Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di. Mit der Klage gegen die Ausschüttung der Überschüsse bei der Provinzial NordWest betritt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Neuland, denn es gilt festzustellen, ob sich eine öffentliches Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung entziehen kann, in dem es als AG firmiert.

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Die Ausschüttung von 70 Millionen Euro entspricht nach einem Bericht im Handelsblatt über 85 Prozent des Jahresüberschusses. Ver.di hält dies schlicht für unangemessen und bezeichnet es als "unerträgliche Selbstbedienung der Aktionäre". Die Gewerkschaft vertritt die Ansicht, dass die Provinzial dem Gemeinwohl zu dienen und einen öffentlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen habe.

In einem Beitrag für die Neue Rheinische Zeitung wird Kerstin David, Vorsitzende des Betriebsrates der Provinzial in Kiel und klagendes Mitglied des Aufsichtsrates, zitiert: "Die Provinzial NordWest als öffentliche Versicherung hat nicht die Gewinnerzielung zum Hauptzweck, sondern einen öffentlichen Auftrag zur Versorgung der Bevölkerung mit guten versicherungspordukten unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls."

Die Gewerkschaftler sehen gesetzliche Regelungen zu den Rechtsverhältnissen verletzt. Im nordrhein-westfälischen Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Westfälischen Provinizial Versicherungen sei der öffentliche Auftrag des Unternehmens festgeschrieben. In der 2001 vom damaligen Finanzminister Peer Steinbrück verfassten Gesetzesbegründung heißt es, "dass bis auf eine angemessene Verzinsung des Stammkapitals aus den Jahresüberschüssen Ausschüttungen an die Gewährträger nicht vorgenommen werden dürfen".

Jörg Brokkötter, Konzernsprecher des Vorstands der Provinzial, verteidigt die hohe Dividende. Sie sei in der Hauptversammlung vom 28.5. entschieden worden und ist "angemessen und vertretbar".

Zu den Aktionären der Provinzial NordWest Holding AG zählen der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die Sparkassenverbände Westfalen-Lippe, Schleswig-Holstein und Ostdeutschland.

Die klagenden Mitglieder des Aufsichtsrates sind: Kerstin David, Frank Fassin und Albert Roer



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