Der neue Entwicklungsminister Gerd Müller fordert eine Reform der Welthandelsorganisation WTO. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Müller, ökologische und soziale Standards müssten zukünftig zur Basis des Handels gemacht werden. Das alleinige Ziel eines freien Welthandels werde in der WTO zu einseitig diskutiert, speziell die Rechte von Frauen und Kindern seien zukünftig zu stärken. „Die soziale und ökologische Marktwirtschaft sollte unser Leitbild sein", so Müller.

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"Nicht mit Finger auf Schwellenländer zeigen"

Der neue Minister, zuvor als Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium tätig, sprach sich dafür aus, die Grenzen des Wachstums neu zu definieren. „Die 20 Prozent der Menschen, die in Industrienationen leben, verbrauchen 80 Prozent der Ressourcen. Daraus ergibt sich, dass wir nicht mit dem Finger auf die Schwellen- und Entwicklungsländer zeigen sollten“. Müller verlangte ein „globales Verantwortungsethos“ der Industrienationen.

Vor allem die schnell wachsende Weltbevölkerung verlange ein Umdenken im Freihandel. „Jeden Tag wächst die Welt um 200.000 Menschen. Diese Menschen wollen nicht nur essen, sie hinterlassen auch einen ökologischen Fußabdruck. Das hat gewaltige Folgen“. Deutschland wolle deshalb stärker dazu beitragen, fruchtbares Land in Entwicklungsländern produktiver zu nutzen.

Sanktionierung von staatlicher Hungerhilfe

Für Empörung unter Kritikern hatte zuletzt das im Dezember 2013 ausgehandelte Freihandelsabkommen der WTO in Bali gesorgt. Mit Ausnahme von Indien verbietet es zukünftig Entwicklungsländern, bei Hungersnöten mit staatlichen Maßnahmen gegen Hunger und Unterernährung vorzugehen – dies kann als „illegale Agrarsubvention“ geahndet werden.

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Die WTO-Freihandelsregeln stellten auch nach der Bali-Konferenz "ein Hindernis für einen umfassenden Kampf gegen Hunger und Armut" dar, hatte Handelsexperte Heinz Fuchs von „Brot für die Welt“ nach Verabschiedung des Pakets gesagt. Dass soziale und ökologische Standards vernachlässigt werden, zählt zu den wichtigsten Kritikpunkten am Freihandel.

Süddeutsche Zeitung

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