Die Forderung nach einem integrierten Krankenversicherungssystem durch die Bertelsmann Stiftung und den vzbv steht in Einklang mit den Überlegungen der Parteien SPD und Grüne zur „Bürgerversicherung“. Dabei ist an eine „Einheits-Kranken-Versicherung“ gedacht, deren Einnahmebasis breiter ist durch eine ausgeweitete Bemessungsgrundlage und höhere Bemessungsgrenzen. Die PKV würde faktisch abgeschafft bzw. auf Zusatzversicherungen reduziert. Die von den beiden Verbänden in Auftrag gegebene Studie vergleicht die Konzepte der Bürgerversicherung von SPD und Grünen hinsichtlich „Gerechtigkeit“, „Nachhaltigkeit“ und „Effizienz“. Sie kommt zum dem Schluss, dass es mit dem SPD-Modell bereits in den mittleren Einkommensbereichen eine spürbar Erhöhung der Gesamtbelastung geben würde. Etwas geringere Belastungen brächte das Konzept der Grünen.

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Konzepte zur Bürgerversicherung als unwählbar entlarvt?

„Durch den Studien-Auftrag haben Bertelsmann Stiftung und der Verbraucherzentrale Bundesverband eine für Verbraucher interessante Form der politischen Transparenz geschaffen. Eigentlich werden die Konzepte als unwählbar entlarvt“, wundert sich der Präsident der Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten e.V. (DGVP), Wolfram-Arnim Candidus.

Bis vor einiger Zeit war der Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung Dr. Stefan Etgeton noch selbst als Vertreter der Verbraucherzentrale tätig und politisch u.a. eingebunden in die funktionelle Ausgestaltung der unabhängigen Patientenberatung UPD, die durch Zuwendungen aus der GKV finanziert wird. Somit war er also auch in die Vertretung der Versicherten im G-BA integriert. Nun erfolgt erneut die Offenlegung seiner engen Verbindung mit der Stiftung des Medienkonzerns Bertelsmann.

Dennoch plädieren Bertelsmann Stiftung und vzbv für eine Finanzierung aus drei gleichstarken Säulen: den Beiträgen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und aus Steuermitteln. „Schwierig wird es dann, wenn die Konjunktur schwächelt“, mahnt DGVP-Präsident Candidus. „Ein Schelm, der glaubt, dass diese Drittelung nicht zur Rationierung von Leistungen führt, wenn das Geld im Staatshaushalt knapp wird. Hinzu kommt die Planung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2017 und somit eine Einschränkung der Finanzmittel des Staates.“

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„Die Politik hat großes Interesse an die finanziellen Rückstellungen der PKV heranzukommen. Mit diesen 120 – 180 Milliarden Euro könnten nämlich die anstehenden Beitragserhöhungen in der GKV vermieden werden“, so Candidus weiter.
Der DGVP-Präsident fordert: „Wir brauchen eine Modifizierung der bestehenden Krankenversicherungssysteme. Das Konzept der Bürgerversicherung ändert strukturell gar nichts. Die Versorgung muss betrachtet werden, nicht nur die Finanzierung. Dabei muss die demografische und technologische Entwicklung aktuell und in den kommenden Jahrzehnten Einfluss auf die zukünftige Struktur der Krankenversicherung nehmen. Einseitige Einflussnahmen durch die Parteien, durch Konzerne oder Verbände -welcher Art auch immer - gilt es auszuschalten, da sonst die Versorgung und Finanzierung zusammenbrechen wird.“

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