Versicherungsbote: Herr Lohmann, was waren die Kernergebnisse Ihrer gerade veröffentlichten Studie?

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Im Rahmen unserer Studie haben wir rund 1.000 Personen, die in kleinen und mittelständischen Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern für das Thema Versicherungen zuständig sind, zu potenziellen Risiken und Gefahren befragt. Ein Schwerpunkt lag auf Cyber-Risiken: 32 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen – kurz KMUs – in Deutschland sehen Cyber-Risiken wie einen Hackerangriff oder Datendiebstahl als eine der größten Gefahren. 35 Prozent halten es sogar für wahrscheinlich, dass ihr Unternehmen von einem solchen Risiko konkret betroffen sein könnte. 2015 waren es mit 30 Prozent noch fünf Prozent weniger.

Spielt da auch die zunehmende Digitalisierung eine Rolle?

Generell geben 75 Prozent Digitalisierung als wichtigen bzw. sehr wichtigen Aspekt in ihrem Unternehmen an, der in allen Unternehmensbereichen präsent ist. Insbesondere in großen KMUs ist nicht-digitales Arbeiten immer weniger vorstellbar. Dementsprechend hoch ist auch die Bedeutung, die Computersystemen und Daten zugeordnet wird. Auf die Frage „Welchen Bereich des Betriebes schätzen Sie am wertvollsten ein? Wo würde ein Schaden die größten Verluste verursachen?“ antworten 34 Prozent an erster Stelle, dass ihnen ihre Computersysteme und Daten am wertvollsten sind, an zweiter Stelle nennen 23 Prozent ihre Gebäude.

Das bedeutet, das Problem ist erkannt und es wird für Sicherheit gesorgt?

Leider nicht: Das Risikobewusstsein und die Angst vor Cyber-Angriffen sind bei den KMUs in den letzten Jahren zwar deutlich gestiegen – doch wird die Absicherung über eine Cyber-Police nur geringfügig häufiger genutzt. Einen Versicherungsschutz für Cyber-Risiken haben bislang nur neun Prozent der Unternehmen, 2015 waren es mit sieben Prozent noch weniger. Es mangelt also oft noch am ausreichenden Versicherungsschutz.

Auch bei den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen gibt es noch deutliche Lücken: Was ich beängstigend finde ist, dass jedes fünfte KMU auf die Installation von Virenschutzprogrammen verzichtet, jedes Vierte keine Firewall besitzt und sogar ein Drittel keine professionelle Datensicherung durchführt.

Wie erklären Sie sich dieses Missverhältnis?

Cyber-Risiken werden von den meisten Unternehmen durchaus als wachsende Bedrohung wahrgenommen. Da aber die meisten Firmen noch nicht von einem konkreten Vorfall betroffen waren, ist der Handlungsdruck scheinbar noch nicht groß genug. Zudem ist das Angebot an Cyber-Policen am Markt derzeit noch überschaubar.

Deswegen bietet dieser noch junge Markt für Versicherer und Vermittler großes Potenzial. Es ist die Aufgabe des Beraters, die konkreten Risiken der Unternehmen aufzuzeigen und vor allem neben der Geschäftsleitung insbesondere auch den IT-Verantwortlichen einzubeziehen. Denn es wird oftmals verkannt, dass es bei der Cyber-Versicherung nicht vorrangig um den Schadenersatz geht, sondern insbesondere die vielfältigen Assistance-Leistungen im Krisenfall im Vordergrund stehen. Gerade in der konkreten Hilfestellung liegt neben dem Transfer des Risikos die Attraktivität von Cyber-Policen.

Hatten der weltweite Hackerangriff durch „Wanna Cry“ im Mai und ähnliche Vorfälle spürbare Auswirkungen auf die Nachfrage nach Cyber-Policen?

Ja, wir spüren einen deutlichen Anstieg der Anfragen zu diesem Thema. Mit jedem weiteren Angriff steigt die Nachfrage, da den Unternehmen dann sehr deutlich wird, wie schnell man selber betroffen sein kann. Nicht zuletzt deshalb werden wir das Produktangebot ausbauen und zügig Produkte für kleine Unternehmen auf den Markt bringen.

Wie steht es denn um den Versicherungsschutz allgemein – sind die KMUs gut aufgestellt?

Auch außerhalb des Bereichs Cyber ist die Versorgung noch ausbaufähig: 45 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen sichern sich mit bis zu drei Versicherungen ab, ein weiteres Drittel besitzt weniger als sechs Policen. Unsere Studie hat auch gezeigt, dass das Risikobewusstsein bei einem Großteil der Unternehmen schon recht ausgeprägt ist. Darauf kann man in der Beratung setzen, gemeinsam mit dem Kunden die konkreten Risiken identifizieren und Lösungen aufzeigen. Das ist zum einen ein sinnvoller Versicherungsschutz, zum anderen sind das aber auch geeignete vorbeugende Maßnahmen.

