Für Versicherungsmakler war es das Aufregerthema der letzten Woche. Der „Focus“ hat Anfang Juni ein Sondermagazin an die Kioske gebracht, das sich dem Thema „Versicherungen 2018“ widmet. Gemeinsam mit dem Statistikportal „Statista“ hat man dabei auch die 400 besten Versicherungsmakler gekürt, ausgewiesen nach Regionen. Für die Liste wurden sowohl Empfehlungen von Verbrauchern, Kollegen sowie Online-Bewertungen berücksichtigt. Dumm nur, dass unter den preisgekrönten Versicherungsmaklern nicht nur Makler waren. Sondern eben auch Vermögensberater und Vertreter (der Versicherungsbote berichtete).

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Bei dem Fehler handelt es sich keineswegs um eine Lappalie. Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter sind geschützte Berufsbezeichnungen, für die auch juristisch unterschiedliche Regeln gelten. Stark vereinfacht: Der Versicherungsmakler ist Interessenvertreter des Kunden und muss diesem einen ausreichend großen Marktüberblick verschiedener Anbieter präsentieren, um den Versicherungsbedarf zu ermitteln. Dem entgegen vertritt ein Versicherungsvertreter nur einen einzigen Versicherer oder eine begrenzte Auswahl, er ist auch juristisch an den Versicherer gebunden.

Wer seinen Beruf falsch ausweist, etwa im Impressum der eigenen Webseite, riskiert nicht nur eine Abmahnung. Er muss auch um seine Zulassung bangen. Entsprechend groß war auch der Aufschrei in der Maklerbranche. „Man sollte meinen, wer eine Studie über unseren Berufsstand veröffentlicht, sollte zumindest mal wissen, was ein Versicherungsmakler ist“, kommentierte Versicherungsmakler Matthias Helberg, der zuerst den Fehler bemerkt und auf seinem Blog darauf hingewiesen hatte.

Statista-Chefanalyst räumt Fehler ein - und entschuldigt sich

Nun hat sich auf der Webseite des Versicherungsboten Hubertus Bitting zu Wort gemeldet, Leiter Recherche & Analyse der Statista GmbH. Also jenes Institutes, welches für den Focus die Liste der besten Makler erstellt hat. Bitting räumt in seinem Kommentar Fehler ein und übernimmt auch die Verantwortung dafür. Zugleich bedankt er sich für die Kritik und Hinweise aus der Branche.

“Die Kritik ist berechtigt und trifft zu. Tatsächlich sind in der Liste der Top-Versicherungsmakler leider auch Mehrfachvertretungsunternehmen genannt“, schreibt Bitting. Der Statistiker nennt auch konkret die Namen jener Vertreter, die fälschlicherweise in der Liste auftauchen. Es handelt sich um acht von 296 Firmen - beziehungsweise 40 von 400 einzelnen Büros (in Klammern: Anzahl der Auszeichnungen über alle Regionen):

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  • AFA AG (1)
  • AG Versicherung & Finanzplanung (1)
  • Bohlen & Tammling GmbH & Co. KG (1)
  • Bonnfinanz AG (10)
  • Deutsche Vermögensberatung (12)
  • OVB Vermögensberatung AG (4)
  • Tecis Finanzdienstleistungen AG (4)
  • Telis Finanz AG (7)

"Dies ist ein Fehler, den wir ausgesprochen bedauern – der Branche gegenüber, gegenüber unserem Partner FOCUS und gegenüber den Lesern. Dafür möchten wir uns klar und deutlich entschuldigen", schreibt Bitting weiter. Die Liste sei erstellt worden, "um interessierten Lesern Orientierung zu geben, in ihrer jeweiligen Region empfehlenswerte unabhängige Versicherungsmakler zu finden", erklärt der Analyst. Diesem Anspruch sei man nicht gerecht geworden. So habe man auch den eigenen Qualitätsanspruch von Statista verletzt.

Wie konnte das passieren?

Dankenswerterweise klärt Hubertus Bitting auch darüber auf, wie der Fehler überhaupt zustande kam. Er erklärt: „Zahlreiche von uns zur Makler-Qualität befragte Endkunden haben auch Mehrfachvertreter empfohlen. In Einzelfällen fanden wir die Namen von Versicherungsvertretern sogar bei befragten Maklern als Kollegen-Empfehlungen.“

Bemerkenswert: Auch Makler hätten folglich Wettbewerber empfohlen, die gar keine Makler sind. Dies zeige, dass im Markt offenbar bis heute keine völlige Klarheit über die Abgrenzung von Maklern und Vertretern im Sinne der §34d GewO und anderer gesetzlicher Regelung bestehe, kommentiert Bitting. "Uns ist diese Unterscheidung aber selbstverständlich klar – und wir haben die Liste auch in diesem Hinblick geprüft, aber leider nicht ausreichend genug. FOCUS und wir werden diesen Fehler korrigieren."

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Falsche Makler dürfen Auszeichnung nicht nutzen

"Die acht fälschlich ausgezeichneten Unternehmen werden selbstverständlich kontaktiert und darauf hingewiesen, dass sie die Auszeichnung nicht werden nutzen können", erklärt Bitting weiter. Hier bliebe einzuwenden: Das hätten sie wohl schon aufgrund ihres Status als Versicherungsvertreter nicht gedurft. Sie hätten mindestens eine Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs riskiert, wenn sie sich als Makler ausweisen, obwohl sie gar keine entsprechende Zulassung besitzen.

"Haben zu Intransparenz beigetragen"

Das Fazit des Analysten fällt bitter aus. Bitting schreibt: "Erklärtes Ziel der FOCUS-Listen ist es, Orientierung in unübersichtlichen Märkten zu schaffen. In dem Bemühen, unabhängige Maklerunternehmen durch die Veröffentlichung hervorzuheben und Transparenz zu schaffen, haben wir stattdessen durch die definitorische Inkonsistenz in der Liste ein Stück weit sogar zur Marktintransparenz beigetragen. Absicht war und ist es jedoch, diese zu reduzieren. Umso dankbarer sind wir für Ihren aufmerksamen Blick, Ihre Anmerkungen und Anregungen", so schließt der Analyst seinen Kommentar. Man kann davon ausgehen, dass Focus und Statista es beim nächsten Mal besser machen.

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