Für viele Versicherungsmakler war es eine positive Überraschung. Der Focus hat ein Spezialheft an die Kioske gebracht, das sich dem Thema „Versicherungen 2018“ widmet. In Zusammenarbeit mit Statista hat man dabei auch die besten Versicherungsmakler Deutschlands gekürt. Eingeflossen sind in die Wertung unter anderem Kundenbefragungen, die Empfehlung anderer Makler sowie Online-Bewertungen bei Facebook und Google. „Die TOP-Liste zeichnet für jede Region die Maklerunternehmen aus, die einen überdurchschnittlichen Empfehlungswert haben“, erklärt der Focus.

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Von den knapp 46.800 registrierten Maklern blieben am Ende 400 übrig, die nun nach Bundesländern sortiert im Printmagazin des Focus alphabetisch gelistet werden. Und tatsächlich meldeten sich mehrere derart ausgezeichnete Makler bei uns in der Redaktion, die versicherten, dass sie nichts von der Studie gewusst hätten. Sie sind selbst verblüfft gewesen, dass es dieses Ranking gibt und sie dort erscheinen.

Eigentlich eine lobenswerte Sache, hat doch das Berufsbild des Versicherungsmaklers noch immer mit pauschalen Vorurteilen zu kämpfen. Da kann es nicht schaden darauf hinzuweisen, dass viele eine ausgezeichnete Arbeit machen und zufriedene Kunden haben. Und es täte auch Not die Verbraucher darüber aufzuklären, was einen Makler von den anderen Vertriebswegen unterscheidet. Immer wieder wird in der Branche beklagt, dass viele Kunden nicht zwischen Versicherungsvertreter, -makler und -berater differenzieren können.

Viele der ausgezeichneten Makler - sind gar keine!

Stein des Anstoßes: Das Heft "Focus Spezial Versicherungen 2018", welches Anfang Juni erscheint. Quelle: focus.deDoch die Freude über die Auszeichnung erhielt bei vielen Versicherungsmaklern mittlerweile einen kleinen Dämpfer. Das liegt an der Aufmerksamkeit eines Maklers, der selbst zu den preisgekrönten zählt und sich die Studie genau angeschaut hat: Matthias Helberg aus Osnabrück. Helberg hat zuvor schon andere Rankings fachkundig zerpflückt und kritisiert - unter anderem die „Stiftung Warentest“ mit ihrem Berufsunfähigkeitsvergleich (der Versicherungsbote berichtete). Nun also weist er auch dem Focus auf seinem Blog eklatante Fehler nach.

Das Problem ist nämlich folgendes: Unter den ausgezeichneten TOP-Maklern des Wirtschaftsmagazins sind auch viele, die eben keine Makler sind. Sondern zum Beispiel Unternehmensberater der DVAG, die als Versicherungsvertreter agieren. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall: Allein von 28 TOP-Maklern für die Region Niedersachsen und Bremen sind fünf gar keine, bemängelt Helberg.

Ein Makler ist kein Vertreter - und ein Vertreter kein Makler

Hier die Unterschiede vereinfacht erklärt: Ein Versicherungsmakler ist treuhändischer Sachverwalter des Kunden und steht auch in dessen Lager. Dies hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) jüngst mit einem überarbeiteten Rundschreiben „Hinweise für den Versicherungsvertrieb“ explizit betont. Der Makler ist verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen verschiedener Versicherer zu Grunde zu legen. Auf dieser Basis soll er Wünsche und Bedürfnisse seines Kunden ermitteln.

Anders hingegen der Versicherungsvertreter. Seine Marktauswahl ist von vorn herein stark begrenzt. Er ist einem einzigen oder mehreren Versicherern verpflichtet und vertreibt ausschließlich Produkte dieser Anbieter: die DVAG etwa der Generali und ihrer Firmentöchter. Ein Vertreter steht auch rechtlich im Lager des Versicherers, er ist „Auge und Ohr“ der Versicherung. Sowohl der Versicherungsvertreter als auch der Makler sind geschützte Berufsbezeichnungen.

