Dabei sind gerade Genussscheine keine Witwen- und Waisenpapiere sondern eine sehr riskante Anlage, wie der Heidelberger Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Mathias Nittel, der geschädigte Anleger vertritt, betont: „Bei Genussscheinen kann die vereinbarte Rendite ausbleiben, es gibt keine Absicherung durch Einlagensicherungseinrichtungen und im Insolvenzfall muss der Anleger mit Verlusten, bis hin zum Totalverlust seines investierten Geldes rechnen, wie aktuell der Fall PROKON zeigt.“ Darüber hinaus haben die Anleger weder Kontroll-, noch Mitspracherechte. Für Fachanwalt Nittel ist daher nicht nachvollziehbar, wenn Genussscheine von einigen Marktteilnehmern als Tages- oder Festgeldersatz angeboten werden.

Irreführung durch besonderes Herausstellen hoher Rendite

Bei der Beratung von Kunden zu Genussscheinen muss es daher um mehr gehen, als nur um die Rendite, so der Anlegeranwalt. Die Produktinformation zu einem Wertpapier – um ein solches handelt es sich auch bei einem Genussschein – muss eindeutig und ausgewogen sein. Je stärker die Vorteile des Genussscheins in Werbung oder Beratung herausstellt werden, desto umfassender müssen auch die Risiken benannt werden. Anwalt Nittel: „Es genügt nicht, beispielsweise im Internet überwiegend die Vorteile eines Genussscheins wie die hohe Rendite anzupreisen und darüber hinaus auf den Emissionsprospekt oder andere Dokumente zu verweisen und zu verlinken, in denen dann die Risiken dargestellt werden.“ Dementsprechend hat das OLG Nürnberg in seiner nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 15. April 2014 (3 U 2124/13) die Werbung der Umweltbank für Genussscheine eines Solarparks als irreführend eingestuft.

Risikoeinstufung von Genussrechten problematisch

Auch der Risikoeinstufung durch die Banken kommt nach Ansicht von Fachanwalt Nittel eine besondere Bedeutung zu: „Meines Erachtens führt es Anleger in die Irre, wenn ein Genussscheins, dem immer auch ein Totalverlustrisiko innewohnt, in eine mittlere Risikoklasse eingestuft wird.“
Gerade dann, wenn neben den Genussrechten weitere Verbindlichkeiten wie beispielsweise Kredite bestehen, droht im Falle des wirtschaftlichen Scheiterns des Projekts der Verlust des Anlegerkapitals. „Die Ansprüche von Genussscheininhabern werden im Insolvenzfall grundsätzlich nachrangig berücksichtigt, sie gehören also zu den Letzten, die, wenn alle bevorrechtigten Gläubiger befriedigt sind, noch auf Auszahlungen hoffen können, was“, so Nittel, „nur in wenigen Fällen vorkommt“.

War die Empfehlung, in einen Genussschein zu investieren, für mich richtig?

Angesichts der hohen Risiken, die mit der Investition in einen Genussschein verbunden sind, stellt sich für zahlreiche Anleger die Frage, ob die Investitionsempfehlung richtig war. „Entspricht dieses Papier tatsächlich meiner Risikobereitschaft, oder ist es eigentlich zu riskant für mich? Bin ich nur mit Renditeerwartungen gelockt und über Risiken im Unklaren gelassen worden? Dies sind Fragen, die mir von Mandanten gestellt werden, denen zur Investition in Genussrechte geraten wurde“, berichtet Anwalt Nittel. Viele Anleger, mit denen er gesprochen hat, „sind sehr überrascht, wenn sie von den Risiken erfahren“. In solchen Fällen muss sehr gründlich geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, die Anlage im Wege des Schadenersatzes wirtschaftlich rückabzuwickeln.

Schnelles Handeln, wenn Zinszahlungen ausbleiben

Wenn die vereinbarten Zinszahlungen überraschend ausbleiben, sollten Anleger schnell handeln, rät Anwalt Nittel: „Ausbleibende Zinszahlungen sind ein Warnsignal, dass Verlustrisiken bestehen. Möglicher Weise beginnt auch die Verjährung von Schadenersatzansprüchen zu laufen.“ Auch in solchen Situationen sollten sich Anleger an einen erfahrenen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wenden, der mit solchen Anlagen vertraut ist.