Hat Ärger mit der eigenen Belegschaft: Ergo-Chef Markus Rieß. Quelle: Pressefoto ergo.com Es passiert nicht allzu oft, dass die Mitarbeiter eines Versicherers gegen die Entscheidung des Managements offen aufbegehren. Doch dieses Problem hat nun die Munich Re-Tochter Ergo. Die Beschäftigten begehren offen dagegen auf, dass der Versicherer seine Leben-Töchter verkaufen will bzw. einen entsprechenden Verkauf zumindest prüft.

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„Belegschaft fühlt sich verraten und verkauft“

Am Freitag hat sich deshalb der Ergo-Betriebsrat in Hamburg zu einer außerordentlichen Versammlung getroffen. Und fand deutliche Worte für die Pläne des Vorstandes, die klassischen Lebensversicherungen mit Garantien an einen externen Dienstleister zu verkaufen.

Das Vorgehen sei „hinterlistig“, heißt es in einer Pressemeldung der Neuen Assekuranz-Gewerkschaft (NAG). Noch vor kurzem habe der Ergo-Vorstand den Beschäftigten versprochen, dass die Ergo Leben erhalten bleibe, und strukturierte die Leben-Tochter um. Dieses Versprechen sei nun gebrochen wurden.

Jahrzehntelange Finanzbeziehungen mit den Kunden der Ergo dürften nicht „wie ein klappriger Gebrauchtwagen an Hedgefonds oder chinesische Investoren verramscht werden“, sagte Tobias Münster, Vorstandsvize der NAG. Der Gewerkschafter kündigte einen „massiven Widerstand“ der Beschäftigten an.

Die Belegschaften fühlten sich beraten und verkauft, erklärt Münster weiter, und warf Ergo-Chef Rieß „fehlende Aufrichtigkeit“ vor. "Käme es zum Verkauf, würde das kürzlich geäußerte "starke Bekenntnis zur Leben Klassik innerhalb der Ergo" den Kapitalinteressen gieriger Finanzjongleure geopfert", so Münster.

Protest: „Ergo Leben – Not for sale!“

Dass die Gewerkschafter es ernst meinen mit ihrem Widerstand, zeigten sie gleich vor Ort. Rund 1.000 Beschäftigte hätten sich laut NAG an einer Protestkundgebung unter dem Motto „Ergo Leben – Not for sale!“ beteiligt. Weitere Aktionen seien ohne Einlenken der Konzernspitze wahrscheinlich.

Ende September hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Ergo derzeit einen Verkauf der Lebensversicherer Victoria sowie der früheren Hamburg-Mannheimer prüfe, die heute als Ergo Leben auftritt. Der Versicherer möchte sich künftig auf Policen ohne Garantien konzentrieren und schreibt über beide Töchter kein Neugeschäft mehr. Gleichzeitig müssen rund sechs Millionen Policen mit Kapitalanlagen in Höhe von rund 56 Milliarden Euro bedient werden und die hochverzinsten Altbestände drücken auf die Geschäftszahlen. Es gebe aber noch keine Entscheidung, ob man die Töchter tatsächlich abstoße. Zu den Interessenten sollen chinesische und britische Investoren sowie US-Hedgefonds zählen (der Versicherungsbote berichtete).

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Die jetzigen Proteste zeigen, dass viele Ergo-Mitarbeiter den Kurs von Konzernchef Markus Rieß nicht mittragen. Rieß hatte dem Konzern ein hartes Sparprogramm verordnet, das den Abbau von 1.800 Stellen vorsieht, auch Standorte werden geschlossen. So will die Ergo bis zum Jahr 2020 jährlich 540 Millionen Euro einsparen. Druck kommt dabei auch von den Aktionären und der Konzernmutter Munich Re. Nachdem die Ergo jahrelang in den roten Zahlen steckte, konnte der Versicherer im zweiten Quartal 2017 erstmals seit langer Zeit wieder ein positives Konzernergebnis von 104 Millionen Euro erwirtschaften (der Versicherungsbote berichtete).

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