Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft beziehen sich im Einzelnen auf fünf konkrete Punkte. Alle fünf Punkte betreffen den Bereich der Vermittlung von Reisen und Flügen bei Unister.

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1. Das sogenannte „Herunterbuchen“

Unister wird vorgeworfen, nach Eingang der Bestellung der Kunden, die Tickets zu einem günstigeren Preis eingekauft zu haben, und diesen Preisvorteil nicht an die Kunden weitergegeben zu haben. Unister bestreitet dieses Vorgehen nicht und verweist darauf, dass es sich um eine in der Branche übliche Praxis des „Herunterbuchens“ handelt. Die Staatsanwaltschaft bewertet das Erzielen eines zusätzlichen Gewinns durch Preisschwankungen als Betrug.

2. Das ungenehmigte Betreiben von Versicherungsgeschäften

Unister hat mit seinem Angebot „Flexifly“ eine Leistung als Versicherung angeboten, ohne dafür eine Zulassung zu besitzen, so lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Unister hatte dieses Produkt durch den Zukauf einer Firma übernommen, der eine Bestätigung der BaFin aus dem Jahre 2002 vorliegt, dass dieser Service keine Versicherungsleistung ist. Laut Unister hat die BaFin sich gegenüber Unister nicht über eine neue gegenteilige Einschätzung geäußert und bis zum heutigen Tag dem Unternehmen Unister das Angebot der eigenen Leistung nicht untersagt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft soll es jedoch eine Versicherungsleistung sein, und das ist genehmigungspflichtig durch die Bafin. Nach Ansicht von Unister kann dies jedoch nicht von der BaFin genehmigt werden, weil die Leistung keiner Versicherung entspricht, insbesondere deshalb, weil der Kunde aus eigenem Willen die Leistung des Rücktritts im Anspruch nehmen kann.

3. Steuerhinterziehung

Der Vorwurf der Steuerhinterziehung betrifft ebenfalls den Stornoservice FlexiFly. Zum einen ergibt sich eine Steuerschuld bezüglich der zu entrichtenden Versicherungssteuer, da es sich laut Staatsanwaltschaft um eine Versicherung handelt. Zum anderen ist das Produkt laut Staatsanwaltschaft auch falsch versteuert worden. Internationale Flüge unterliegen unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen und Unister hat den Service FlexiFly entsprechend den Umsatzsteuersätzen der damit verbunden Flüge berechnet. Das ist laut Staatsanwaltschaft falsch und Flexifly hätte einheitlich und unabhängig von den Flügen immer mit 19 Prozent versteuert werden müssen. Unister wird deshalb eine Steuerschuld bei der Versicherungssteuer als auch bei der Umsatzsteuer vorgeworfen.

4. Streichpreise

Der vierte Vorwurf bezieht sich auf sogenannte Streichpreise. Das sind Preise, die durchgestrichen dargestellt werden und optisch durch einen günstigeren Preis ersetzt sind. Für den Verkauf ist das ein Anreiz, weil der Kunde hier eine Preissenkung als seinen Vorteil wahrnimmt. Unister wird vorgeworfen, Steichpreise ausgewiesen zu haben, die es als solche vorher nie angeboten hat. Unister bestreitet dies nicht, weist aber den Vorwurf von sich, dass es sich bei den Streichpreisen um Fantasiepreise gehandelt haben soll. Diesen Preisen lagen meist unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) der Anbieter zu Grunde, so Unister.

5. Betrug

Mit dem Angebot Flexifly hatte Unister die vorher angebotene Reiserücktrittsversicherung des Anbieters Europäische Reiseversicherung (ERV) ersetzt. In der Übergangsphase wurden dabei intern die Leistungen falsch gebucht, und die ERV bekam deshalb zu wenig abgerechnet. Die Staatsanwaltschaft wirft Unister hier vorsätzlichen Betrug zu Lasten der ERV vor. Unister führt den Fehler auf ein Problem mit der eigenen EDV zurück und hatte nach eigenen Angaben sofort nach Bekanntwerden des Fehlers den geschuldeten Betrag beglichen.

Alle Anklagen richten sich gegen Einzelpersonen. Unister ist zum eigenen Schutz Verfahrensbeteiligter bei dem Verfahren. Die neue Führung von Unister setzt auf eine vollständige und vorverurteilungsfreie Aufklärung und hat deshalb auch eine eigene firmeninterne Ermittlung durchführen lassen. Diese wurde unter der Leitung des ehemaligen Direktors des Landeskriminalamtes Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Ingmar Weitemeier, durchgeführt.

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