„Politiker diskutieren derzeit wieder verstärkt über Patientenquittungen und Kostenerstattungsmodelle für ärztliche Behandlungen. Beides ist heute bereits möglich, doch bei den Versicherten kaum bekannt. Das hat die jüngste Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ergeben.“ So fasste Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzende der KBV, die Ergebnisse einer Versichertenbefragung zusammen. Die Mannheimer "Forschungsgruppe Wahlen" hat vom 31. Mai bis 18. Juni insgesamt 6.065 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger im Auftrag der KBV telefonisch befragt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind repräsentativ für die deutschsprachige Wohnbevölkerung.

Demnach haben 20 Prozent der gesetzlich Versicherten von der Möglichkeit gehört, sich in der Arztpraxis eine sogenannte Patientenquittung ausstellen zu lassen, auf der die ärztlichen Leistungen dokumentiert sind.
80 Prozent wussten von solchen Quittungen bisher nichts. Von dem Fünftel, dem die Patientenquittung bekannt war, haben sich nur acht Prozent in den vergangenen zwölf Monaten beim Arzt eine solche ausstellen lassen. Dies entspricht knapp zwei Prozent aller gesetzlich Versicherten.
Ähnlich sieht es bei der Kostenerstattung aus. Gesetzlich Versicherte, die sich für einen entsprechenden Tarif entscheiden, müssen die Behandlung zunächst selbst bezahlen und bekommen später einen Teil der Kosten von ihrer Krankenkasse erstattet. 26 Prozent aller gesetzlich Versicherten ist dieser Wahltarif bekannt, aber nur zwei Prozent haben ihn auch gewählt. Die große Mehrheit von 72 Prozent hingegen hat noch nichts von dieser Möglichkeit gehört.

Die Telefoninterviewer fragten auch nach der hausarztzentrierten Versorgung. Diese war 59 Prozent der Befragten ein Begriff. 19 Prozent haben sich selbst in einen entsprechenden Vertrag einschreiben lassen. Die meisten Teilnehmer gibt es bei den ab-60-Jährigen.
„Diese Rückmeldungen beweisen eindeutig, dass die hausarztzentrierte Versorgung aus Sicht der Versicherten noch nicht die große Bedeutung im Sinne der Verbesserung der Versorgung hat, wie bestimmte Akteure immer wieder behaupten“, erklärte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller.
Das zeigten auch die Antworten der Teilnehmer auf die Frage nach der Einschätzung, ob sich an der Versorgung etwas verändert habe. „Demnach hat sich an der Versorgung nach der Einschreibung nicht sehr viel verändert: Fast drei Viertel (73 Prozent) geben an, die Versorgung habe sich nicht verändert, 17 Prozent sehen eine Verbesserung, sechs Prozent eine Verschlechterung und vier Prozent können dazu keine Angaben machen“, erläuterte der KBV-Vorstand.

„Erfreulich ist, dass Ärzte in Deutschland insgesamt ein hohes Vertrauen genießen und von ihren Patienten als kompetent eingeschätzt werden. 92 Prozent aller Versicherten, die im vergangenen Jahr einen Arzt konsultiert haben, sprechen diesem eine hohe oder sehr hohe Vertrauenswürdigkeit zu. Der gleiche Wert ergab sich, wenn die Befragten um ihre Einschätzung der fachlichen Kompetenz gebeten wurden“, erklärte KBV-Chef Köhler weiter.

Die Interviewer fragten zuerst danach, ob und wenn ja, welche Ärzte (Haus- oder Facharzt) die Patienten aufgesucht hatten. Ziel war es, nicht ein abstraktes Image der Berufsgruppe, sondern die konkreten subjektiven Erfahrungen der Versicherten mit dem jeweils zuletzt konsultierten Arzt zu erfragen.
Die aktuelle Studie baut methodisch auf früheren Versichertenbefragungen der KBV auf, so dass mögliche Veränderungen im Meinungs- und Erfahrungsbild ableitbar sind. Viele Antworten sind außerdem nach den Einzugsbereichen der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) aufgeschlüsselt.
Schwerpunkte der Befragung waren neben der hausarztzentrierten Versorgung die Warte- und Wegezeiten, Neuerungen im Gesundheitssystem, ausgewählte Aspekte der Gesundheitspolitik sowie Patientenbeschwerden.

Einen detaillierten Ergebnisbericht sowie einen Grafikbericht mit den Ergebnissen der KBV-Versichertenbefragung 2010 auf der Ebene der 17 KVen können Interessierte hier herunterladen: http://www.kbv.de/publikationen/versichertenbefragung2010.html.

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