Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Es ist beim Kauf oder Verkauf eines Maklerbestandes schon schwer genug, den passenden Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen vom Wert und Preis des Kaufobjektes. Der Käufer möchte möglichst DAS perfekte Unternehmen zu einem niedrigen Preis kaufen. Und der Verkäufer überschätzt mit dem Blick durch die rosarote Brille der Lebensleistung sein Unternehmen.

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Dennoch kommt es oft zu einer Einigung. Findet diese zwischen zwei Maklerkollegen statt, die mehr oder weniger den Kaufvertrag per Handshake abschließen, dann ist meist wenig Problembewusstsein auf beiden Seiten vorhanden. In der Praxis läuft das dann so, dass einer von beiden sich auf die Suche im Internet nach einem Blanko-Kaufvertrag macht. Bei einem Pool, einer Genossenschaft oder einem Maklerkollegen, den man aus den sozialen Medien kennt, wird man dann schnell fündig.

Experten raten zu individuellen Kaufverträgen

Werden Experten für Bestandsverkäufe oder Rechtsanwälte in die Frage des Kaufvertrages einbezogen, dann wird meist schon im ersten Satz der Antwort auf die Notwendigkeit individueller Kaufverträge verwiesen. Nicht selten argwöhnen dann die fragenden Makler, dass der Hintersinn solcher Empfehlung nur das monetäre Interesse der Experten sei.

Es gibt aber ganz objektive Gründe für die Empfehlung zu einem individuellen Kaufvertrag. Erstens ist jeder Fall eines Bestands- oder Firmenverkaufs anders gelagert. Unterschiedliche Gesellschaftsformen, Geschäftsmodelle, fachliche und technische Voraussetzungen machen ebenso individuelle Kaufregelungen notwendig wie die Art und Weise der Mitwirkung des Verkäufers nach dem Verkauf.

Norman Wirth, Rechtsanwaltskanzlei Wirth Berlin, hebt zu den Regelungspunkten in einem Kaufvertrag für einen Bestand oder eine Maklerfirma hervor:

"Für einen Bestandsverkauf ist die Ausarbeitung eines adäquaten und speziellen Kaufvertrages unabdingbar. Mögliche Regelungspunkte sind: Abtretungsvereinbarung, Vertragsgegenstand, Geschäftsgrundlage, Mitwirkungspflichten, Stornorisiko, Freihaltung, Datenschutz, Zahlungsmodalitäten, Gewährleistung oder Wettbewerbsabrede.“

Aus der Erfahrung von fast 150 Bestandsverkäufen und - bewertungen über den Marktplatz für Maklerbestände kann ich beiden Seiten, die einen Vertrag abschließen wollen, nur sehr eindringlich den Rat geben, dass jeder der durch Wirth aufgeführten Punkte viel Potential zu Streit und Auseinandersetzungen nach dem Kauf in sich birgt. Seien Sie deshalb nicht zu laissez-faire. Wir haben für den interessierten Käufer oder Verkäufer eine kleine Fibel „Fachbroschüre – Gewusst wie“ für den interessierten Leser zusammengestellt, in denen Praxistipps zu den wichtigsten Phasen des Kaufs oder Verkaufs aufgelistet werden.

Mehr als 150 Vertragspositionen sind abzuklären

Bei Bestandsverkäufen oder auch dem Verkauf von Anteilen von Maklerfirmen sollten zwischen Käufer und Verkäufer die Verhaltensweisen im Wettbewerbsrecht möglichst klar geregelt werden. Dies gilt beispielsweise auch für den Fall, dass sich Kunden noch nach dem Verkauf an den "alten" Besitzer wenden.

Für diese Situationen sollten klare Regelungen und auch Sanktionen vereinbart werden, da es bei weichen Absprachen für den neuen Bestandsinhaber wirtschaftliche Nachteile (Schaden) aus entgangener Courtage und auch Haftungsprobleme geben kann. Deshalb braucht der Verkäufer individuelle Regelungen, die seine Interessen schützen. Für jeden Fall des Verstoßes gegen die vertraglichen Verpflichtungen kann und sollten deshalb auch Vertragsstrafen vereinbart werden.

