"Wir haben entschieden, dass in den kommenden Jahren ein deutschlandweiter Autoservice aufgebaut wird", sagt HUK-Vorstand Klaus-Jürgen Heitmann. Zu den bisherigen Partnern des Pilotprojekts zählten unter anderem Betriebe in Köln-Porz, Bonn und Königswinter: Mit diesen wurden Dienstleistungen zu Festpreisen ausgehandelt. Man munkelt, die Preise würden zwanzig bis dreißig Prozent unter denen der Markenbetriebe liegen. So bewegen sich die Kosten für eine Inspektion zwischen 199 und 299 Euro, in Abhängigkeit der Größe des Fahrzeugs. Eine Haupt- und Abgasuntersuchung im Paket ist für 79 Euro plus zehn Euro Vorabscheck zu haben und ein Räderwechsel für 19 Euro, wie der Generalanzeiger Bonn aufführte.

Mittelstand befürchtet gnadenlosen Preiskampf

Damit leitet die HUK den nächsten logischen Schritt ihrer Weiterentwicklung der bestehenden Partnerschaften mit den Werkstätten ein. Die Diskussion über das Thema ist nicht neu, der Versicherungsbote berichtete, jetzt wird sie konkret. Über die Schadenlenkung von Unfallreparaturen erstreckt sich ein nunmehr bundesweites Netz aus über 1.400 kooperierenden Unternehmen. Mit dem neuen Angebot des Service-Select tritt die HUK, als zweitgrößter Player der KFZ-Versicherung hinter der Allianz, auf den Markt, wo er mit seinem enormen Kundenpotenzial von rund 10 Millionen Kunden einigen Wirbel machen wird.

Die mittelständischen Kfz-Werkstätten fürchten sich damit wahrscheinlich zu Recht vor einem Preiskampf, weshalb sie jetzt schon Alarm schlagen. Der Sprecher des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Ulrich Köster, sagte: "Ganz allgemein beobachten wir einen ruinösen Wettlauf der Versicherer um die geringsten Schadenkosten", weshalb man jedem Kfz-Betrieb nur raten könne, genau zu prüfen, ob sich eine Kooperation mit der HUK-Coburg überhaupt lohnt. Der Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) nämlich zeigt sich hier skeptisch: "Ich glaube nicht an einen wirtschaftlichen Erfolg dieses Projektes", sagt Vorstand Ansgar Klein.

Unternehmen, die diese Erweiterung bereits praktizieren, sind unter anderem Boya in Hildesheim oder jüngst das Unternehmen Mengel in Berlin, hier wurde in den K+L-Betrieb auch ein Bosch Car Service einbezogen. Gleichzeitig müssen Fahrzeugserviceangebote von Versicherungsunternehmen zum Teil auch als eine Abwehr der Automobilindustrie und Autobanken betrachtet werden, da diese ihren Anteil an Versicherungen beim Fahrzeugverkauf in jüngster Zeit kontinuierlich ausbauen konnten. "Wir sind in dem Bereich 2014 um sieben Prozent gewachsen", bestätigt ein Sprecher des Arbeitskreises Autobanken. Indem die Versicherer den Spieß nun umdrehen, erhöhen sie den Wettbewerbsdruck. Das aber sei "ein Vorteil für alle Verbraucher", sagte Heitmann.

ZDK findet das Vorgehen der HUK bedenklich

Die HUK Coburg will mit ihrem Angebot einen Mehrwert für ihre Autokunden schaffen, denn erheblich günstiger als die Abrechnung in markengebundenen Betrieben seien die neuen Festpreise. Mit dem Preisvorteil will man eine engere Kundenbindung und Kundenwerbung erzielen. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) hält allerdings nicht besonders viel von dem neuen Vorstoß der HUK. Der Verband äußerte seine Bedenken, es würde sich hier um eine unzulässige Preisbindung handeln und bat das Bundeskartellamt um eine entsprechende Überprüfung. „Während beim Steuern von Unfallschäden in Partnerbetriebe wenigstens noch ein Sachzusammenhang mit der Versicherungstätigkeit zu erkennen ist, kann davon hier keine Rede mehr sein. Offensichtlich geht es vor allem um einen zusätzlichen Lockreiz im Wettbewerb mit anderen Versicherern. Wenn die HUK mit ihren Plänen die Autohersteller im Visier hat, die ihren Kunden Autoversicherungen anbieten, trifft sie mit den Werkstattplänen die Falschen, nämlich die Kfz-Betriebe."

