Philipp Opfermann, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen© Verbraucherzentrale NRW Wer wird Millionär? Diese Frage stellt auch Günter Jauch in seiner beliebten Quizshow seit Jahren jede Woche aufs Neue. Dabei ist die Antwort doch ganz einfach: Sie!

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Nehmen wir mal vorsichtig an, Sie verdienen monatlich 2.500,00 Euro und dieses über ein Arbeitsleben von 40 Jahren. Da ist die Million schon übertroffen. Und sicher verdient der eine oder andere auch mehr oder arbeitet länger. Wahrlich hohe Summen.

Was passiert mit diesen Millionen? Na, Geld ausgeben ist keine Kunst. Die schöne Wohnung, Essen & Trinken, Möbel, Kleidung, Telefon & Internet, Auto, Apps, Fernseher, Hobbys, Reisen, Altersvorsorge, Versicherungen, Bücher, Zeitungen, Ausbildung, Geschenke, Kunst & Nippes, Hund, Katze, Maus und vieles mehr. Eigene Kinder kosten auch Geld, haben eigene Hobbys, Wünsche, Bedürfnisse. Kurz: das Leben.

Was wäre, wenn...?

Doch was wäre nun, wenn Sie plötzlich aus gesundheitlichen Gründen Ihren Beruf nicht mehr ausüben oder sogar überhaupt nicht mehr arbeiten können? Treffen kann es buchstäblich jeden. Immerhin ist jeder vierte Berufstätige im Laufe seines Berufslebens durch Krankheit oder Unfall von Erwerbs- oder gar Berufsunfähigkeit und den daraus resultierenden finanziellen Folgen bedroht. Und es sind längst nicht mehr nur die „körperlichen Berufe“ betroffen. Krebs und psychische Erkrankungen bilden bei den Ursachen verminderter Erwerbsfähigkeit die mit Abstand größte Gruppe und liegen damit weit vor dem kaputten Rücken und dem schmerzenden Knie.

Was bedeutet das aber im Ernstfall? Für den Fall der Berufsunfähigkeit gibt es für junge Berufstätige keine staatliche Absicherung mehr! Worauf würden Sie aber als erstes verzichten wollen?

Sicherlich werden Sie nicht direkt umziehen wollen. Essen & Trinken sind gesetzt, die Möbel brauchen wir ebenfalls. Wer will schon auf das Auto verzichten – gerade im Krankheitsfall? Würdet ihr noch ins Internet wollen oder mit Freunden telefonieren? Soll der nächste Urlaub mit der Familie gestrichen werden oder die Weihnachtsgeschenke? Kann die Tochter noch mit auf Klassenfahrt? Der Aufbau der eigenen Altersvorsorge darf aber keinesfalls darunter leiden, oder? Muss der Hund das Haus oder der Sohn den Fußballverein verlassen?

Zugegeben, kein angenehmer Gedanke. Deshalb leiden viele Leute und gerade Berufseinsteiger oft unter „Aufschieberitis“ und zögern den Abschluss einer wichtigen Arbeitskraftabsicherung immer weiter raus. Dabei können heute schon Schüler und Studenten einen vollwertigen BU-Schutz bekommen und sich neben den günstigen Beiträgen oft eine vorteilhafte Berufsgruppeneinteilung sichern. Na klar, man fühlt sich gesund und der Gedanke an die eigene Berufsunfähigkeit ist weit weg – und Geld kostet der Schutz auch. Aber das ist gut angelegt, es geht schließlich um Ihr Einkommen, Ihren Lebensstandard und eben um Millionen…

(Berufs-) Klassenkampf!

Der Kampf um bessere BU-Bedingungen wurde lange und hart geführt. Dieser scheint aber von den Versicherungsnehmern gewonnen worden zu sein. Klar, es gibt immer auch noch große Unterschiede und jeder Versicherungsnehmer sollte sich das berühmte Kleingedruckte genau angucken. Berechtigte Kritik, Tests und Untersuchungen wie zuletzt vom Maklerhaus PremiumCircle zeigen immer wieder auch Schwachstellen in aktuellen Bedingungswerken auf (der Versicherungsbote berichtete).

