Mit Blick auf die Demografie ist private Vorsorge für jeden, der sie sich leisten kann, ein „Muss“. Die Regierung hat deshalb mit ihrer Fokusgruppe private Altersvorsorge Reformpläne für die Riester-Vorsorge erarbeitet, die jetzt über ein Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht werden sollen. Kein Zufall also, dass sich gerade jetzt Finanzwende zu Wort meldet und dabei die Riester-Rente fundamental kritisiert: Sie weise zu hohe Kosten und zu niedrige Rendite aus, die Kalkulationsgrundlagen seien zum Nachteil des Kunden und die Zulagen seien Verkaufsmotor. Rentenversicherungen werden als Wette dargestellt. Was ist von der Kritik zu halten?

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Kosten

Tatsächlich haben Riester-Renten höhere Kosten als Verträge ohne staatliche Förderung. Ursachen sind die komplexen Förderbedingungen und das Zulagenverfahren mit aufwändigen Verwaltungssystemen, vielen Einzelfallbearbeitungen und intensivem Informationsaustausch zwischen Anbietern und Kunden. Die Durchschnittsbeiträge sind allein wegen des niedrigen Mindestbeitrages niedriger, was zu relativ höheren Fixkostenbelastungen und so zu höheren Kostensätzen führt. Die Zusatzkosten sind also kein Kostenmissmanagement der Anbieter, wie es die Studie von Finanzwende suggeriert. Alleinige Ursache ist die politisch zu verantwortende Konstruktion der Riester-Rente. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass die Regierung vereinfachen will.

Rendite

Riester-Renten sind in erster Linie wegen der Bruttobeitragsgarantie renditeschwach. Diese zwingt die Anbieter in Zinsprodukte, die lange kaum Rendite abwarfen. Auch hier liegt also nicht, wie von Finanzwende suggeriert, Missmanagement der Anbieter vor. Hauptursache ist die gesetzlich geforderte Garantie. Die Fokusgruppe empfiehlt deshalb richtigerweise, die Garantie abzuschwächen.

Kalkulationsgrundlagen

Lebensversicherer sind aufsichtsrechtlich dazu verpflichtet, Kosten vorsichtig zu kalkulieren. So wird die Erfüllbarkeit der Leistungsversprechen dauerhaft und in voller Höhe gewährleistet. Kunden können sich also über Jahrzehnte darauf verlassen, dass sie ihre Rente erhalten. Im Gegenzug generiert diese Vorsicht regelmäßig Kosten- und Sterblichkeitsgewinne. Diese müssen die Anbieter der Überschussbeteiligung gutschreiben (Kostengewinne mindestens 50 Prozent, Sterblichkeitsgewinne mindestens 90 Prozent). Bei vielen Versicherern gehen die Sätze über die Mindestanforderung hinaus. Die Gewinne sind deshalb nicht, wie von Finanzwende suggeriert, Profit der Anbieter, sondern im Wesentlichen der der Kunden.

Zulagen

Zulagen sind für die meisten Riester-Sparer das entscheidende Argument für einen Abschluss. Insbesondere bei Verträgen mit niedrigen Beiträgen und bei Kunden mit Kindern liegen die Zulagenrenditen im deutlich zweistelligen Bereich, und dies bei einem Produkt mit Garantie und maximaler Sicherheit. Finanzwende versäumt es in seiner Studie diesen Renditeturbo darzustellen und auf die damit verbundene, herausragend gute Eignung der Riester-Vorsorge für breite Bevölkerungskreise hinzuweisen.

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Rentenversicherungen sind Wetten

Geht es um die Relation zwischen gezahlten Beiträgen und bezogenen Leistungen, sind Rentenversicherungen für Menschen mit höherer Lebenserwartung per Saldo wirtschaftlich vorteilhafter. Wer mit dieser Logik, so wie Finanzwende, die private Rente ausschließlich als Wette interpretiert und ihr damit eine negative Konnotation gibt, müsste auch die gesetzliche Rente in Frage stellen. Denn es gibt viele Fälle, in denen Menschen ihr gesamtes Erwerbsleben in die gesetzliche Rente einzahlen und kurz nach Renteneintritt versterben.

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