Als Reaktion auf die Pariser Anschläge hat die EU Anfang 2016 unter anderem neue Maßnahmen zum Schutz vor Geldwäsche gefordert. Diese wurden nun in nationales Recht umgesetzt. Am 19. Mai hat der Bundesrat beschlossen die Änderungen am Geldwäschegesetz ohne Übergangsfristen zu beschließen. Als Folge treten die Regelungen unmittelbar mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft – und die war gestern.

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Chaos und Nachbearbeitungs-Forderungen infolge des Geldwäschegesetzes

Die gesamte Versicherungswirtschaft scheint vollkommen überrumpelt. Obwohl bereits seit Mai hätte bekannt sein können, was da auf die Versicherer und ihre Vermittler zurollt, erwischte es Vertriebe und Makler kalt: Erst am gestrigen Tag haben die ersten Versicherer blau direkt informiert, wie sich die neuen Regelungen auf die Annahme von Lebensversicherungsgeschäft auswirken.

Wir haben hier jetzt einige hundert Anträge liegen, für die wir eine Nachbearbeitung beim Makler anfordern müssen. Der muss jetzt nochmal zum Kunden rennen und die Identifikation neu durchführen. Das Problem: Anders als bisher, reicht für die Identifikation nach dem Geldwäschegesetz nicht mehr die Abbuchung von einem einheimischen Konto, also die Erteilung eines Sepa-Mandats. Vielmehr muss der Vermittler die Identifikation des Versicherungsnehmers und aller Bezugsberechtigten persönlich vornehmen.

Stellen Versicherer dies nicht sicher, stehen sie selbst im Risiko, denn ein Verstoß gegen das Geldwäschegesetz ist eine Straftat. Entsprechend groß ist die Verunsicherung seitens der Versicherungswirtschaft, denn auch das BAFin hat sich bislang nicht mit einer konkreten Umsetzungsverordnung zu Wort gemeldet. So muss jeder Versicherer sich im Rahmen seines Risikomanagements überlegen, wie er die Realisierung gewährleistet.

Makler und Maklerpools erhalten Informationen viel zu spät!

Auch wenn ich verstehe, dass der Umsetzungszeitraum die Versicherer kalt erwischt, so ist die Vorgehensweise eine bodenlose Frechheit von den Lebensversicherern. Die Informationen kommen viel zu spät und klar sind die neuen Anforderungen auch nicht in jedem Fall. Rückfragen in den jeweiligen Antragsabteilungen verursachen große Verunsicherung. Die wissen nicht einmal selbst, was sie eigentlich genau brauchen. Gerade einmal 8 von über 80 Lebensversicherungspartnern haben bisher überhaupt ihre Anforderungen formuliert, obwohl die Umsetzung bereits seit gestern notwendig ist.

Es ist die eine Sache, dass man es nicht schafft, die Angelegenheit rechtzeitig zu regeln und wenigstens die eigenen Mitarbeiter zu informieren. Aber dann will auch noch jeder Versicherer etwas anderes! Wie die Vermittler das stemmen sollen, scheint den Herren Vorständen egal zu sein.

Versicherer konnten sich nicht auf gemeinsames Vorgehen einigen

Hier einige Beispiele, wie verschieden die Versicherer mit dem neuen Geldwäschegesetz umgehen: Während die Universa sich mit einer Kopie des Personalausweises begnügt, fordert die LV1871 gleich den Antrag auf einem völlig neuen Antragsformular einzureichen. Auch die Zurich will, dass der Makler jetzt die Daten auf dem Antrag zusätzlich erfasst. Allein da können wir jetzt diverse Anträge wieder an den Makler zurücksenden. Wer bezahlt das eigentlich? Die Standard Life fordert vom Vermittler eine persönliche Unterschrift und einen Firmenstempel auf der Ausweiskopie. Das muss man sich mal vorstellen: Die Versicherer überweisen Millionen jedes Jahr um sich im GDV eine gemeinsame Verbandsarbeit zu leisten. Und dann schaffen Sie es nicht einmal, sich in so einer Frage auf gemeinsame Regelungen zu einigen.

Es bleibt nun den Maklerpools überlassen, für Abhilfe zu sorgen. Es kann eigentlich nicht sein, dass wir jetzt jedem Versicherer einzeln erklären müssen, dass nicht jeder einfach machen kann, was er will. Wir brauchen einen Standard, damit wir Prozesse einrichten können. Da geht es ja nicht nur um Arbeitsersparnis für den Vermittler, sondern auch darum, überhaupt Zuverlässigkeit in der Identifikation sicher stellen zu können! Ich fürchte aber, dass es wieder mal an den Pools hängen bleibt, die Versicherer mit einer Mischung aus Erklärung und Druck zu einem gesunden Mittelmaß zu bewegen. Ich bin das allmählich leid.

Betroffen von den neuen Identifikationsvorschriften sind alle Lebensversicherungsprodukte, sogar die für Geldwäsche denkbar ungeeignete Risikolebensversicherung. Ausgenommen ist zwar die Berufsunfähigkeitsversicherung, jedoch nur, wenn diese mit Beitragsverrechnung kalkuliert wird. Für Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen oder Produkte mit abweichender Überschussverwendung, wie etwa die Investment-BU der Nürnberger oder die Investment-BU der Gothaer, seien ebenfalls die neuen Identifikationsvorschriften zu erfüllen.

Wir müssen in kurzer Zeit 200.000 Euro investieren!

Dabei sind die neuen Identifikationsvorschriften nur die Spitze des Eisberges, da sie unmittelbar das operative Geschäft des Vermittlers betreffen. Weitaus härter treffen den Vermittler die Vorschriften zu den Aufbewahrungs- & Meldepflichten. Auch Mitarbeiterschulungen müssen Makler zu diesem Thema sicherstellen, um sich selbst zu schützen. Denn das Geldwäschegesetz führt bei Verstößen zu schweren Strafen, was man daran sehen kann, dass Verstöße nicht etwa von der Finanzaufsicht, sondern direkt vom Bundeskriminalamt verfolgt werden.

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Hier brauchen Vermittler dringend Unterstützung, werden aber von den Versicherern allein gelassen. Diese konzentrieren sich darauf sich selbst abzusichern. Hier müssen wir jetzt allein investieren, um schnellstmöglich technische Umsetzungen und Schulungen für unsere Partner zu organisieren. Man muss sich das mal vorstellen: Um das LV-Geschäft für die Versicherer zu retten, müssen wir jetzt geschätzt rund 200.000 Euro investieren und das nur, damit uns dann LVRG2 Anfang des Jahres auch noch die Abschlussprovisionen wegnimmt. Man fragt sich allmählich, ob die Lebensversicherer überhaupt noch Interesse daran haben, irgendwelche eigenen Bemühungen zu zeigen, um ihr Geschäftsmodell zu erhalten.

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