Viele Chefs sind laut einer aktuellen US-Studie weniger gestresst als einfache Angestellte. Demnach zeigen leitende Angestellte in Untersuchungen weniger Stresssymptome - und dies sogar umso weniger, je mehr sie das Gefühl von Kontrolle besitzen. Das berichtet heute die Nachrichtenagentur dpa und beruft sich dabei auf Forschungsergebnisse, die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings“ der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (PNAS) publiziert haben.

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Für die Studie untersuchten Jennifer Lerner und ihr Forschungsteam den Speichel von 148 Menschen in Führungspositionen bei der US-Regierung und beim Militär sowie 65 einfache Angestellte verschiedener Berufe auf die Menge des Stresshormons Cortisol. Dabei zeigten die Führungskräfte im Durchschnitt ein deutlich geringeres Stressniveau als die Vergleichsgruppe. Zudem gaben sie in einer standardisierten Befragung viel seltener an, unter Unruhe und Unsicherheit zu leiden.

In einem zweiten Schritt ordneten die Forscher die Chefs nach dem Ausmaß der Kontrolle, die sie ausüben konnten. Das Ergebnis: Je mehr Kontrolle die Führungsspitzen ausübten, desto weniger Stresshormon schütteten sie aus. Es sei bekannt, dass das Gefühl, die Macht über eine Situation zu haben, den Stress senke, erläuterte Lerner. Und will diese Ergebnisse auch auf Hierarchien im Job angewendet wissen. Je höher die Position und je besser die Kontrolle, desto weniger sei die Tätigkeit mit Stress verbunden.

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Methodische Kritik an der Untersuchung ist jedoch angebracht. Zum einen stellt sich die berühmte Frage nach der Henne und dem Ei: Ist die Tätigkeit als Chef tatsächlich mit weniger Stress verbunden, oder ist nicht auch der umgekehrte Schluss zulässig: Dass Menschen, die in schwierigen Situationen kontrollierter reagieren, eher in die Chefetagen aufsteigen? Lassen sich Führungskräfte aus Militär und Regierung, die zum Teil eine Beamtentätigkeit ausüben, ohne weiteres mit einer Vergleichsgruppe in Beziehung setzen, die sich aus verschiedenen Berufsgruppen zusammensetzt? Wie aussagekräftig ist die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, das durchaus auch positive Effekte auf den Körper haben kann, etwa die Gedächtnisleistung unterstützt? Die Wissenschaftler werden auf diese Fragen eine Antwort geben müssen.

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