Betriebsrente: Kleinvieh macht auch Mist
Kürzlich haben bAV-Experten 60 Euro als monatlichen Arbeitgeber-Zuschuss für die Betriebsrente vorgeschlagen. Die nachfolgenden Diskussionen dazu sind letztlich nur Lobby-Politik. Und weit, weit weg vom Bürger - und von seinem Finanzberater. Daher soll das komplizierte Thema Betriebsrente hier einmal auf diese einfache Frage reduziert werden: Wie viel bringen „Mini“-Zuschüsse heute dem Rentner von morgen?
Zurzeit positionieren sich Gegner und Anhänger im Diskurs um verschiedene Zukunftsmodelle zur Betriebsrente (bAV). Verkürzt gesagt stellt sich die Versicherungslobby gegen das Tariffonds-Modell von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Die Ministerin will eigene Versorgungswerke (gar Monopole?) der Tarifpartner. Dagegen hat die Arbeitsgemeinschaft für die bAV, kurz Aba, kürzlich ihr Zuschussmodell gesetzt: Vor allem sollen dabei 60 Euro Monatszuschuss in die bAV fließen. 20 Euro davon soll Vater Staat den Chefs erstatten.
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Sind 40 Euro Zuschuss wenig?
Damit an dieser Stelle nicht über die Finanzierbarkeit eines Staatszuschusses gestritten werden muss, verzichten wir. Und rechnen im Folgenden mit 40 Euro pro Monat; als würde demnächst jeder Arbeitgeber seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit diesem Betrag bei der Zusatzrente unter die Arme greifen. 40 Euro sind doch nur Kleinvieh, oder?
bAV-Themen offenbaren Wissenslücken bei der gesetzlichen Rente
Kürzlich fragte ein Versicherungsmakler in einer Diskussion, ob sich 40 Euro Arbeitgeberzuschuss bei bAV überhaupt lohnen. Ganz konkret wurde der Fall eines jungen Handwerkers angeführt, dem der Chef monatlich 40 Euro für eine Pensionskasse dazu gibt. Rentenbeginn sei Alter 65; Vertragsdauer 40 Jahre. Ein Blick in die Police ergab eine garantierte Rente von 87 Euro pro Monat. Im Folgenden noch gar nicht berücksichtigt: Dieser Wert könnte durch „Überzins“ noch steigen.
87 Euro Zusatzrente ersparten drei Jahre Rentenbeiträge
Ein Makler kommentierte n der Diskussion über bAV-Zuschüsse, 87 Euro Betriebsrente seien im Alter „zum Sterben viel und zum Leben zu wenig“. Wirklich? Immerhin entsprechen 87 Euro Rente ziemlich genau drei Entgeltpunkten (West) in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Hierfür hätte der betreffende Handwerker drei Jahre lang und jeden Monat rund 2.900 Euro brutto verdienen müssen. Wenn er Arbeit hatte, das ist wichtig (siehe Grafik).
bAV-Zuschuss kann Arbeitslosigkeit oder Krankheit ausgleichen
Auch wenn die Lebensarbeitszeit, den Sonderfall der Rente mit 63 einmal ausgenommen, seit Einführung der Rente mit 67 wieder steigt: Viele Arbeitnehmer können in späteren Jahren gar nichts mehr in die Rente einzahlen, schlicht weil sie krank oder arbeitslos sind. Wie oben beschrieben: In diesem Falle würden scheinbar geringe 87 Euro aus bAV drei wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit ausgefallene Beitragsjahre komplett ausgleichen.
bAV-Vorteil für Geringverdiener
Das vorstehende Beispiel wurde für einen Durchschnittsverdiener (West) gerechnet und bezieht sich auf monatlich rund 2.900 Euro Bruttolohn (= 1,0 Entgeltpunkte bei der gesetzlichen Rente). Viele Handwerker verdienen weniger: 2.200 Euro brutto entsprechen lediglich gut 0,75 Entgeltpunkten. Umgekehrt bedeutete dies, dass 87 Euro Zusatzrente „vom Chef“ sogar vier (!) Beitragsjahre und entsprechende Rentenausfälle wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit ersetzten.
Fazit: Auch scheinbare Minizuschüsse bei der bAV haben eine große Wirkung, weil sie letztlich eventuelle - und meist nicht planbare - Rentenausfälle ausgleichen können.
Rechenhilfe für Berater: Wie viele Rentenbeitrags-Jahre ersetzt die bAV-Leistung? Um dies zu ermitteln, muss der Berater lediglich den jährlichen Zuwachs bei der gesetzlichen Rente des Kunden berechnen (siehe Grafik). Im Beispiel kamen je Rentenbeitragsjahr 29 Euro heraus. Die Betriebsrente waren 87 Euro: 87 geteilt durch 29 = 3 Jahre. Bei Ihrem Kunden: Einfach mit dessen Zahlen berechnen.
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