Gerade zu Beginn der Geschäftstätigkeit und bei starkem Geschäftswachstum sowie Veränderung des Leistungsspektrums und des Produktionsprozesses ist die richtige Absicherung durch einen starken Partner wichtig. Unvorhergesehene Ereignisse werfen das Unternehmen dann nicht aus der Bahn.

Gibt es beim Versicherungsschutz Unterschiede je nach Größe des Unternehmens?

Ja! Die Studie zeigt, dass der Umfang der Risikoabsicherung mit der Größe der Betriebe steigt: Deutlich mehr Versicherungen, nämlich mehr als sechs, sind bei 35 Prozent der größeren Unternehmen mit 201 bis 500 Mitarbeitern zu finden. 36 Prozent besitzen zwischen vier und sechs Verträge mit Versicherungsunternehmen. Bei der Art der Versicherungen dominiert, wie schon in den Vorjahren mit 88 Prozent, die Betriebshaftpflicht-Versicherung, gefolgt von der betrieblichen Gebäude-Versicherung mit 65 Prozent. 38 Prozent haben eine Elektronik-Versicherung, 31 Prozent eine Geschäftsinhalt-Versicherung, 32 Prozent eine Betriebsunterbrechungs-Versicherung und 10 Prozent eine D&O-Versicherung. Gut ein Drittel der KMU – 38 Prozent – geben pro Monat bis zu 500 Euro für den Versicherungsschutz aus. Abgeschlossen werden die Verträge immer noch zum überwiegenden Teil bei einem Vermittler einer Versicherung.

Wie sieht denn der richtige Versicherungsschutz für Startups aus?

Jedes Startup sollte sich bei der Unternehmensgründung auch mit dem Thema Versicherung beschäftigen. Wichtig sind auf jeden Fall die Betriebshaftpflichtversicherung, um sich vor Ansprüchen Dritter zu schützen, und eine Inhalts- und Elektronikversicherung, um die Sachwerte des neuen Unternehmens abzusichern. Mit dem Mobiliar und Laptops kommen schnell hohe Summen zusammen, was viele unterschätzen. Ein Schaden kann hier, insbesondere in der Gründungsphase, aufgrund knappen Kapitals existenzgefährdend sein. Dabei gilt es für den Vermittler und das Startup das richtige Maß zu finden, damit die Versicherungspolice nicht überdimensioniert ist und das Budget unnötig belastet. Wichtig ist eine Police, die mit den Bedürfnissen des Kunden mit wächst. Hier haben wir ein neues, modulares Angebot geschaffen.

… und wie regelmäßig findet eine Überprüfung der eigenen Versicherungen statt?

Leider wird der Versicherungsschutz oft zu selten überprüft: Mehr als jedes zweite KMU – 58 Prozent – führt keinen jährlichen Versicherungs-Check-Up durch. 42 Prozent kümmern sich jedes Jahr um die Überprüfung ihres Versicherungsschutzes, 2015 waren dies noch 46 Prozent. 32 Prozent der KMU nehmen sich alle zwei Jahre Zeit für einen Policen-Check. 15 Prozent kennen das eigene Prüfintervall nicht einmal.

Wir empfehlen die jährliche Überprüfung des Versicherungsschutzes, denn durch Innovationen, neue Anschaffungen oder neue rechtliche Vorgaben ändert sich auch der notwendige Versicherungsumfang.

Was bedeutet es konkret, wenn die eigenen Versicherungen zu selten auf die aktuellen Gegebenheiten hin überprüft werden?

Viele KMUs haben so auf der einen Seite Versicherungen mit veralteten Bedingungswerken, die oft wichtige Punkte, die heute zum Standard gehören, nur sehr begrenzt oder gar nicht enthalten. Auf der anderen Seite haben viele Unternehmen in ihren Verträgen noch eine alte Betriebsbeschreibung oder nicht alle relevante Tätigkeiten aufgeführt. Ebenso sind die Versicherungssummen oft über Jahre nicht angepasst worden. All das kann im Schadenfall sehr ärgerlich, bis hin zu existenzgefährdend, sein.

Das ist im Übrigen kein Phänomen einzelner Branchen, sondern ein branchenübergreifender Missstand, der allerdings Vermittlern gute Ansätze für eine umfassende Beratung und Aufklärung des Kunden bietet. Ein weiterer Trend im Gewerbebereich ist, dass viele Unternehmen mittlerweile ein vielfältiges Produkt- und Dienstleistungsangebot haben. Selbst Kleingewerbetreibende haben immer öfter eine eigene Produktion oder Veredelung für ihre Produkte. Diese Unternehmen umfassend und richtig zu versichern ist anspruchsvoll, mit den richtigen Produkten für solche Mischbetriebe aber auch eine riesige Chance.

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Die Fragen stellte Jenny Müller

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