Krankenkassen wünschen sich junge, gesunde und zahlungskräftige Mitglieder. Viele Kassen hätten daher mit ihrem Vertrieb Zielgruppenvereinbarungen geschlossen, damit dieser bei der Anwerbung gezielt auf das Alter, Einkommen und den Gesundheitszustand achtet. Die Mitarbeiter im Vertrieb erhielten zum Beispiel keine Prämien für die Akquise von einkommensschwachen oder kranken Versicherten. Auch wurden Prämien zurückverlangt, wenn die Neumitglieder höhere Krankheitskosten verusachten. Weiterhin wurde der Vertrieb durch Stornohaftung beeinflusst: Es gab Rückzahlungsforderungen, wenn innerhalb eines Jahres wieder gekündigt wurde, so das BVA.

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Differenzierung bei der Mitgliederannahme ist rechtswidriges Verhalten

Im Vertrieb mit Aufwandsentschädigungen nach Einkommen oder sozialem Stand der Neumitglieder zu differenzieren, ist rechtswidrig. Stornohaftungsklauseln diskriminierten etwa gezielt Saisonarbeiter oder nicht durchgehend Beschäftigte.

„Solche Verhaltensweisen sind vollkommen inakzeptabel, da sie gegen das Diskriminierungsverbot und das Solidaritätsprinzip verstoßen“ erklärt Dr. Maximlian Gaßner, Präsident des BVA, und kündigt an, dass das BVA „auch weiterhin mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hiergegen vorgehen“ wird. So prüft das BVA die Vertriebsvereinbarungen der Krankenkassen, um ein rechtsmäßiges Handeln der Versicherungsträger sicherzustellen.

Eine Krankenkasse argumentierte, dass sie aufgrund der Systematik des Risikostrukturausgleichs (RSA) gezwungen sei, sich im Vertrieb auf einkommensstarke Mitglieder zu konzentrieren. Zahlungen aus dem Gesundheitsfonds würden nicht genügen, um die Ausgaben für kranke Versicherte zu decken. Auch Die Linke hatte in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung auf die Risikoselektion durch den Morbi-RSA hingewiesen. Die Regierung wies den Vorwurf zurück.

Herausdrängen älterer Versicherer via Telefon war Einzelfall

Neben der Risikoselektion durch Zielgruppenvereinbarungen im Vertrieb sollen Krankenkassen auch ältere und kranke Versicherte aus der Mitgliedschaft herausgedrängt haben. Vor allem behinderte und chronisch kranke Menschen wurden im vergangenen Jahr telefonisch kontaktiert, um diese zur Kündigung ihrer Mitgliedschaft zu bewegen.

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Die Ermittlungen des BVA haben ergeben, dass es sich dabei aber nicht um ein großmaßstäbliches Vorgehen der Krankenkasse gehandelt habe. Nur eine geringe Zahl von Mitarbeitern soll über einen kurzen Zeitraum die beanstandete Telefonaktion durchgeführt haben. Um solche Vorkommnisse künftig zu vermeiden, wurde die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit einem Ombudsmann für Mitarbeiter und Versicherte eingerichtet. Das BVA geht grundsätzlich von einem Einzelfall im System der GKV aus.

Bundesversicherungsamt

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