Das Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) hat die Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse für unwirksam erklärt mit der Begründung, die Kasse habe das „Darlehen“ (!) des Sparers nicht „vollständig empfangen“. Geklagt hatte ein Ehepaar, das im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über 23.000 DM Bausparsumme abgeschlossen hatte, dessen Guthaben mit 2,5 Prozent verzinst wurde. Der Vertrag war nach Angaben des OLG seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde vom Sparer bisher nicht abgerufen.

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Im Jahr 2015 hatte die Bausparkasse ihrem Kunden den Vertrag gekündigt, gegen die das Ehepaar daraufhin vor Gericht zog. Bereits die gerichtliche Vorinstanz, das Landgericht Karlsruhe, hatte die Kündigung der Bausparkasse als unberechtigt kassiert. In dem jetzt veröffentlichten Urteil schreibt das OLG, „anders als bei vollständiger Ansparung der Bausparsumme stehe der Bausparkasse im vorliegenden Fall ein gesetzliches Kündigungsrecht nicht zu“. Mit anderen Worten. Nur wenn die Bausparsumme voll eingezahlt wäre, dürfte die Bausparkasse den Vertrag kündigen und das Guthaben an den Kunden auszahlen. Und hohe Zinsen sparen, muss man sagen.

Der Bundesgerichtshof hat das letzte Wort

Die Kassen kündigen gut verzinste Verträge nämlich wegen der flachen Zinsen, die niedriger sind als der Habenzins älterer Bausparverträge. Dem OLG Karlsruhe zufolge liegen „die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor, da die Bausparkasse - in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der Darlehensnehmerin - das Darlehen nicht „vollständig empfangen“ habe.“ So argumentiert das Gericht; und weiter: „Vollständig im Sinne des Gesetzes habe die Bausparkasse das Darlehen erst, wenn die Bausparsumme erreicht sei, nicht bereits wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei“.

Die Bausparkasse sei nicht schutzlos. Sie könne ihren Anspruch auf weitere Besparung des Vertrages bis zum Erreichen der Bausparsumme durchsetzen, sagt das OLG. Kommt der Bausparer dieser Verpflichtung nicht nach, so besteht nach den vertraglichen Vereinbarungen ein Kündigungsrecht. Diese Auflage an die Kläger, dass sie weiter in den Vertrag einzahlen müssen, um eine Kündigung zu vermeiden, dürfte die Kunden nicht stören. Schließlich locken weiterhin 2,5 Prozent Habenzins.

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Das Oberlandesgericht Karlsruhe folgt mit seiner aktuellen Entscheidung einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (30.03.2016, Az. 9 U 171/15). Da die Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen bei nicht vollständig angesparter Bausparsumme von den Obergerichten unterschiedlich beantwortet wird, hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Az.: 17 U 185/15).

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