Altersvorsorge 2025: Generationengerechtigkeit als Prüfstein
Die Altersvorsorge in Deutschland steht vor einem Wendepunkt: Gesetzliche Rentenreformen, neue Impulse für die betriebliche Altersversorgung und Pläne für ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot prägen die aktuelle Debatte. Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), analysiert im Gastbeitrag die politischen Vorhaben – der Text erschien im aktuellen Versicherungsbote- Fachmagazin (und noch vor der Diskussion um das aktuelle Rentenpaket).

- Altersvorsorge 2025: Generationengerechtigkeit als Prüfstein
- Aktuelle Reform-Vorschläge: Zweites Betriebsrentengesetz und Altersvorsorgedepot
Im Koalitionsvertrag werden bezüglich der gesetzlichen Rente zwei wesentliche Bausteine hervorgehoben. Zum einen ist es die Mütterrente, zum anderen die Beibehaltung des Rentenniveaus von 48 Prozent. Für die Mütterrente, bei der die Mütter/Väter für die vor 1992 geborenen Kinder nun auch drei Entgeltpunkte erhalten sollen – damit ist die Mütterrente unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes vereinheitlicht –, ist Anfang August ein Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschlossen worden. Die Umsetzung ist spätestens für 2028 vorgesehen, mit einer rückwirkenden Auszahlung ab 2027.
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Beim Rentenniveau dürfte ein Beschluss nur noch eine Frage der Zeit sein, da dies ein Wahlversprechen der SPD ist, das sie sicherlich nicht fallen lassen wird. Beides kostet beachtlich viel Geld, das letztlich von den Beitragszahlern, also den jüngeren Arbeitnehmern, aufgebracht werden muss.
Der Aspekt der Generationengerechtigkeit kommt zu kurz
Der Aspekt der Generationengerechtigkeit kommt dabei zu kurz. Dieses Thema wird immer wieder vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aufgegriffen – im Juli etwa mit dem Vorschlag eines „Boomer-Soli“ und im August mit der Idee eines verpflichtenden sozialen Jahres für Rentner. In beiden Fällen stellt man sich die Frage, ob das DIW mit solchen Aussagen wirklich ernsthafte inhaltliche Vorschläge bringen oder eher Aufmerksamkeit für das Thema Generationengerechtigkeit erzeugen will.
Denn beide Vorschläge sind praxisfern. Der Boomer-Soli, bei dem einkommensstarke Rentner eine Sonderabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte zahlen sollen, würde dazu führen, dass der Anreiz, für das Alter zu sparen, künftig deutlich sinkt. Darüber hinaus haben die Rentner, die in ihrer Berufstätigkeitsphase mit Altersvorsorge für die Einkommenssicherung im Ruhestand geplant haben, im Alter keine Chance mehr, durch zusätzliches Sparen die Sonderabgabe, die sie abführen müssen, auszugleichen.
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Auch ein verpflichtendes soziales Jahr für Rentner ist der falsche Ansatz: Wer gesund und arbeitsfähig ist, sollte angesichts des Fachkräftemangels im Beruf bleiben; wer es nicht ist, kann die körperlich fordernde Pflegearbeit ohnehin nicht leisten. Grundsätzlich muss das Thema Generationengerechtigkeit jedoch schon angesprochen und strapaziert werden. Im ersten Schritt müsste man diesbezüglich zum Beispiel die geplante Beibehaltung des Rentenniveaus von 48 Prozent verwerfen, denn hier zahlen die Jungen die Rechnung für die Älteren.
Aktuelle Reform-Vorschläge: Zweites Betriebsrentengesetz und Altersvorsorgedepot
Bei der betrieblichen Altersversorgung wurde im Juli ein Referentenentwurf zum Zweiten Betriebsrentengesetz veröffentlicht. Im Zuge des Rentenpakets 2025 soll das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz im September 2025 im Kabinett und im Laufe des weiteren Jahres im Bundestag verabschiedet werden. Es bedarf darüber hinaus der Zustimmung des Bundesrats. Mit dem Zweiten Betriebsrentengesetz sollen die Betriebsrenten auf tarifvertraglicher Basis weiter gestärkt werden. Kleinen Unternehmen ohne Tarifvertrag soll es ermöglicht werden, sich solchen Systemen anzuschließen, damit sie ihren Mitarbeitenden einfach und unbürokratisch eine Betriebsrente anbieten können.
