In städtischen Räumen siedeln sich sehr viel mehr Ärzte an, als auf dem Lande. Diese „Fehlverteilung“ der haus- und fachärztlichen Versorgung nehme noch zu, so eine Studie zur Entwicklung im Gesundheitswesen, die der Bundesregierung als Unterrichtung vorgelegt wurde. Im stationären Bereich gebe es ein Überangebot an Versorgungskapazitäten. Daneben stehen ein „nennenswerten Anteil defizitärer Häuser“ vor der Herausforderung, ihre wirtschaftliche Existenz sicherzustellen.

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Landarztzuschlag und „Muss-Regelung“

Um dem sich verschärfenden Ärztemangel im ländlichen Raum zu begegnen, schlagen die Experten die Einfährung eines „Landarztzuschlags“ vor. Dieser würde für Gegenenden mit einem Versorgungsgrad von unter 90 Prozent für Hausärzte beziehungsweise von unter 75 Prozent für Fachärzte gelten. Der Vergütungszuschlag könnte für zehn Jahre in Höhe von 50 Prozent auf alle ärztlichen Grundleistungen (hausärztliche und allgemein fachärztliche Versorgung) sowie der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung garantiert werden. Die Zuschläge sollten automatisch wirksam werden und für die Versicherten kostenneutral sein, weil sie von jenen Medizinern mitfinanziert würden, die nicht in unterversorgten Gebieten arbeiten, heißt es in den Empfehlungen.

Auch ergänzende Maßnahmen zum Abbau der Überversorgung müssten ergriffen werden. Die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vorgesehene „Soll“-Regelung zum Aufkauf freiwerdender Arztsitze bei Überversorgung wird dabei von den Experten begrüßt. Darüber hinaus schlagen sie vor, in Gebieten mit einem Versorgungsgrad ab 200 Prozent den Aufkauf freiwerdender Arztsitze durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) im Gesetz verpflichtend zu machen („Muss-Regelung“). Die Gruppe der Psychotherapeuten sollte davon ausgenommen sein, bis geeignete Kriterien zur Bedarfsplanung vorlägen und die tatsächliche Versorgungslage besser erfasst werden könne. Unterhalb eines Schwellenwertes von 75 Prozent bei Hausärzten und ebenfalls 75 Prozent bei Fachärzten sollte der Auftrag zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung nicht mehr von den Kassenärztlichen Vereinigungen, „sondern ebenfalls von den Ländern wahrgenommen werden können“. Diese sollten dabei auf Ausschreibungen zurückgreifen.

Stellenwert von Allgemeinmedizin und Pflege stärken

Der Stellenwert Allgemeinmedizin sollte praktisch wie auch an den Universitäten gestärkt werden, so die Sachverständigen. Anstellungen an einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und familiengerechte Arbeitszeiten könnten Arbeitsbedingungen verbessern. An medizinischen Fakultäten sollte in den Studienplänen die Allgemeinmedizin ausgebaut werden. Auch mehr Studenten aufzunehmen und zu fördern, die sich für eine Arbeit in ländlichen und unterversorgten Gebieten interessieren, ist ein Vorschlag.

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Die pflegerische Langzeitversorgung in Deutschland habe hinsichtlich von Qualität und Nachhaltigkeit „noch kein befriedigendes Niveau erreicht“. Nötig seien der „Ausbau und eine Ausdifferenzierung der pflegerischen Versorgung“. Um den Fachkräftemangel zu beseitigen, müsse die Pflegeausbildung reformiert und ausgeweitet werden. Es sei überdies notwendig, die Attraktivität der Pflege zu steigern und „neue Karrieremöglichkeiten zu eröffnen“. Dazu gehöre die Einrichtung von Studiengängen mit Pflegeschwerpunkt und der Ausbau pflegewissenschaftlicher Standorte. Ferner müssten die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung besser werden. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen sei der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff „unverzüglich einzuführen“.

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