Ein Gastbeitrag von Dr. Annett Kenk

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Steueranreize für Investoren

Insbesondere sollen durch das Gesetz junge Technologieunternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen, die neue Wagniskapitalgeber als Investoren gewinnen konnten, gefördert werden. Denn: Start-ups machen unmittelbar nach ihrer Gründung oft Verluste. Können diese mit späteren Gewinnen steuerlich verrechnet werden, werden Investments in Start-ups reizvoller.

Die Neuregelung gilt aber auch für die Fälle, in denen neue Anteilseigner in eine Gesellschaft eintreten, um die Gesellschaft zu sanieren oder für den Fall dass ein Käufer sämtliche Anteile im Rahmen eines Unternehmenskauf erwirbt.Dr. Annett Kenk ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei CMS in Deutschland.

Derzeit gilt: Treten in eine Kapitalgesellschaft neue Gesellschafter ein und gehen dabei direkt oder indirekt 25 Prozent oder mehr der Anteile auf einen neuen Gesellschafter über, können Gewinne nicht mehr mit Verlusten aus der Vergangenheit verrechnet werden. Noch nicht steuerlich genutzte Verluste können gegenüber dem Finanzamt also nicht mehr geltend gemacht werden, wenn sich die Anteilseignerstruktur verändert. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Käufer eine verlustreiche Gesellschaft erwirbt, Tätigkeiten auf die Gesellschaft verlagert und die erzielten Gewinne mit den vorhandenen Verlusten verrechnet, um Einkünfte steuerfrei zu vereinnahmen. Enge Ausnahmen können für Konzerne gelten oder dann, wenn Vermögenswerte geschaffen wurden, die in der Bilanz nicht abgebildet sind. Diese bisherigen Ausnahmen helfen gerade Start-ups nicht, denn sie sind zu jung, um Vermögenswerte geschaffen zu haben und sie sind meist nicht Teil eines Konzerns.

Welche Änderungen das Gesetz vorsieht

Nach dem neuen Gesetzentwurf kann nun unter Umständen aber der Verlustvortrag erhalten bleiben, um die Steuerlast der Gesellschaft bei späteren Gewinnen zu senken. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die alten Verluste erhalten bleiben und mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden können, wenn der Geschäftsbetrieb fortgeführt wird. Diese Voraussetzung hat sowohl eine vergangenheitsbezogene als auch eine zukunftsbezogene Komponente. Die vergangenheitsbezogene Komponente besagt, dass der Geschäftsbetrieb mindestens drei Jahre vor dem Wirtschaftsjahr des Gesellschafterwechsels oder - soweit die Gesellschaft noch nicht drei Jahre bestanden hat - seit Gründung der Gesellschaft unterhalten worden sein muss.

Für die Zukunft gilt, dass der Geschäftsbetrieb fortzuführen ist und zwar ohne zeitliche Begrenzung, also jedenfalls solange bis dieser Verlustvortrag verbraucht ist.

Darüber hinaus zählt der Gesetzgeber abschließend die Umstände auf, wann der Geschäftsbetrieb nicht mehr fortgeführt wird und als eingestellt gilt:

  • Der Geschäftsbetrieb wird ruhend gestellt;
  • der Geschäftsbetrieb wird einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt;
  • die Körperschaft nimmt einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb auf;
  • die Körperschaft beteiligt sich an einer Mitunternehmerschaft;
  • die Körperschaft übernimmt die Stellung eines Organträgers;
  • die Körperschaft erhält Wirtschaftsgüter, die sie zu Buchwerten oder einem geringeren als den gemeinen Wert ansetzen kann.

Mit Eintritt eines der oben genannten Ereignisse gehen die alten Verluste unter und damit auch die Chance, die Steuerlast der Gesellschaft zu senken, es sei denn, im Betriebsvermögen der Gesellschaft sind Vermögenswerte vorhanden, die in der Bilanz nicht abgebildet sind. In Höhe der stillen Reserven können zukünftige Gewinne weiter mit diesen Verlusten verrechnet werden.

Neu ist auch der Begriff "Geschäftsbetrieb", den der Entwurf skizziert mit "nachhaltigen, gegenseitig sich ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft, welche von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragen werden". Diese Definition wird nun mit Leben zu füllen sein. Grundsätzlich sollte der Begriff weit auszulegen sein, so dass nicht jede unwesentliche Veränderung des Geschäftsbetriebs schädlich ist.

Auch der Gesetzeswortlaut geht in der Gesetzesbegründung von einer Wesentlichkeitsgrenze aus. Die Begründung des Entwurfs benennt als steuerschädlich einen Branchenwechsel, der zum Beispiel sich jedenfalls dann manifestieren solle, wenn der satzungsgemäße Unternehmensgegenstand geändert werde. Würden also die Gesellschafter den Unternehmensgegenstand von Halten und Verwalten von Immobilien in An- und Verkauf von Konsumgütern ändern, wären die alten Verluste verloren.

Eine solche Wesentlichkeitsgrenze wäre auch zum Beispiel bei der schädlichen Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft wünschenswert. Denn es ist nicht gerechtfertigt, dass bei einer geringfügigen und nicht ins Gewicht fallenden Beteiligung der Verlustvortrag insgesamt entfällt.

Formale Anforderungen beachten

Die Anwendung des neuen Gesetzes ist antragsgebunden. Der Antrag ist im Rahmen der Steuererklärung zu stellen, welche für den Veranlagungszeitraum zu fertigen ist, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag ist vorrangig vor den weiteren zukünftigen Verlusten und Verlustvorträgen mit Gewinnen verrechenbar. Es wird also in Zukunft mehrere Verlustvortragstöpfe geben, die nicht zu vermengen sind.

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Das Gesetz soll bereits rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft treten und könnte noch dieses Jahr beschlossen werden.

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