Von der Neuregelung der Förderung würden Menschen mit geringeren Einkommen, wozu auch viele Teilzeitkräfte gehören, profitieren. Ob die Neuregelung nach den bisherigen überschaubaren Erfahrungen aus dem ersten Betriebsrentengesetz einen großen Effekt hat, bleibt abzuwarten.
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Altersvorsorgedepot: Riester-Nachfolge und Frühstartrente
Bei der privaten Altersvorsorge geht es um ein Altersvorsorgedepot, das einerseits als Nachfolgekonzept der Riester-Rente und andererseits für eine Frühstartrente vorgesehen ist. Bei der Frühstartrente sollen schulpflichtige Kinder vom sechsten bis zum achtzehnten Lebensjahr monatlich zehn Euro vom Staat erhalten, die in das Altersvorsorgedepot fließen. Freiwillige ergänzende Zahlungen – zum Beispiel durch die Eltern oder Großeltern – sollen möglich sein.
Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum Renteneintritt steuerfrei sein, und das Kapital kann beim Erreichen der Regelaltersgrenze ausgezahlt werden. Sicherlich ein guter Ansatz, der in Kombination mit einer reformierten Riester-Rente ein sehr gutes Gesamtkonstrukt ergeben kann. Geplant ist die Frühstartrente bereits zum 1. Januar 2026. Bis dahin ist noch einiges zu tun, denn es müssen noch viele Details geklärt werden – etwa, welche konkreten Eigenschaften ein förderfähiges Produkt haben sollte.
Weder der Gesetzgeber noch die Anbieter werden es schaffen, den Termin zu halten
Ziemlich sicher ist, dass es bei der Frühstartrente keine Garantiebedingung in der Ansparphase geben wird. Die Auszahlung wird wahrscheinlich als Kapital erfolgen können, ohne an eine Leibrentenbedingung geknüpft zu sein. In welche Anlageformen das Geld konkret angelegt werden darf, ist jedoch noch nicht genau definiert. Aufgrund der noch offenen Punkte werden es daher weder der Gesetzgeber noch die Anbieter schaffen, diesen Termin zu halten – ein Beginn ab dem 1. Juli 2026 oder später könnte also ebenfalls möglich sein.
Interessant ist, dass die Förderfähigkeit an die Schulpflicht gekoppelt ist. Damit verhindert man den Missbrauch durch Auszahlungen an Kinder, die irgendwo im Ausland leben und möglicherweise nie eine Altersversorgung in Deutschland benötigen.
Sinnvoll ist, dass das Altersvorsorgedepot gleich als Nachfolgemodell der Riester-Rente fortgesetzt wird
Sinnvoll ist, dass das Altersvorsorgedepot im Rahmen der Frühstartrente gleich als Nachfolgemodell der Riester-Rente fortgesetzt wird. Gemäß Koalitionsvertrag soll die bestehende Riester-Rente durch eine neue Art der Förderung insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen abgelöst werden.
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Wie das Modell konkret aussieht, ist noch nicht klar. Die Idee ist, dass das Altersvorsorgedepot bereits bei der Frühstartrente beginnt und bis in den Ruhestand fortgeführt wird. Damit ist ein erster Schritt zur Stärkung der Altersvorsorge im Bewusstsein der Menschen getan. Und damit bin ich wieder bei dem bekannten Zitat des italienischen Dichters Dante Alighieri: „Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt; der andere packt sie an und handelt.“
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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2025. Das Magazin kann auf der Webseite des Versicherungsbote bestellt werden.
- Altersvorsorge 2025: Generationengerechtigkeit als Prüfstein
- Aktuelle Reform-Vorschläge: Zweites Betriebsrentengesetz und Altersvorsorgedepot

