen der Unfallversicherung können bei den einzelnen Versicherungsunternehmen sehr unterschiedlich sein. Diese Unterschiede lassen sich nicht detailliert anhand der Geschäftsberichte nachvollziehen. Bei einem Vergleich der Zahlen sollte stets der Hinweis mitbedacht werden.

Auch gilt für die Studie der V.E.R.S. Leipzig GmbH in Kooperation mit der YouGov Deutschland GmbH: Tochtergesellschaften unter dem Dach eines Versicherers werden nach Rechtsform getrennt ausgewiesen. So werden zum Beispiel die Ergo und die Ergo Direkt getrennt betrachtet, was sich im Ranking nach Marktanteilen widerspiegelt. Geschäftsergebnisse der Ergo enthalten im Folgenden nicht die Ergebnisse von Ergo Direkt.

Schwieriges Unfallgeschäft für die Allianz

Laut Branchenmonitor beherrscht die Allianz, Deutschlands größter Erstversicherer, auch den Markt der Unfallversicherungen und konnte 2017 immerhin 19,80 Prozent des Gesamtmarktes für sich in Anspruch nehmen. Das Geschäft freilich hätte sich besser entwickeln können, denn sowohl Prämieneinnahmen als auch Vertragszahlen nahmen ab. 2015 verbuchte man 1.315,20 Mio. Euro an Prämieneinnahmen, ein Jahr später dann den geringeren Wert von 1.312,22 Mio. Euro. Für 2017 waren letztendlich „nur“ noch 1.282,78 Mio. Euro drin, was zwar viel ist im Vergleich zu anderen Versicherern, aber rückläufig mit Blick auf die eigenen Geschäftsergebnisse.

Auch die Zahl der Versicherungsverträge sank: 2015 hielt die Allianz 3.997.700 Unfallversicherungsverträge, 2016 dann 3.924.955 Verträge. Im Jahr 2017 musste ein nochmaliger, wenngleich leichterer Rückgang auf 3.924.741 Verträge in Kauf genommen werden.

Dass die Allianz anscheinend zu jenen Versicherern zählt, denen das Unfallgeschäft doch Schwierigkeiten bereitet, zeigt jedoch ein anderer Wert. Gehört der Konzern doch zu jenen nur fünf Unfallversicherern, die im Branchenmonitor eine Combined Ratio über 100 Prozent vorzeigen müssen. Schadenaufwendungen und Kosten wurden also nicht durch die Prämieneinnahmen gedeckt. Schrittweise reduzierte man zwar das Minus: 2015 betrug die Schaden-Kosten-Quote 111,82 Prozent und wurde 2016 auf 109,76 Prozent gedrückt. 2017 dann eine nochmalige Verbesserung: Die Quote stand vor einem Jahr bei 102,80 Prozent. Dennoch aber schrieben die Münchener rote Zahlen.

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Bei der Interpretation der vergleichsweise schlechten CR-Quoten für nur fünf Versicherer erinnere man sich aber auch an die sehr unterschiedlichen Kunden- und Produktstrukturen in der Unfallversicherung. Zumal erwähnt werden muss: Kein Unfallversicherer hält so viele Rücklagen auf der Passivseite wie die Allianz, die von je her und sogar im internationalen Vergleich als äußerst finanzstark gilt (der Versicherungsbote berichtete). Beträgt doch die gesamte Rückstellungsquote des Unternehmens für das Unfallgeschäft 2017 sagenhafte 792,86 Prozent der gebuchten Bruttoprämien. Wie sich die hohe Quote auf der Passivseite im Detail für die Allianz begründet, kann jedoch leider nicht aus den vorliegenden Zahlen erschlossen werden.

Ergo verliert Kunden ... und erwirtschaftet guten Gewinn

Der Versicherer mit dem zweitgrößten Marktanteil nach gebuchten Bruttoprämien ist die Ergo: 630,40 Mio. Euro Prämieneinnahmen sicherten ihr 2017 einen Marktanteil von 9,73 Prozent. Auch die Ergo nahm zwischen 2015 und 2017 von Jahr zu Jahr weniger ein: 654,38 Mio. Euro verbuchte man 2015, für 2016 waren dann „nur“ noch 638,30 Mio. Euro Prämieneinnahmen drin.

