In der Studie wird sowohl die Zulagenbeantragung als auch die Zulagenausschöpfung der Riester-Sparer untersucht. „Beide Aspekte sind von zentraler Bedeutung für die Höhe der zukünftigen Rente“, erklärte Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von "Union Investment", auf einer Pressekonferenz in Frankfurt.
„Die Inanspruchnahme der maximalen Zulage setzt zweierlei voraus: zum einen die Beantragung, zum anderen die Einzahlung des notwendigen Mindesteigenbeitrages. Wird letzterer nicht erbracht, so erfolgt eine anteilige Kürzung der Zulagen.“

660 Millionen Euro Zulagen wurden erst gar nicht beantragt

Der größte Teil der entgangenen Förderung ist darauf zurückzuführen, dass Riester-Sparer den erforderlichen Zulagenantrag erst gar nicht stellten. Für das Jahr 2007 betraf dies im Bundesdurchschnitt rund ein Viertel der Sparer, also knapp drei Millionen Menschen.
Dadurch verzichteten sie auf Grund- und Kinderzulagen in Höhe von 664 Millionen Euro. Weitere 313 Millionen Euro an Zulagen wurden aufgrund der mangelnden Ausschöpfung nicht abgerufen. Im Bundesdurchschnitt wurden etwa 40 Prozent der beantragten Zulagen nur in gekürzter Form gewährt, da die Sparer nicht den erforderlichen Mindesteigenbeitrag einzahlten.
Dieser lag für das Jahr 2007 bei drei Prozent des sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommens des Vorjahres, maximal 1.575 Euro. Im Schnitt erhielten die von der Kürzung betroffenen Riester-Sparer mit 56 Prozent gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der maximal möglichen Förderung.

Die Riester-Zulagen können noch zwei Jahre nach Ende des jeweiligen Beitragsjahres beantragt werden. Somit lief für das Jahr 2007 die Frist Ende 2009 ab.
„Nach Auswertung der jetzt verfügbaren Daten für das Jahr 2007 ist vor allem in zwei Bereichen Handlungsbedarf zu erkennen“, sagte Professor Dr. Bernd Raffelhüschen, Direktor des "Forschungszentrums Generationenverträge".
„Zunächst sollten Riester-Sparer die Möglichkeit des Dauerzulagenantrages nutzen. Darüber hinaus sollten sie die Sparraten regelmäßig mit dem Einkommen abgleichen und entsprechend dynamisieren. Denn wenn sich das Einkommen aufgrund von Gehaltserhöhungen oder Sonderzahlungen ändert, müssen auch die Sparraten angepasst werden“, erklärte Raffelhüschen.
Der notwendige Mindesteigenbeitrag wurde 2008 letztmalig angehoben und liegt seitdem bei vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommens.

Junge ostdeutsche Männer häufig ohne Zulagenantrag

Wie bereits bei dem im vergangenen Jahr veröffentlichten Vorsorgeatlas Deutschland werden auch die Ergebnisse der diesjährigen Untersuchung nach Regionen gegliedert dargestellt. Die ergänzende Auswertung nach den Merkmalen Geschlecht, Alter und – soweit möglich – Einkommen bietet zudem einen Überblick, in welchem Umfang Riester-Sparer mit unterschiedlichem soziodemografischem Hintergrund die staatlichen Zulagen in Anspruch nahmen.
In der regionalen Betrachtung zeigt sich dabei ein grundsätzliches West-Ost- und Süd-Nord-Gefälle. Vor allem in den östlichen Bundesländern finden sich Riester-Sparer sowohl mit den geringsten Beantragungsquoten als auch mit den geringsten Ausschöpfungsquoten wieder.
„Vor dem Hintergrund, dass es in den östlichen Bundesländern überdurchschnittlich viele Riester-Verträge gibt, ist dieses Ergebnis überraschend“, sagte Prof. Raffelhüschen.
Ende 2010 läuft die Frist zur Beantragung der Zulagen für das Jahr 2008 aus. Da deshalb Daten der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen noch nicht vorliegen und die Anleger jetzt noch handeln können, wurde die soziodemografische Darstellung auf Basis der regional repräsentativen Daten von "Union Investment" vorgenommen.
Bei der geschlechtsspezifischen Betrachtung zeigt sich dabei, dass Männer mit einer durchschnittlichen Beantragungsquote von 72,1 Prozent im Jahr 2008 deutlich häufiger auf Zulagen verzichteten als Frauen.
Deren Quote lag mit 76 Prozent knapp vier Prozentpunkte höher. Die Aufteilung der Riester-Sparer nach Altersklassen offenbart eine klare Zweiteilung. Während die unter 35-Jährigen häufiger keinen Antrag auf Zulagenförderung stellten, wiesen ältere Vertragsinhaber überdurchschnittliche Beantragungsquoten auf.

Geringverdiener nutzen Zulagen stärker aus

Auch bei der Ausschöpfung der beantragten Zulagen fallen die jungen Altersklassen vermehrt durch unterdurchschnittliche Quoten auf. Insbesondere die 25- bis 34-Jährigen wiesen im Beitragsjahr 2007 nur sehr geringe Fördersätze auf und verzichteten dadurch auf finanzielle Unterstützung.
"Gerade mit Blick auf die lange Laufzeit ihrer Verträge und die Auswirkungen des Zinseszinseffekts wirken sich die fehlenden Eigenbeiträge und die entgangenen Zulagen besonders deutlich auf ihre zukünftige private Zusatzrente aus“, erklärte Reinke.

Überraschende Ergebnisse liefert der Vorsorgeatlas Deutschland auch bei der Analyse der Einkommenssituation. Abweichend von der Vermutung, dass insbesondere Geringverdiener nicht genügend Eigenbeiträge aufbringen könnten, zeigt die Studie einen entgegengesetzten Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens und der Höhe der Fördersätze auf.
Tendenziell sinkt die Ausschöpfungsquote mit zunehmendem Einkommen. Das bedeutet: Riester-Sparer mit geringem Einkommen schöpften die Zulagen stärker aus als Menschen mit hohen Einkommen.

Nur ein Check für maximale Förderung nötig

Aus Sicht von Reinke sind dabei auch die Finanzdienstleister gefordert: „Es muss uns gelingen, die Situation durch mehr Aufklärung zu verbessern.“ Daher führe "Union Investment" seit Jahren umfangreiche Aufklärungsmaßnahmen durch. Allerdings fordert Reinke von den Anlegern, selbst aktiv zu werden. Er empfiehlt ihnen, einmalig in die Bank zu gehen und zusammen mit dem Berater den Dauerzulagenantrag und die Sparbeiträge zu überprüfen. Denn einen Riester-Vertrag abzuschließen, ohne die Zulagen zu beantragen, sei wie Autofahren mit angezogener Handbremse. „Der Gesetzgeber könnte die Riester-Sparer unterstützen, indem er ihnen genau mitteilt, wie viel Euro für den Erhalt der vollen Zulage fehlten. Darüber hinaus sollten die Sparer die Chance bekommen, die fehlende Summe für das vergangene Beitragsjahr innerhalb einer festen Frist nachzuzahlen, um nachträglich die volle Förderung zu erhalten“, so der Vorstandsvorsitzende von "Union Investment".

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