Die gesetzliche Rentenversicherung steuert auf eine spürbare Beitragserhöhung zu. Nach Einschätzung von Alexander Gunkel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Rentenversicherung Bund, wird der Rentenbeitrag 2028 erstmals seit 2007 wieder steigen. Gunkel spricht von einem „extremen Beitragssatzsprung“ um 1,2 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent. Derzeit liegt der Beitragssatz bei 18,6 Prozent. Bereits 2029 soll der Beitragssatz laut Prognose weiter auf 20 Prozent anwachsen.

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Im vergangenen Jahr hatte das Berliner IGES Institut im Auftrag der DAK-Gesundheit eine Gesamtprognose für alle Zweige der Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) mit der zu erwartenden Beitragsentwicklung bis 2035 berechnet. Für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) hatten die Wissenschaftler gemäß mittelfristiger Finanzplanung und dem damals geplanten „Rentenpaket II“ mit einem Beitragsanstieg von 18,6 Prozent auf 20,6 Prozent im Jahr 2030 gerechnet. Bis 2035 wird ein weiterer Anstieg der Rentenbeiträge auf 22,3 Prozent erwartet.

Die nun von DRV-Chef Gunkel veröffentlichten Zahlen gehen in die gleiche Richtung. Gunkel mahnt deshalb die Politik, angesichts der angespannten Lage in allen Sozialversicherungszweigen die Gesamtbelastung der Beitragszahlender „im Blick“ zu behalten und „sie vor finanzieller Überlastung“ zu schützen.

Der Hintergrund für die erwartete Erhöhung liegt in der sogenannten Nachhaltigkeitsrücklage. Sie dient dazu, kurzfristige Schwankungen zwischen Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung auszugleichen. Bislang muss die Rücklage mindestens 0,2 Monatsausgaben betragen. Die Bundesregierung plant jedoch, die Untergrenze auf 0,3 Monatsausgaben anzuheben. Da die tatsächliche Rücklage sinkt, wird voraussichtlich 2028 die gesetzliche Untergrenze unterschritten. Damit greift automatisch der Mechanismus, der einen höheren Beitragssatz vorsieht. Gunkel fordert deshalb eine faire Lastenteilung: „Die Zusatzkosten für die Anhebung der Mindestrücklage müssten zwischen Bund und Beitragszahlern aufgeteilt werden.“

Trotz der angespannten Finanzlage rechnet die Deutsche Rentenversicherung im kommenden Jahr mit einem deutlichen Rentenplus. Die Renten sollen 2026 um rund 3,7 Prozent steigen. Bei einer erwarteten Inflationsrate von 2,1 Prozent werde die „Kaufkraft der Renten auch im kommenden Jahr spürbar steigen“. Für Rentner ist das eine gute Nachricht. Für die langfristige Finanzierbarkeit jedoch ein weiterer Belastungsfaktor.

Die Warnungen der Deutschen Rentenversicherung fallen in eine Zeit zunehmender Diskussionen um die langfristige Stabilität des Rentensystems. Steigende Lebenserwartung, hohe Ausgaben, sinkende Rücklagen und eine wachsende Zahl von Rentnern sorgen dafür, dass der Reformdruck weiter zunimmt. Die geplante Anhebung der Nachhaltigkeitsrücklage verstärkt die Belastung zusätzlich und trifft Beschäftigte sowie Arbeitgeber direkt über höhere Beiträge.