Im Laufe der Jahre haben wir beim Coaching von Bestandsverkäufen unsere Sammlung der Detailfragen, die in einen Kaufvertrag gehören oder zumindest geprüft und besprochen werden sollten, ständig erweitert. Eine Checkliste für einen Kaufvertrag einer Makler-GmbH ist inzwischen bei über 150 Prüfpositionen angekommen. Zu den oben genannten kommen beispielsweise noch dazu:

  • Was konkret wird bis wann gekauft ? (Kaufgegenstand)
  • Haftungsregelungen und Prüfergebnis zum VSH-Verlauf (offene Haftungsfälle)
  • Kaufpreis auf welcher Grundlage (Bilanz? Bestandscourtage? Freier Preis?)
  • Art der Kaufpreiszahlung und – besicherung
  • Details zur Firmenfortführung und Verfahrensweise mit Mitarbeitern
  • Informationsübergabe zu den Kunden und Vertragspartnern (Dateien, Akten)

Doppelte Loyalität ist für Rechtsanwälte nicht möglich

Neben zahlreichen inhaltlichen Argumenten für einen individuellen Kaufvertrag gibt es noch ein ganz dickes Pfund, um es etwas profan zu formulieren, was gegen einen gemeinsamen Entwurf eines Kaufvertrages auch aus Kostengründen spricht. Nicht nur Verkäufer und Käufer haben unterschiedliche Interessen. Auch der oder die Rechtsanwälte verfolgen im Interesse ihrer Mandaten unterschiedliche Ziele.

Der Rechtsbeistand eines Käufers wird möglichst konkret alle Regelungen in den Kaufvertrag einbauen, die seine(n) Mandanten vor finanziellen und vertraglichen Nachteilen schützen sollen. Häufig sind deshalb deren Kaufverträge wesentlich umfangreicher und detaillierter. Auf der juristischen Gegenseite ist die Interessenlage meist anders. „Gekauft wie gesehen und bezahlt gleich vor Ort“, würde da am liebsten geschrieben.

Die Vertreter der juristischen Abteilung müssen allein schon aus standesrechtlichem Gebot die Interessen ihres jeweiligen Mandanten umfassend vertreten und sich dafür vollständig einsetzen. Deshalb wird es nicht möglich sein, dass ein Kaufvertrag eines Rechtsanwaltes beide Seiten gleichermaßen vollständig vertritt. Von jedem ein bisschen - ist dann zu wenig.

In so einem Fall eines gemeinsamen und nicht zwischen zwei Rechtsanwälten ausgehandelten Vertragskompromisses kann es dann zu abstrusen Situationen kommen. Wie soll der vertragsaufsetzende Rechtsanwalt sich im Interesse beider Mandanten verhalten, wenn es auf Grundlage des gemeinsamen Kaufvertrages zu Unstimmigkeiten oder Verstößen kommt?

Bei unvollkommenen zweiseitigen Kaufverträgen können in so einem Fall durchaus auch Situationen entstehen, die keine Leistungspflicht aus dem Vertrag mit sich bringen. Unlängst musste dazu in so einem Fall erst ein Richter in Berlin die Mängel eines oberflächlichen Kaufvertrages korrigieren, in dem bei einem Bestandskauf die Frage der Übergabe von Kundendaten auf Grundlage von gültigen Maklerverträgen und damit auch der Vertragsverhältnisse zu den entsprechenden Versicherungsunternehmen nicht klar genug geklärt wurde.

Im geschilderten Fall unterteilte der Richter, dass eine volle Kaufpreiszahlung Zug um Zug erst erfolgen muss, wenn die entsprechenden Maklerverträge mit den Kunden dem neuen Bestandseigentümer datenschutzrechtlich sauber vorgelegt werden. Was zunächst nach einem Urteilsspruch zugunsten des Käufers aussieht, hat aber dennoch eine zweite Seite der Medaille: Vor Gericht wurde noch nicht geklärt, wie mit dem entgangenen Courtagen und damit auch Erträgen umzugehen sein wird. Teil 2 des Verfahrens zum Thema Schadenersatz steht demnach vor der Tür.

Mein Fazit: An einem Kaufvertrag, der individuell zu Ihrem Bestandskauf oder dem Kauf einer Firma passt, sollten Sie nicht sparen. Klare Regelungen für alle Eventualitäten werden Ihnen viel mehr Zeit und Geld ersparen, als Sie investieren müssten, wenn Sie nur mit einem WischiWaschi-Blankovertrag ein paar hundert Euro gespart haben. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung müssen Sie mit einem doppelt und dreifach so hohen Betrag rechnen.

Und dies gilt nicht nur für Kaufverträge, wenn ich an so manche GmbH-Satzung denke. Aber dazu zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle mehr. Später die entsprechenden Diagnosen und Medikamente von Ihrem – AssekuranzDoc.

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