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Matthias Helberg geht es nicht darum, die einzelnen Vertriebswege gegeneinander auszuspielen. "Wenn Sie mich fragen: Es gibt tolle, hochqualifizierte und kundenorientierte Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Und unter beiden Berufsgruppen gibt es weniger qualifizierte und nur-an-sich-selbst-denkende Vermittler", schreibt er. Dennoch: Es sind nunmal zwei verschiedene Berufe mit unterschiedlichen Anforderungen, die für Kunden Vorteile und Nachteile haben können. Und gerade vor dem Hintergrund, dass viele Verbraucher den Unterschied nicht kennen, sind die Fehler ärgerlich. Helbergs kritisches Fazit zum Focus-Ranking: „Man sollte meinen, wer eine Studie über unseren Berufsstand veröffentlicht, sollte zumindest mal wissen, was ein Versicherungsmakler ist“.

Makler sollen 5.000 Euro zahlen, um als TOP-Makler werben zu dürfen

Es gibt noch einen zweiten Aufreger, der vielen Versicherungsmaklern nun die Freude vermiest, als TOP-Makler ihrer Region gelistet zu werden. Sie dürfen mit der Bezeichnung TOP-Makler nämlich gar nicht werben. Es sei denn, sie sind bereit 5.000 Euro zu zahlen, um eine Jahreslizenz für das entsprechende Testsiegel zu erwerben. Darüber berichtet aktuell der Rügener Versicherungsmakler Sven Hennig auf seinem Blog.

Schon vor Monaten habe der Focus mehrere Versicherungsmakler angeschrieben und angefragt, ob sie ein Advertorial im Heft schalten wollen, berichtet Hennig weiter. Mit anderen Worten: Werbeanzeigen, die auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, ein Heftartikel zu sein. Aber entsprechend als Anzeige gekennzeichnet sein müssen. Genau 13.253 Euro verlangt der Focus für eine ganzseitige Anzeige. Erst einmal keine verwerfliche Sache: Auch der Versicherungsbote bietet Werbekunden sogenannte Advertorials an. Sie sind ein gebräuchliches Instrument des Marketings.

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Dennoch bekommt so das gesamte Focus-Ranking ein Geschmäckle. Es besteht nämlich der Verdacht, dass die Redaktion nun erstmals Versicherungsmakler testete, um sich eine neue Zielgruppe für hauseigene Testsiegel und Anzeigen zu angeln: Versicherungsmakler eben. In dem Anschreiben an die gekürten TOP-Makler heißt es: "Profitieren Sie von unserer Expertise und dem Vertrauen von Millionen Menschen in die Marke FOCUS und zeigen Sie ab sofort, dass Sie zu den Besten zählen. Mit dem hochwertigen FOCUS-Siegel verleihen Sie Ihrer Außenkommunikation, z.B. Ihrem Briefpapier oder Ihren Werbeunterlagen den perfekten Schliff". Viele Zeitungsverlage haben eigene Institute gegründet, die keine andere Aufgabe haben, als Journalismus und Marketing zu verknüpfen.

Die NGO "Reporter ohne Grenzen" wertet jährlich aus, worin aktuell die größte Bedrohung für die Pressefreiheit in einzelnen Staaten besteht. In Deutschland ist es nicht Zensur, sondern PR-Journalismus, der daraus resultiert, dass die Medien auf einem hart umkämpften Anzeigenmarkt verstärkt in Abhängigkeit von Werbekunden geraten. “Oft werden kommerzielle Inhalte dabei bewusst nicht als Werbung gekennzeichnet, sondern als journalistische Beiträge getarnt oder mit diesen vermischt, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen“, berichtet "Reporter ohne Grenzen". Und warnt: Dem Leser sei es oftmals nicht möglich, zwischen PR und einem journalistisch sauberen Beitrag zu unterscheiden.

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