Aber der oft als Verkaufsargument ins Feld geführte „Verzicht auf abstrakte Verweisung“ ist längst Marktstandard und die Berufsunfähigkeit „auf Dauer“ findet man auch nur noch selten in Bedingungen. Man kann trefflich darüber streiten, ob der Vorsatz bei Verkehrsdelikten ein Must-have ist oder ob nicht lieber die Dienstunfähigkeitsklausel „echt“ sein soll (was auch immer jeweils darunter gerade verstanden wird).

Es gibt auf dem Markt gute Versicherungsbedingungen. Und wer sich bemüht oder noch besser professionell beraten lässt, der finden diese auch und für seinen individuellen Bedarf die passenden Produkte.

Vom teilweise sehr guten Bedingungswerk profitieren zu wenig Menschen

Das Problem heute sind also nicht mehr die Bedingungen, sondern der Zugang zu einer qualifizierten Arbeitskraftabsicherung. Vom teilweise sehr guten Bedingungswerk profitieren eben leider zu wenige Menschen. Aufgrund der immer feingliedrigeren Berufsgruppeneinteilung bekommen Notare und andere „Schreibtischtäter“ heute einen hochwertigen Schutz zu geringen Prämien. Nimmt der potentielle Versicherungsnehmer aber statt Stift und Stempel auch mal Schere oder Schippe in die Hand, wird es mit einer Arbeitskraftabsicherung schon eng. Diese wird dann oft unerschwinglich. Die Versicherer picken sich also die guten Risiken artig raus und bieten diesen gute Bedingungen zu guten Konditionen.

Gute Argumente sprechen auch für alternative Absicherungen, allen voran die Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit. Trotz hoher Leistungshürden sind aber auch diese in den schlechteren Berufsgruppen immer noch teuer – und für viele zu teuer. So wird auch dieses Vehikel zur Abfederung der Einkommenseinbuße im Krankheitsfall kaum genutzt.

Eine ganze Generation läuft also demnächst ohne Schutz über Baustellen, Werkshallen und Produktionsanlagen. Hier sind alle Akteure am Markt gefragt!

Gesetz- und Produktgeber müssen sich bewegen

Der Gesetzgeber muss die Rahmenbedingungen schaffen. Der Staat hat sich weitestgehend zurückgezogen, nun muss er wenigstens die Produkte zur Arbeitskraftabsicherung stärker fördern. Beiträge zur Krankenversicherung sind als existenzsichernde Aufwendungen in voller Höhe steuerlich absetzbar. Warum nicht auch die Arbeitskraftabsicherung?! Der Verlust der Arbeitskraft stellt ein existentielles Risiko dar und führt nicht selten auch zur Verarmung. Die „Rürup-BU“ ist seit 2013 theoretisch möglich - hat sich in der Praxis aber als Totgeburt erwiesen. Hier kann man ansetzten und Fehler korrigieren!

Die Produktanbieter müssen sich bewegen und gute und bezahlbare Produkte entwickeln. Irgendwo muss doch auch der körperlich Tätige eine qualifizierte Absicherung zwischen BU und EU finden können, vielleicht mit längerer Karenzzeit oder mit Staffelung angepasst ans Krankengeld. Werdet kreativ und innovativ!

Verbraucherschützer und Medien sollten auch nicht nur über die tragischen und immer noch zu vielen Fälle berichten, in denen der Erkrankte seine BU-Leistung dann eben doch nicht erhält. Es entsteht der Eindruck, eine Absicherung bringe ja eh nichts, „die Versicherung will nur mein Geld und zahlt im Leistungsfall dann doch nicht“. Fatal!

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Schließlich müssen auch die Kunden sich wieder vermehrt und rechtzeitig auf die Suche nach einer Absicherung machen. Lassen Sie sich nicht von Kleingedrucktem abschrecken und kümmern Sie sich! Eine Arbeitskraftabsicherung ist und bleibt wichtig!