„Vor dem Hintergrund der näher rückenden Deadline 2012 und des zunehmenden Reifegrads der Riskomanagement-Konzepte entdecken die Versicherer zunehmend die Herausforderungen der Umsetzung“, sagt Eva Dewor, Geschäftsführerin im Bereich Risikomanagement bei "Accenture". „Solvency II und dessen Auswirkungen auf die Entscheidungsstrukturen im Unternehmen erfordern signifikante Veränderungen in der Organisation, in den Prozessen und insbesondere in den IT-Systemen. Die Versicherungsunternehmen haben inzwischen ein weit besseres Verständnis für die Implikationen von Solvency II und die Komplexität der Einführung und Umsetzung der drei Säulen des Regelwerks als noch vor drei Jahren. Dies erklärt die nun höher eingeschätzten Kosten.”

Neben den höheren Einführungskosten wird die Branche zudem auch von einem bereits absehbaren Mangel an Fachkräften betroffen sein. „Je näher die Einführung von Solvency II rückt, desto härter wird der Wettbewerb um diese Talente“, sagt Eva Dewor. „Schon jetzt ist ein Mangel an Aktuaren und IT-Experten für das Risikomanagement zu verzeichnen, der sich im kommenden Jahr weiter verschärfen wird.“

In der zeitlichen Umsetzung von Solvency II gibt sich der überwiegende Teil der Versicherer jedoch optimistisch: So gehen 53 Prozent der Unternehmen fest davon aus, die Anforderungen bis zum Stichtag zu erfüllen, knapp ein Drittel (29 Prozent) sieht noch internen Verbesserungsbedarf zur Einhaltung der Fristen und 14 Prozent erwarten über 2012 hinaus noch zu erfüllende Anforderungen und Aufgaben bei der Einführung von Solvency II. Vier Prozent der Branchenvertreter warnen allerdings schon jetzt, den gegebenen Zeitrahmen nicht einhalten zu können.

Die Studie zeigt auch die speziellen Herausforderungen einer Umsetzung von Solvency II auf. So empfinden 45 Prozent der Versicherer die Implementierung eines Datenmanagement, das die Qualität und Vollständigkeit der benötigten Informationen gewährleistet, als schwierigste Aufgabe. Ebenso viele Studienteilnehmer messen der Abnahme der internen Risikomodelle zur Kalkulation des vorzuhaltenden Solvenzkapitals durch die Aufsichtsbehörden eine besondere Bedeutung bei, da dieser Abnahmeprozess vielfältige Vorbereitungen erfordert. 38 Prozent der Branchenvertreter sehen zudem in der Integration dieser internen Modelle in das Gesamtrisikomanagement eine große Herausforderung.

Ein weiteres Kernergebnis der Studie: 69 Prozent der Versicherungsunternehmen erwarten einen erheblichen Aufwand für die Definition und Einführung einer integrierten IT-Architektur für das Risikomanagement. Eine solche IT-Architektur ermöglicht den Versicherern trotz der Vielzahl der vorhandenen Expertensysteme zur Risikomodellierung einzelner Risikotypen eine konsolidierte Sicht auf das Gesamtrisiko des Unternehmens.

„Zwar scheinen die meisten Versicherer zuversichtlich, was die fristgerechte Erfüllung der neuen Anforderungen bis 2012 betrifft, doch der größte Aufwand liegt noch vor ihnen“, sagt Eva Dewor. „Um die vorhandenen Konzepte zum Leben zu erwecken, kommt es darauf an, anhand einer detaillierten Meilensteinplanung die erforderlichen Ressourcen aus allen betroffenen Unternehmensbereichen bereit zu stellen und die Abhängigkeiten unternehmensweit systematisch zu managen.“

Weitere Ergebnisse der Studie

Die Versicherer erwarten eine Welle von Fusionen und Übernahmen im Zuge der Regulierungsmaßnahme. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) sehen in Solvency II einen Impuls für weitere Konsolidierungsschritte in der Branche.
Die Kapitalanforderungen werden weiter steigen. Zwei Drittel der Versicherer (66 Prozent) erwarten höhere Kapitalanforderungen bei Lebensversicherungen.
Im Bereich Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Kfz-Versicherungen liegt der Anteil bei 61 Prozent.
Insgesamt werden die Auswirkungen von Solvency II als positiv für die Branche und die jeweiligen Versicherer wahrgenommen. Fast alle befragten Branchenvertreter (jeweils 97 Prozent) erwarten durch Solvency II einen insgesamt positiven Einfluss auf die Versicherungswirtschaft und auf das eigene Unternehmen.

Über die Studie:

Um die Reaktion der europäischen Versicherungsunternehmen auf Solvency II zu untersuchen, hat "Accenture" zwischen Mai und Oktober 2010 29 europäische Branchenvertreter aus dem Segmenten Lebens-, Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Kfz-Versicherung befragt. Annähernd vier von zehn Unternehmen wiesen jährliche Bruttoprämien in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro aus. Die befragten Unternehmen kamen aus Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Spanien, Schweden und der Schweiz.

Anzeige