Und weiter: "Bereits heute gibt es einen massiven Wettbewerbsdruck im Service. Der Umsatz im Servicegeschäft ist im vergangenen Jahr erstmals seit dem Jahr 2002 wieder zurückgegangen, und zwar bundesweit um 3,4 % auf 29,9 Mrd. Euro. Dazu hat auch das Schadenmanagement der Versicherer und Flottenbetreiber beigetragen. Am Ende fehlt der erforderliche Ertrag, um in die notwendige Weiterbildung der Mitarbeiter sowie in die modernste Werkstattausrüstung für die sich rasant entwickelnde Fahrzeugtechnik zu investieren."

Der Druck auf die Werkstätten sei noch nie so hoch gewesen wie derzeit, klagt der ZDK als Interessenvertretung der deutschen Autohändler und Werkstätten. Wenn die HUK-Coburg nun mit ihrem Projekt Erfolg habe, werden andere Versicherer wie beim Schadenmanagement nachziehen. "Das wird sich nachhaltig negativ auf das Servicegeschäft und damit auf zahlreiche Kfz-Betriebe auswirken. Extreme Rabattierungen von Werkstattleistungen gefährden die wichtigste Ertragssäule der Betriebe und damit deren wirtschaftliche Existenz in hohem Maß. Daher empfiehlt der ZDK jedem Kfz-Betrieb genau zu prüfen, ob vertragliche Bindungen in diesem Zusammenhang wirtschaftlich vertretbar sind“, so ZDK-Pressesprecher Ulrich Köster gegenüber dem Portal Fahrzeug-und-Karosserie.de.

Kostenersparnis verursache untragbare Kollateralschäden

Denn „nach unserem Kenntnisstand", so ZKF-Präsident Peter Börner, "will die HUK ihren vorhandenen Unfall-Partnerwerkstätten zusätzliche Aufträge im Bereich Service und Wartung vermitteln. Jeder Betrieb, egal ob markenunabhängige oder Marken-Werkstatt, muss entscheiden, ob sie diese zusätzlichen Aufträge haben möchte und ob sie diese mit ihren technischen und handwerksrechtlichen Voraussetzungen abarbeiten kann. Sollte diese Auftragslenkung gelingen, wird es Gewinner und Verlierer geben. Die bisher vom Autofahrer gewählte Werkstatt für Service und Wartung wird in nicht wenigen Fällen eine andere sein als diejenige, die die HUK Coburg in ihrem Partnernetzwerk hat. Insoweit ist es zu erwarten, dass es zu einer Verschiebung des Service- und Wartungsmarktes kommt, wie es bereits in der Unfallreparatur stattgefunden hat".

Die Reparaturwerkstätten gerieten weiter unter Preisdruck, so Börner gegenüber dem Kfz-Fachportal, denn diese neue Dienstleistung könne nur mithilfe eines transparenten Preisvorteils für den Kunden erfolgreich am Markt platziert werden. Für die Partnerwerkstätten des Versicherers bedeute das, dass die gelenkten Aufträge zusätzlich kommen, "was für diese zwar zu mehr Umsatz, aber durchaus zu weniger Ertrag führen kann". Mit anderen Worten: Die Werkstätten haben mehr Aufträge, aber Umsatz- und Ertrag gehen schlimmstenfalls zurück. "Dieser Entwicklung stehen wir seit langer Zeit kritisch gegenüber, denn er schwächt auf Dauer die handwerklichen Reparaturleistungen in den Werkstätten. Deshalb appelliere ich unermüdlich an die Versicherer, weiterhin auskömmliche Stundenverrechnungssätze zu zahlen". Andernfalls könnten die Werkstätten nicht mehr ausreichend aus- und weiterbilden sowie in neue Technik investieren.

Generalanzeiger Bonn, fahrzeugundkarosserie.de, rp-online.de