Es ist noch keine fünf Jahre her, dass viele Privatanleger infolge der Finanzkrise große Summen verloren. Häufig ging den Verlusten eine Falschberatung voraus, bei denen Anlage- und Bankberater ungeeignete Finanzprodukte empfahlen und nicht auf die Risiken der oft hochspekulativen Geldanlagen hingewiesen hatten.

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Wer seinen Schaden gegen den Berater geltend machen wollte, wurde allerdings ein zweites Mal enttäuscht. Denn eine Vielzahl von Rechtsschutzversicherungen lehnten den Schutz mit dem Verweis auf eine Vertragsklausel ab, wonach keine Deckung bei sogenannten Effektengeschäften und Kapitalanlagemodellen besteht. Die gelinkten Anleger blieben also auch auf ihren Prozesskosten sitzen.

Daraufhin forderte die Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen fünf Unternehmen auf, eine solche Klausel nicht mehr in den Verträgen zu verwenden. Die Verbraucherschützer hatten Erfolg: In den Verfahren gegen die R+V-Versicherung (Az.: IV ZR 84/12) und die WGV Versicherung (Az.: IV ZR 174/12) entschied der Bundesgerichtshof in oberster Instanz, dass diese Klausel intransparent und somit unwirksam sei. Versicherte können nun nachträglich auf die Unterstützung ihres Rechtsschutzanbieters hoffen. Eine schriftliche Begründung des Urteils liegt bisher noch nicht vor.

Das Transparenzgebot missachtet

Anlass für die Klage der Verbraucherschützer ist eine Ausschlussklausel, die sich vielfach in den Verträgen von Rechtsschutzversicherungen findet. Demnach erbringt die Versicherung keine Leistung „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im ursächlichen Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentbeteiligungen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (zum Beispiel Immobilienfonds)“.

Nach Ansicht der Richter verstößt diese Klausel jedoch gegen das Transparenzgebot gemäß §307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Danach könne sich eine unangemessene Benachteiligung des Versicherten daraus ergeben, dass eine Vertragsklausel nicht klar und verständlich formuliert sei. Die Begründung der Richter: Der Versicherte könne der Klausel schlicht nicht entnehmen, was nun eigentlich unter den Versicherungsschutz fällt und was nicht. „Hierfür kommt es auf dessen Verständnis nach dem allgemeinsprachlichen Sprachgebrauch des täglichen Lebens an, weil es sich weder bei „Effekten“ noch bei „Grundsätzen der Prospekthaftung“ um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handelt“, so das Gericht.

Geschädigte können gegenüber der Versicherung auf Deckungszusage pochen

Das Urteil des Bundesgerichtshofs bedeutet neue Hoffnung für Geschädigte der Finanzkrise. Denn die Folge des Richterspruchs sei, dass Rechtsschutzversicherungen ihre Unterstützung im Fall einer fehlerhaften Beratung zur Kapitalanlage nicht mehr verwehren dürfen, interpretiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einer Pressemeldung die Entscheidung.

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Die Verbraucherzentrale rät nun allen Opfern der Finanzkrise, die wegen Falschberatung gegen einen Berater vorgehen wollen, unter Hinweis auf die BGH-Urteile auf eine Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers zu pochen. Auch jene Verbraucher, die trotz fehlendem Versicherungsschutz bereits geklagt haben, sollten ihre Versicherung nachträglich zu einer Kostenübernahme auffordern. Dies gelte auch für diejenigen Anlagegeschädigten, deren Prozess bereits rechtskräftig entschieden sei.

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