Die Generali verhandelt derzeit mit dem Abwicklungsspezialisten Viridium über den Verkauf von vier Millionen Lebensversicherungen der Generali Leben. Das hätten Recherchen des Branchendienstes „Versicherungsmonitor“ und der Süddeutschen Zeitung ergeben, wie der Versicherungsmonitor heute berichtet. Allerdings sei der Verkauf noch nicht formal besiegelt. Auch müsse die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) noch zustimmen. Die Medien berufen sich auf Finanzkreise als Quelle.

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Über wichtige Grundsätze habe man sich bereits einigen können, heißt es weiter beim „Versicherungsmonitor“. So wolle die Generali einen Minderheitsanteil von 20 Prozent behalten. Auch die Nachrichtenagentur „Reuters“ berichtet am Donnerstag, dass die Generali mit Viridium über einen Verkauf der Altbestände exklusiv verhandeln wolle. Dies habe eine mit dem Prozess betraute Person der Agentur gesagt. Von einer Einigung in wichtigen Punkten ist bei „Reuters“ hingegen keine Rede. Keines der Unternehmen wollte eine Stellungnahme abgeben, heißt es.

Versicherer, der andere Versicherungsbestände abwickelt

Die Viridium ist in Deutschland Marktführer im Run-off-Geschäft mit Lebensversicherungen. Das bedeutet, der Versicherer betreibt kein Neugeschäft, sondern kauft Altbestände von anderen Versicherern auf. Gewinn verspricht sich der Versicherer dadurch, dass die Bestände mittels moderner IT und schlanker Strukturen kostengünstiger und effizienter verwaltet werden.

Hinter Viridium steht der britische Investor Cinven sowie der Rückversicherer Hannover Rück. Und man hat sich auf einem Markt mit großem Wachstumspotential eingerichtet. Die Lebensversicherer ächzen im Niedrigzins unter ihren Altlasten - hochverzinste Lebensversicherungen, die den Kundinnen und Kunden einen Garantiezins zusichern, der sich heute auf dem Anleihemarkt kaum noch erwirtschaften lässt. Eine oft altbackene und kostenintensive Verwaltung tut ihr übriges, dass sich viele Versicherer von den Verträgen trennen wollen.

Viridium ist dabei speziell in Deutschland mit spektakulären Käufen hervorgetreten. Der Abwicklungsspezialist kaufte 2014 die Bestände der Heidelberger Leben für 500 Millionen Euro, nachdem die frühere MLP-Tochter in wirtschaftliche Schieflage geraten war. Auch die Bestände der Auffanggesellschaft Protektor gingen an den Abwickler, der knapp 100.000 Verträge und ein verwaltetes Vermögen von circa 1,8 Milliarden Euro umfasst. Protektor war im Jahr 2002 nach einem Beschluss der Versicherungswirtschaft als gemeinsame Auffanggesellschaft der Versicherungsbranche gegründet worden, um die Verträge von Kunden insolventer Versicherer zu schützen. Anlass war die drohende Insolvenz der Mannheimer Leben, die sich am Kapitalmarkt verzockt hatte.

Dammbruch in der Branche befürchtet

Aktuell verwaltet Viridium nach eigenen Angaben knapp eine Million Versicherungsverträge und ein Vermögen von rund 15 Milliarden Euro. Doch diese Zahlen zeigen, welches immenses Ausmaß ein Geschäft mit der Generali hätte. Denn der Versicherer mit dem geflügelten Löwen ist ein Schwergewicht der Branche. Es geht um vier Millionen Verträge mit einem Volumen von 40 Milliarden Euro.

Für Wut und Entsetzen könnte das Geschäft hingegen bei Verbraucherschützern und den Mitarbeitern der Generali sorgen. Die Arbeitnehmervertreter der Generali haben sich bereits gegen einen möglichen Verkauf positioniert. Es sei ein Imageschaden für die Generali zu erwarten, so hat Martina Grundler zu bedenken gegeben, bei der Gewerkschaft ver.di Bundesfachgruppenleiterin für Versicherungen. Denn die Generali habe sich gegenüber den Kunden als Partner für das ganze Leben angepriesen - um dann, wenn es mal nicht so läuft, die Verträge abzustoßen. Unter dem Vertrauensverlust würde auch das Neugeschäft des Versicherers leiden.

Letztendlich müsse sogar die gesamte Branche befürchten, dass das Vertrauen der Deutschen in die private Altersvorsorge leide. Denn es wird erwartet, dass die Generali mit ihrem Verkauf eine Art Dammbruch einleiten könnte. Wenn ein derart großer Versicherer seine Bestände abstößt, fallen auch bei anderen Versicherern die Hemmungen, es ihm gleichzutun.

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Das Image des Run-off-Geschäfts ist in Deutschland negativ behaftet. Zu unrecht? Die Viridium Gruppe wirbt auf ihrer Webseite um das Vertrauen der Kunden: Man sei ein Versicherer wie jeder andere, betreibe nur kein Neugeschäft. Weder Kunden noch Vermittler müssten Nachteile befürchten, wenn die Bestände wechseln.

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