Um den Hebammenberuf ist es in Deutschland nicht gut bestellt. Seit Jahren steigen die Haftpflichtprämien für BerufshelferInnen in einem fast absurden Ausmaß, während die Entlohnung sehr zu wünschen übrig lässt.

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Das Jahreseinkommen von selbstständigen Hebammen beträgt nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes e.V. magere 14.000 Euro im Schnitt. Die Haftpflichtkosten aber explodieren. Zahlten Hebammen 2004 noch 1352 Euro für die Versicherung, werden es ab Juli 2014 schon 5091 Euro sein.

Die Berufsverbände schlagen Alarm: Immer mehr Hebammen müssten ihren Job aufgeben. Von 18.000 freiberuflichen Hebammen deutschlandweit seien nur noch 3.000 überhaupt bereit, Hausgeburten durchzuführen. Eine flächendeckende Geburtshilfe-Versorgung sei damit nicht gewährleistet.

74 Prozent der Mütter sagen: „Ich brauche und nutze Hebammenarbeit“

Dass jedoch viele Mütter Hebammen brauchen und ihre Dienstleistungen nutzen, zeigt eine aktuelle Umfrage auf dem Onlineportal Babyclub.de. Das Familienmagazin hat seine Leserinnen gefragt, „Welche Hebammenleistungen nehmt ihr in Anspruch und wie wichtig ist für euch Hebammenarbeit?“ Das Ergebnis fiel deutlich aus. 74 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen sagten: „Ich finde Hebammenarbeit sehr wichtig und nutze alle Leistungen!" Weitere 22 Prozent finden Hebammenarbeit ebenfalls wichtig, nutzen jedoch nicht alle Leistungen.

Die Leistungspalette der Hebammenarbeit umfasst dabei ein sehr breites Spektrum. Von Vorsorge über Hebammenkurse bis hin zu Wochenbettbetreuung und der Hilfe im Umgang mit Neugeborenen sind Hebammen an der Seite der Mütter. Lediglich vier Prozent der Befragten antworteten, dass sie keine Hebamme brauchen. An der nicht repräsentativen Befragung nahmen insgesamt 525 Frauen teil.

Steigende Haftpflichtprämien belasten Hebammen

Haben die freiberuflichen Hebammen schon unter den hohen Haftpflichtkosten zu leiden, so werden sie zum 01. Juli um weitere 20 Prozent steigen. Die Berufsverbände warnen, dass dann noch mehr Hebammen ihren Job aufgeben müssen. Denn ohne Haftpflicht ist es den Hebammen nicht gestattet, ihren Beruf weiter auszuüben – und das finanzielle Risiko wäre auch zu hoch.

Doch die Versicherer scheuen das Risiko, Hebammen Schutz zu bieten. Nachdem im Februar die Nürnberger Versicherung angekündigt hatte sich zurückzuziehen, wäre mit der Bayrischen Versicherungskammer nur noch ein Anbieter auf dem schwierigen Markt verblieben. Denn auch die Kosten für den einzelnen Haftungsfall sind in den letzten Jahren explodiert. Auf bis zu 2,6 Millionen Euro schätzt der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) die Summe, die nach einem Geburtsfehler für Leistungen wie Schmerzensgeld, lebenslange Weiterbehandlung und Medikamente bezahlt werden muss.

Zwar konnte ein Kompromiss zwischen Hebammen-Verbänden und der Nürnberger Versicherung erzielt werden, so dass der Anbieter vorerst weiterhin die Haftpflicht übernimmt. Zudem hat sich die Bundesregierung bereit erklärt, Hebammen mit wenigen Geburten Kassenzuschüsse zu gewähren, um die steigenden Haftpflichtkosten aufzufangen. Aber all das sind nur Übergangslösungen, die an dem Grundproblem -schlechte Bezahlung und hohe Haftung- nicht viel ändern.

Neue Petition fordert mehr Engagement der Politik

Aufgrund der schwierigen Situation fordert nun erneut eine Petition mehr Engagement der Politik für Hebammen. Initiatorin ist Michaela Skott, freie Journalistin aus Schwerin und selbst zweifache Mutter. 50.000 Unterschriften müssen bis zum 5. Juli gesammelt werden, damit sich der Bundestag mit der E-Petition befasst. Skott will unter anderem eine Neuordnung des Vergütungssystems sowie eine Geburtsbegleitung im Schlüssel von 1:1 erreichen.

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Es ist der zweite Vorstoß dieser Art innerhalb weniger Monate, nachdem bereits die Autorin Anke Bastrop auf der Plattform "Change.org" über 133.700 Unterschriften für Hebammen sammelte. Dank ihres Engagements wurde das Ziel einer flächendeckenden Geburtshilfe-Versorgung in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Und das nicht ohne Grund: Es ist ein Menschenrecht, dass Mütter Geburtsort und -begleitung frei wählen können. Dies sichert Artikel 8 der Menschenrechtskonvention zu.

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