Ein Instrument der Versorgungssteuerung ist das Hausarztprinzip. Der Hausarzt soll, gewissermaßen als Lotse, die bestmögliche Versorgung seines Patienten steuern. Ob Kostensenkungen und eine höhere Lebensqualität der Patienten damit erreicht werden können, sei jedoch fraglich.
Das zeigte Marcial Velasco Garrido, der zusammen mit Prof. Dr. Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin eine Untersuchung für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen erstellt hat.
Das Fazit: Es gibt Hinweise internationaler Analysen, dass hausarztzentrierte Versorgung die Gesundheitsausgaben senkt. Ob aber tatsächlich unnötige Ausgaben vermieden werden konnten oder ob die Einsparungen aus anderen Effekten herrühren, sei nicht klar erkennbar. Außerdem sei die Lebensqualität der Patienten in hausarztzentrierter Versorgung nicht besser als die derjenigen mit freier Arztwahl. Ob der in Deutschland gewählte Weg erfolgreich ist, sei nur mit einer sorgfältigen Begleitevaluation zu beurteilen, so Velasco Garrido. Seit Juli 2009 ist es für gesetzliche Kassen verpflichtend, Hausarzttarife anzubieten.

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Die Schweiz sammelt bereits seit 20 Jahren Erfahrung mit hausarztzentrierter Versorgung. Prof. Dr. Konstantin Beck der CSS Versicherung hat Einspareffekte untersucht und ist zu einem positiven Ergebnis gekommen. Allerdings: Modelle müssen entwickelt, erprobt, evaluiert und kontinuierlich angepasst werden. Das ist ein langer, steiniger Weg. Einsparungen durch den Hausarzt als Lotsen können nicht von heute auf morgen realisiert werden. Henkel blickt kritisch auf die hausarztzentrierte Versorgung in der privaten Krankenversicherung: „Ich denke nicht, dass es der richtige Weg ist, als private Krankenversicherung einen Tarif günstiger zu kalkulieren, nur weil die hausarztzentrierte Versorgung im Vertrag festgeschrieben ist. Deren Gelingen hängt von vielen Erfolgskriterien ab, auf die das PKV-Unternehmen kaum Einfluss hat.“

Weil die Leistungsausgaben der PKV deutlich stärker steigen als die der GKV, steht Versorgungsforschung nicht allein auf der Agenda von Einzelunternehmen. Sie ist ein Branchenthema. Der Mehrumsatz, so Dr. Timm Genett vom PKV-Verband, müsse auf einen begründbaren Mehrumsatz begrenzt werden. Warum privat Versicherte für ein identisches Medikament mehr bezahlen als Kassenpatienten, sei nicht zu vermitteln. Der Mehrumsatz der PKV macht mit rund 10 Milliarden Euro rund die Hälfte aller Leistungsausgaben der PKV aus. „Deshalb möchten wir neue Maßstäbe für die Behandlung von Privatpatienten gemeinsam mit den Ärzten entwickeln und stärker Einfluss auf Qualität, Preise und Mengen nehmen. Das Kostenproblem ist oft ein Qualitätsproblem“, so Genett.

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Dr. Oliver Gapp von der mhplus Krankenkasse erläuterte, in welchem Rahmen Kooperationen zwischen GKV und PKV im Bereich Versorgungssteuerung möglich seien. Gesetzliche Kassen hätten eine hohe Kompetenz in der Organisation von Versorgungsprozessen. Die PKV verfüge im Gegenzug über langjährige versicherungsmathematische Kompetenz, die wichtig für eine seriöse Prämiengestaltung sei. „Bringen beide Seiten jeweils ihre Kernkompetenzen ein, können sie voneinander profitieren“, so Gapp.

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