Im Juli 2012 war ein langer Prozess (Az.: IV ZR 201/10) vor dem Bundesgerichtshof (BGH) endlich zu Ende. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Hamburg gegen den Lebensversicherer Deutscher Ring. Grund für die Klage waren Bedingungen zu den Rückkaufswerten, dem Stornoabzug und der Verrechnung von Abschlusskosten in der Lebensversicherung, die, so die Verbraucherzentrale, Kunden benachteiligen würden.

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Das Gericht argumentierte, dass dem Versicherungsnehmer bei der Kapitallebensversicherung die Berechnung des korrekten Rückkaufswerts eines Vertrages bzw. der prämienfreien Versicherungssumme vorenthalten werde. In den Bedingungen werde zudem, so die Richter, nicht zwischen Zeitwert und dem Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung unterschieden. So müsse dem Versicherungsnehmer ersichtlich sein, wie hoch die Verwaltungsgebühren bei vorzeitiger Kündigung des Vertrages sind. Ebenfalls ein Dorn im Auge der Richter des BGH war die sogenannte Zillmerung. Bei diesem Verfahren werden die ersten Monatsbeiträge des Kunden zur Tilgung der Abschlusskosten und Provisionszahlungen herangezogen. Dies darf dem Versicherungsnehmer bei einem Neuabschluss einer Lebensversicherung nicht überproportional aufgebürdet werden. Bereits 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es nicht hinzunehmen sei, dass wegen der Verrechnung von Abschlusskosten mit der Prämie in den ersten Jahren ein Rückkaufswert nicht vorhanden oder nur sehr niedrig ist (BvR 1317/96).

Mit dem Urteil vom Bundesgerichtshof gegen den Deutschen Ring und der damit verbundenen Unwirksamkeit der Klauseln trat die Verbraucherzentrale eine Lawine in der Lebensversicherungsbranche los.

Mittlerweile ist von dem Urteil die halbe Branche betroffen. Nach dem Initialurteil gegen den Deutschen Ring folgten Signal Iduna, Ergo und im Oktober die Generali (IV ZR 202/10). Auch die Verträge der Basler Versicherung und Victoria sind betroffen. Vor einigen Tagen folgte auch der Branchenprimus. Die Allianz zog am 8. Januar eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof wegen Aussichtslosigkeit zurück und steht nun vor Rückzahlungen von mehr als 100 Millionen Euro. Allein bei der Allianz sind rund 900.000 Verträge betroffen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg rechnet mit Rückzahlungen in Milliardenhöhe. So heißt es in einer Pressemitteilung: „Wir schätzen die Summe, die von der Versicherungswirtschaft an ihre ehemaligen Kunden erstattet werden muss, auf rund 12 Milliarden Euro“.

Dass das Urteil des Bundesgerichtshofs nicht nur auf noch laufende oder beitragsfrei gestellte Verträge anzuwenden ist, begründet Fachanwalt für Versicherungsrecht Martin Stolpe: „Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist auch anzuwenden, wenn der Vertrag bereits gekündigt war. Es ist nur auf die allgemeinen Verjährungsvorschriften zu achten. In zahlreichen Fällen haben wir in den letzten Wochen für unsere Mandanten z. T. nicht unerhebliche Nachzahlungen bei den Versicherungsgesellschaften erwirken können.“

Auf der Homepage der Verbraucherzentrale Hamburg wurde im vergangenen Jahr ein kostenloser Musterbrief, mit dem Kunden ihre Ansprüche geltend machen können, angeboten. Derweil ist der überarbeitete Musterbrief nicht mehr kostenfrei auf dem Portal der Verbraucherzentrale zu erhalten. Für einen Download des Dokuments müssen Verbraucher nun 90 Cent bezahlen.

Ein aktuelles Formular zur Neuberechnung des Rückkaufwertes für entsprechende Verträge ist nun auch auf Versicherungsbote.de verfügbar. Als kleines Dankeschön für unsere treuen Leser bieten wir deshalb gleich zwei verschiedene Formulare kostenlos zum Download an. Während sich das erste Dokument speziell an Versicherungsnehmer richtet, kann das zweite Formular von Versicherungsmaklern genutzt werden.

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Kostenloser Download zur Neuberechnung des Rückkaufwertes

Weitere Formulare und Fragebögen gibt es auch im Versicherungsbote-Download-Bereich.

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