Wie die Allianz kämpft auch die Ergo mit einer abnehmenden Nachfrage: 2.097.520 Versicherungsverträge hielt man 2015, dann im Folgejahr 1.994.562 Versicherungsverträge. 2017 ein nochmaliger Schwund auf 1.899.629 Verträge: ein exemplarisches Ergebnis für die Branche. Exemplarisch ist aber auch ein anderer Befund: Anders als die Allianz verdient die Ergo gut am Unfallgeschäft. Das wird an einer Combined Ratio von 77,20 Prozent ersichtlich.

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R+V in den roten Zahlen

Auf Platz drei nach Prämienanteilen platziert sich mit der R+V Allgemeine der zweite Marktriese in den roten Zahlen. Prämieneinnahmen in Höhe von 398,63 Mio. Euro ergeben für das Unternehmen 2017 einen Marktanteil von 6,15 Prozent. Die Entwicklung bei den Prämien gab sich widersprüchlich: zwar nahm die R+V Allgemeine 2017 mehr ein als 2015, da sie vor drei Jahren nur 392,65 Mio. Euro verbuchte. Weil die Einnahmen im Geschäftsjahr 2016 aber kurzfristig auf 410,85 Mio. Euro anstiegen, musste man zuletzt ebenfalls einen Rückgang hinnehmen.

Schlecht lief es auch für die Anzahl der Versicherungsverträge: 2015 stand der Unfallversicherer bei 1.428.252 Verträgen – schrittweise reduzierte sich die Zahl auf 1.411.770 Verträge im Folgejahr und auf 1.410.122 Verträge für 2017.

Die Schaden-Kosten-Quote für 2017 betrug 109,01 Prozent: der zweitschlechteste Wert aller Unfallversicherer. 2016 musste das Unternehmen sogar eine Schaden-Kosten-Quote von 131,82 Prozent präsentieren und damit den schlechtesten Wert aller fünfzig Unfallversicherer des Monitors. Aber auch für die R+V Allgemeine wiederholt sich, was relativierend zugunsten der Allianz angeführt wurde. Finden doch schlechte Schaden-Kosten-Quoten ihr „Echo“ in auffallend guten Rückstellungsquoten weit über dem Durchschnitt:

Die durchschnittliche Rückstellungsquote über alle fünfzig Unfallversicherer hinweg beträgt 234,84 Prozent für 2017. Die R+V Allgemeine bringt es dagegen auf eine Rückstellungsquote von 673,38 Prozent und damit auf den zweitbesten Wert. Der Versicherer mit dem drittbesten Prozentwert, der Bayerische VersVerband, hält mit immer noch guten 461,85 Prozent der gebuchten Bruttoprämien schon auffallender Abstand. Erneut sei aber auch daran erinnert: Unterschiedliche Kunden - und Produktstrukturen der Unfallversicherungen machen derartige Vergleiche nur mit Vorsicht genießbar.

Exemplarisch für eine dankbare Branche: Debeka Allgemeine

Viertgrößter Versicherer nach verbuchten Bruttoprämien: Die Debeka Allgemeine. Aufgrund von 329,26 Mio. Euro Prämieneinnahmen beansprucht das Unternehmen 5,08 Prozent des Marktes für sich. Die zurückliegenden Geschäftsjahre verliefen ganz und gar erfolgreich, wenn man den offensichtlichen Kennzahlen Glauben schenkt: Schrittweise steigerte die Debeka Allgemeine die Prämieneinnahmen von 291,70 Mio. Euro für 2015 auf 306,80 Mio. Euro für 2016 und 329,26 Mio. Euro für 2017.

Anwachsend auch die Zahl der Versicherungsverträge: 1.925.138 Verträge hielt man vor drei Jahren, erhöhte dann schrittweise auf 1.941.860 Verträge für 2016 und auf 1.956.171 Verträge für 2017. Da die Combined Ratio 2017 bei guten 77,19 Prozent lag, kann der Versicherer exemplarisch für die Mehrzahl jener Unternehmen stehen, die über die Unfallversicherung „ihr gutes und solides Geld“ verdienen.

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Hintergrund: Der „Branchenmonitor Unfallversicherung 2015-2017“

Ausgewertet wurden für den „Branchenmonitor Unfallversicherung 2015-2017“ BaFin-Berichte der Jahre 2015-2017 sowie das Statistische Jahrbuch 2018 des Branchenverbandes GDV, ebenso verschiedene Daten aus den Jahresabschlüssen der Versicherer. Der Monitor deckt 50 Versicherer und damit 93 Prozent des Unfallmarktes ab und kann kostenpflichtig auf der Webseite der V.E.R.S. Leipzig GmbH bestellt werden.

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