Die große Koalition plant die Einführung einer Grundrente: Wer 35 Beitragsjahre zur gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen kann und dennoch im Alter auf die Grundsicherung angewiesen ist, soll seine Rente aufgestockt bekommen. Doch eine aktuelle Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken zeigt, dass speziell viele Frauen das Soll nicht erreichen werden. Der Grund: Im Schnitt haben sie zwölf Jahre kürzer in die Rentenkasse eingezahlt als Männer.

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Die Bundesregierung bezieht sich in ihrer Antwort auf eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes. Demnach haben Männer, die 2016 eine Altersrente bezogen, durchschnittlich 39,6 Jahre an Beitragszeiten zur Rentenversicherung vorzuweisen. Frauen hingegen kommen nur auf 27,6 Jahre. Gegenüber dem Jahr 2015 gingen die Beitragszeiten der weiblichen Versicherten sogar leicht zurück (28,1 Jahre).

Ein Grund ist, dass Frauen noch immer häufiger ihre Erwerbsarbeit unterbrechen, um Kinder großzuziehen und Angehörige zu pflegen. Zwar werden zum Beispiel auch Zeiten der Kindererziehung und der Pflege als Beitragszeit zur Rente gewertet, aber nur in bestimmten Grenzen. So werden pro Kind, das nach 1991 geboren wurde, maximal drei Jahre als Beitragszeit angerechnet, für Kinder bis einschließlich Geburtsjahr 1995 gar nur 24 Monate.

Immer mehr Frauen erwerbstätig

Bei den aktuellen Zahlen gilt es aber zu bedenken, dass speziell in Westdeutschland lange Zeit das männliche Alleinernährer-Modell der Familie überwog. Viele Frauen blieben zu Hause, um die Kinder zu erziehen, während der Mann das Geld verdiente. Das wirkt sich auch auf die Beitragszeiten in der Rentenversicherung aus. Noch im Jahr 1985 war nur etwa jede zweite Frau in Westdeutschland erwerbstätig, so geht aus OECD-Zahlen hervor. Dieser Wert stieg bis 2016 auf knapp 72 Prozent an, nun für Gesamtdeutschland.

Dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind, betont auch die Bundesregierung in ihrer Antwort. Dies werde sich in steigenden Anwartschaften sowohl bei den durchschnittlichen Entgeltpunkten als auch Versicherungsjahren widerspiegeln.

Auch die Erwerbs­tätigenquote der 60- bis 64-Jährigen Frauen erhöhte sich laut Statistischem Bundesamt in den letzten Jahren deutlich: von 21,9 Prozent im Jahr 2006 auf 50,8 Prozent im Jahr 2016.

Viele Rentner gehen mit Abschlägen in die Rente

Die Zahlen der Bundesregierung zeigen zugleich, dass viele Alters-Neurentnerinnen und Rentner Abschläge bei ihren Renten in Kauf nehmen müssen. 86.504 Männer und 111.157 Frauen erhielten demnach eine geringere Rente, weil sie ihre Altersbezüge vor Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze in Anspruch nahmen. Insgesamt wurden 2016 rund 840.000 Neurenten beantragt.

Der Hintergrund: Wer seine Rente vor der für ihn maßgeblichen angehobenen Altersgrenze in Anspruch nimmt, erhält nur eine geminderte Rente. Der Abschlag beträgt pro Monat vorzeitiger Inanspruchnahme 0,3 Prozent, pro Jahr 3,6 Prozent. Der maximale Abschlag ist bei 14,4 Prozent gedeckelt.

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Bei den Männern summierten sich die durchschnittlichen Abschläge pro Person auf 25,5 Monate, was ihre Bruttorente im Schnitt um 95,69 Euro im Monat schmälerte. Die Frauen gingen im Schnitt 26,75 Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente, das Minus betrug hier 71,81 Euro Bruttorente pro Monat. Als Bezugsgröße wurde der durchschnittliche Rentenzahlbetrag von Frauen und Männern genommen, der bei Männern im Jahr 2016 bei 1046,41 Euro Brutto-Monatsrente und bei Frauen bei 728,75 Euro lag.

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