Bei den 363 Beschwerden handelt es sich mehrheitlich um Schlichtungsverfahren gegen Versicherungsmakler, berichtet Ombudsmann Günter Hirsch im Interview mit dem GDV. Ausschließlichkeitsvertreter werden hingegen im Rahmen der Unternehmensbeschwerden erfasst und nicht separat ausgewiesen. Eine Aussage, ob sich der Versicherungsvertrieb insgesamt verbessert habe, sei deshalb schwer möglich. Einschließlich Versicherungen erreichten den Ombudsmann insgesamt 18.740 Beschwerden.

Beratungsfehler häufigster Grund für Beschwerden

Häufigster Grund für Vermittlerbeschwerden sei ein Beratungsfehler, erklärt Günter Hirsch weiter. Beispielsweise wurde das falsche Produkt verkauft oder es wurde gegen die Dokumentationspflichten verstoßen. Ein kleiner Teil beschäftige sich auch mit individuellem Fehlverhalten. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Makler ihre Kunden beschimpfen, weil nach einem Beratungsgespräch kein Vertragsabschluss zustande kam. „Der Ärger des Kunden ist verständlich, aber das Verhalten des Maklers ist rechtlich nicht angreifbar“, so Hirsch.

Schlichtungsverfahren gegen Versicherungsmakler schwieriger

Günter Hirsch verweist darauf, dass ein Schlichtungsverfahren gegen Makler und ungebundene Vermittler grundsätzlich schwieriger durchzusetzen ist als gegen Versicherungen.

„Bei Unternehmensbeschwerden habe ich deutlich mehr Kompetenzen", erläutert der Jurist. "Die Versicherer sind Mitglieder der Schlichtungsstelle, die als Verein organisiert ist. Damit unterwerfen sie sich der Vereinssatzung und unserer Verfahrensordnung. Das heißt, dass ich bis zu einem Streitwert von 100.000 Euro zuständig bin, bis 10.000 Euro kann ich sogar verbindlich gegen das Unternehmen entscheiden.“ Zudem sei für die Dauer des Verfahrens die Verjährung unterbrochen.

Bei Vermittlerbeschwerden ist das jedoch anders. „Die Zuständigkeit für diese Fälle hat mir der Gesetzgeber übertragen. Das Regelgerüst des Vereins steht mir nicht zur Verfügung, weil Vermittler nicht Mitglied der Schlichtungsstelle sein können. Ich kann also die Fälle nur rechtlich bewerten und eine Lösung vorschlagen. Diese ist aber unverbindlich“, so Hirsch. Ein Makler muss das Urteil folglich nicht akzeptieren. Die geringeren Erfolgsaussichten lassen vermuten, dass mehr unzufriedene Kunden gleich den Klageweg wählen.

Beratungsprotokoll oft nicht aussagekräftig

Skeptisch bewertet Günther Hirsch die Frage, ob mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsprotokoll Falschberatungen deutlich eingeschränkt oder ganz vermieden werden können. „Ich hatte mal einen Extremfall, der in der Form selten ist. Auf die Frage nach der gewünschten Absicherung war im Protokoll festgehalten: ‚Optimale Absicherung‘. Unter Vorschlag des Vermittlers stand erneut: ‚Optimale Absicherung‘. Es folgte unter ‚Empfohlenes Produkt‘: ‚Wie gewünscht‘. Der Fall zeigt, dass gerade in den für Kunden entscheidenden Punkten das Protokoll mitunter vage bleibt.“

Auf die Frage, ob es strukturelle Fehler in der Versicherungsbranche gebe, antwortet Hirsch, viele Probleme und Schwachstellen seien noch die gleichen wie zu Beginn seiner Amtszeit. Das wirtschaftliche Umfeld sei sogar schwieriger geworden. "Auf der anderen Seite haben wir es heute mit einer wachsameren Öffentlichkeit zu tun. Einige Skandale der Vergangenheit sind so nicht mehr vorstellbar."

GDV.de