Der zunehmende Einsatz unabhängiger Vertriebspartner im Versicherungsgeschäft erhöht den Preisdruck und reduziert die Möglichkeit, sich im Wettbewerb klar zu positionieren.
Können Versicherer davon noch profitieren? Oder lassen sie sich von den Partnern das Heft aus der Hand nehmen? Eine Kurzstudie der globalen Strategieberatung Simon-Kucher & Partners bestätigt den Trend um die unabhängigen Dritten: Mehr als die Hälfte der befragten Entscheider aus der Versicherungswirtschaft setzen zu 40 Prozent Vertriebspartner im Neugeschäft ein, mit steigender Tendenz.
Allerdings ergibt die Befragung auch, dass über die Hälfte der Versicherer ihre Vertriebssysteme noch nicht auf das Geschäft mit Dritten ausgerichtet hat und nur in Einzelfällen anpasst. Weitere 15 Prozent verzichten sogar ganz darauf.
Laut den Versicherungsexperten Dirk Schmidt-Gallas und Verena Beeck von Simon- Kucher birgt dies große Gefahren: Indem die Versicherer unabhängigen Vertriebspartnern immer mehr Wertschöpfungsanteile zugestehen, können diese Partner den Druck auf die Versicherer erhöhen. In der Konsequenz würde sich der Versicherer zunehmend auf die Rolle eines reinen ‚Risikoabsicherers’ reduzieren. Der Assekuranz ist das Problem bekannt, doch es wird noch wenig unternommen. „Dabei besteht akuter Handlungsbedarf“, so Schmidt-Gallas. „Die Versicherer sollten sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.“

Problem erkannt, aber mangelhaft umgesetzt

Um die Unternehmensziele zu erhalten und die Verkaufspolitik der Partner besser zu steuern, müssten die Versicherer nach eigener Einschätzung zunächst die echte Verkaufsleistung transparent machen und dann die Vergütung mit den eigenen bereits vorgesteckten Zielen verzahnen. Denn 88 Prozent der Befragten befürworten es, den tatsächlichen Verkaufserfolg messbar zu machen. Für jeweils rund drei Viertel sind Kriterien wie die Konsistenz von Vergütung und Zielen der Versicherer relevant. Der gleiche Anteil spricht sich für dafür aus, das Prinzip ‚Leistung und Gegenleistung’ zu verankern. Auch strukturierte Ansätze zum Ausbau der Geschäftsbeziehung spielen eine Rolle. Diese zentralen Erfolgsfaktoren werden aber nur teilweise umgesetzt. „Erschreckenderweise setzen gerade diejenigen auf Flickwerk-Steuerung, die schon heute einen Großteil ihres Geschäfts mit Dritten machen oder zukünftig einen Anstieg erwarten. Sie machen sich zum Spielball ihrer Partner“, erklärt Studienleiterin Beeck.

Leistungen nicht mehr verschenken

Gerade beim zentralen Erfolgsfaktor – der Orientierung der Partnervergütung am Wertbeitrag der Versicherer – versagen die Systeme heute. Fehlende Konsequenz durch mangelhafte Eskalationsprozesse öffnen darüber hinaus dem Einfluss Dritter Tür und Tor. Schmidt-Gallas und Beeck fordern die Versicherer dazu auf, ihre Leistungen von Dritten nicht freigiebig verschenken zu lassen. Schaffen können sie das nur, wenn sie das opportunistische Rosinenpicken der Vertriebspartner unterbinden und die Steuerung systematisch auf Basis von Leistung und Gegenleistung ausrichten. „Klare und leistungsbasierte Anreize für die Vertriebspartner sind ein Muss“, betont Schmidt-Gallas.
Wenn der Partner beispielsweise fünf Prozent mehr Courtage möchte, sollte der Versicherer nicht einfach vorschnell zustimmen, sondern seine Forderungen an Bedingungen knüpfen. Er könnte etwa im Gegenzug fordern, eine bestimmte Summe im Unternehmensgeschäft zu erbringen. Das Prinzip ist einfach: Eine Hand wäscht die andere. Die Versicherer müssen es nur anpacken.

Simon-Kucher

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