Zum 1. Januar wurde der neue Rundfunkbeitrag in Deutschland eingeführt. Damit sind die unbeliebtesten Außendienstler Deutschlands, die Späher der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), endlich Geschichte. Künftig ist jeder Haushalt verpflichtet den Beitrag zu zahlen. Für die meisten Haushalte ändert sich am Beitrag von 17,98 Euro nichts. Für alle Schwarzseher ist spätestens im März Schluss mit kostenlosem Fernsehen. Mit einem Datenabgleich werden dann alle Daten der Einwohnermeldemeldeämter mit den Daten des Beitragsservice, dem GEZ-Nachfolger, abgeglichen. Allein aus Datenschutzgründen ist dies durchaus bedenklich.

Anzeige

Für Ermano Geuer, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Passau, ist dies ein weiterer Kritikpunkt am aktuellen Rundfunkbeitrag. Den Hauptkritikpunkt im kürzlich eingeführten System sieht Geuer im Begriff des Beitrags und der Umsetzung auf alle Haushalte.

Beiträge werden in Deutschland hauptsächlich an Vereine und Versicherungen entrichtet. Doch diese haben einen entscheidenden Unterschied zur Rundfunkgebühr. Aus Vereinen kann man Jederzeit austreten und Versicherungen kann man kündigen oder Beitragsfrei stellen. Dies ist mit dem Rundfunkbeitrag nicht möglich. Unabhängig vom Besitz entsprechender Rundfunkgeräte ist jeder Haushalt verpflichtet den Beitrag zu entrichten.

Genau an dieser Stelle greift Geuers Kritik. Für ihn handelt es sich beim Rundfunkbeitrag mitnichten um einen Beitrag. Vielmehr handele es sich um eine Steuer. Jedoch sei die für den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verantwortliche Rundfunkkommission der Länder nicht berechtigt eine Steuer zu beschließen. Mittlerweile reichte der Jurist Verfassungsklage gegen die Rundfunkgebühr ein. Bis dato steht eine richterliche Entscheidung noch aus. Sollte dem Antrag jedoch recht gegeben werden, hätte dies weitreichende Folgen für den Staatsvertrag. Er müsste umfassend überarbeitet werden.

Derweil steigt die Kritik über den Zwangsbeitrag stetig. Für viele Deutsche zählen ARD und ZDF seit Jahren zu den Pay-TV-Sendern. Bei einem monatlichen Beitrag von 17,98 Euro der den Kulturauftrag finanzieren soll, ist diese Denkweise durchaus verständlich. Denn nicht nur der Kulturauftrag wird mit den Gebühren finanziert. Aktuell leisten sich die Öffentlich-Rechtlichen 100 Millionen Euro jährlich für die Rechte an der Bundesliga. Rund 50 Millionen sollen Übertragsrechte von Box-Kämpfen veranschlagen. Auch für Starmoderatoren greift man tief in die Tasche. So sollen Günther Jauch knapp 5 Millionen Euro und Thomas Gottschalk rund 6 Millionen einstreichen. Da ist die eine Million die Reinhold Beckmann bei der ARD bekommen soll noch vergleichsweise gering.

So war es nicht verwunderlich, dass sich auch der ehemalige Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Fritz Pleitgen, in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisch über die Politik der Öffentlich-Rechtlichen äußerte. Ein besonderes Dorn im Auge Pleitgens war die hohe Anzahl an Talkshows im Abendprogramm: „Fünf Talkshows im Abendprogramm des Ersten sind einfach zu viel des Guten, zumal sie wertvolle Formate verdrängen wie Dokumentationen oder Reportagen. Wenn es um Aufklärung geht, schürft die Dokumentation viel tiefer als eine Talkshow.“.

Auch die Berichterstattung zur Causa Wulff sieht Pleitgen argwöhnisch. Wochenlang stürzten sich alle auf das Thema Wulff, während der Nationalsozialistischen Untergrund, respektiven den 10 Morden der Terrorzelle deutlich zu kurz kamen. Aktuell könne die ARD, so Pleitgen, das öffentlich-rechtliche Profil zu schärfen. Neben der aktuellen Information müssten dann die Geschütze Hintergrundberichterstattung und Kultur besser in Stellung gebracht werden. So könne, gerade angesichts der Kritik am neuen Rundfunkbeitrag, ein deutlicher Unterschied zur kommerziellen Konkurrenz ausgebaut werden.

Anzeige

Das Geuers Klage Erfolg haben könnte, belegt eine Aussage des Sprechers des Hamburger Verwaltungsgerichtes, Richter Andreas Labiris, gegenüber dem Focus. So sei es durchaus wahrscheinlich, dass das Urteil über die Verfassungskonformität erst abschließend in Karlsruhe geklärt werde. Neben Geuer könnten weitere Privatpersonen Klage einreichen. Auch einige Handelsketten sollen, laut FOCUS-Informationen, eine entsprechende Klage prüfen.

Anzeige