Werden Privatpatienten gegenüber Kassenpatienten bevorzugt behandelt, wenn es um die Terminvergabe bei einem Facharzt geht? Die AOK Rheinland/Hamburg wollte es genau wissen und startete eine Umfrage in eigener Sache. Im Juni riefen ihre Mitarbeiter mehr als 800mal testweise bei Arztpraxen in der Region an. Beim ersten Anruf gaben sie sich als gesetzlich Versicherte aus, beim zweiten Telefonat jedoch als Privatpatienten. Dabei erkundigten sie sich nach einem normalen Untersuchungstermin.

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Wie nun das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet, lässt das Ergebnis der Umfrage tatsächlich auf eine Benachteiligung von Kassenpatienten schließen. Am schwierigsten sei es demnach für Kassenmitglieder, beim Kardiologen einen Termin zu erhalten: Während gesetzlich Versicherte im Schnitt rund 71 Tage auf einen Untersuchungstermin warten müssen, konnten Privatpatienten bereits nach 19 Tagen vorstellig werden. Beim Radiologen beträgt die Wartezeit für gesetzlich Versicherte 46 Tage, für Privatpatienten sieben. Auch Augenärzte zitieren ihre Privatpatienten bereits nach 16 Tagen in die Praxis, während Kassenpatienten mit 37 Tagen fast doppelt so lange warten müssen.

AOK Rheinland/Hamburg fordert Sanktionsmöglichkeiten

„Das Verhalten mancher Fachärzte ist äußerst ärgerlich“, sagte Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, gegenüber dem Spiegel. Als Sanktionsmaßnahme schlug er vor, dass die Krankenkassen eine Zusammenarbeit mit Fachärzten aufkündigen können, wenn sie ihren Kassenpatienten keine zeitnahen Termine geben. Bereits an anderer Stelle hatte Jacobs darauf verwiesen, dass die AOK Rheinland/Hamburg pro Monat rund 300 Beschwerdeanrufe erhält, weil Patienten zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssen. Die Dunkelziffer schätzt der AOK-Vorstand sogar auf das Vierfache.

Kein Ärztemangel?

Der Spiegel argumentierte in seinem Bericht, dass die unterschiedliche Vergabepraxis nicht schwerpunktmäßig auf einen Ärztemangel zurückzuführen sei, sondern mit der unterschiedlichen Vergütung der Ärzte begründet werden kann. Nach Angaben des Hamburger Blattes ist die Zahl der zugelassenen Kassenärzte in den letzten 20 Jahren um 40 Prozent gestiegen, so dass nun rund 137.000 Mediziner tätig sind.

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Doch während die Leistungen für Ärzte bei der gesetzlichen Versicherung streng limitiert sind, können die Heilkundigen für Privatpatienten oft doppelt so hohe Rechnungen stellen: Schätzungen zufolge bestreiten manche Ärzte 30 Prozent ihres Einkommens allein mit Privatpatienten. Da liegt der Verdacht nahe, dass manche Fachärzte Privatpatienten bevorzugt behandeln, um von der höheren Vergütung zu profitieren.

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