Die hohen Inflationsraten wirken nach und verändern das Anlageverhalten der Versicherer weltweit. Laut dem aktuellen Global Insurance Report des Vermögensverwalters BlackRock sehen Versicherer die Inflation weiterhin als größtes makroökonomisches Risiko. Entsprechend vorsichtig agieren sie an den Kapitalmärkten, während Investments abseits der Börsen zunehmend an Bedeutung gewinnen.

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„In der aktuellen Marktlage investieren die Versicherer vermehrt in Anlagen, die sie vor einer höheren Inflation schützen“, sagte Marcus Severin, Versicherungsexperte bei BlackRock, anlässlich der Studienvorstellung. Renditechancen verorteten die Versicherer „vor allem bei Infrastrukturinvestments und anderen Privatmarktanlagen“.

Versicherer bleiben defensiv

Für den Bericht befragte BlackRock 463 Topmanager von Versicherern aus 33 Ländern, darunter 26 aus Deutschland, mit einem Anlagevolumen von insgesamt 23 Billionen US-Dollar. Das Ergebnis zeigt: Trotz niedriger Risikobereitschaft steigt die Attraktivität von Privatmarktanlagen deutlich.

  • 30 Prozent der Versicherer wollen ihre Investments in diesem Segment ausbauen,
  • 58 Prozent wollen das aktuelle Niveau beibehalten,
  • nur 12 Prozent planen eine Reduzierung.

Besonders deutsche Versicherungsgesellschaften zeigten sich bei alternativen Anlagen offensiv. „Deutsche Versicherer wollen in den nächsten zwölf Monaten im Vergleich zu den europäischen Wettbewerbern noch stärker in Multi-Alternative-Strategien, Infrastruktur und private Kredite investieren“, so Severin. Lediglich bei Private-Equity-Beteiligungen hielten sich deutsche Gesellschaften etwas zurück.

Die Finanzaufsicht BaFin sieht die zunehmenden Engagements der Versicherer im Bereich Private Debt kritisch. Bereits im Frühjahr warnte sie, dass die schwache Konjunktur die Kreditrisiken erhöht. Zwar machen diese Investments laut einer Auswertung der Finanzaufsicht Ende 2023 im Schnitt nur rund fünf Prozent der Kapitalanlagen aus. Bei einzelnen Versicherern liege der Anteil jedoch bei bis zu 30 Prozent. Damit bleibt das Risiko überschaubar, aber nicht vernachlässigbar. Denn gerade im Umfeld hoher Unsicherheit und wirtschaftlicher Abkühlung könnten Zahlungsausfälle schnell zu Belastungen für die Bilanzen führen.

Anleihen bleiben die Säule der Kapitalanlage

Trotz des gestiegenen Interesses an alternativen Anlagen bleibt der Anleihemarkt das Rückgrat der Versicherungsinvestitionen. Laut Daten des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entfielen 2024 mehr als drei Viertel der 1,6 Billionen Euro Kapitalanlagen der Erstversicherer auf Anleihen.

Und: Der Trend hält an. 45 Prozent der europäischen Versicherer wollen ihr Engagement in Staatsanleihen ausbauen. Unternehmensanleihen verlieren dagegen etwas an Attraktivität „Auf den ersten Blick ist erstaunlich, dass Staatsanleihen trotz der sinkenden Zinsen für die Versicherer interessant bleiben“, erklärt Severin. Das hänge mit der Unsicherheit an den globalen Märkten und der US-Wirtschaftspolitik zusammen. Die Versicherer trauten dem aktuellen Boom an den Aktien- und Rohstoffmärkten offenbar nicht ganz.

Zudem seien europäische Staatsanleihen regulatorisch attraktiv. Nach Solvency II müssen Versicherer sie nicht mit Eigenkapital unterlegen. Sie eignen sich daher ideal, um die langfristigen Verpflichtungen aus Lebensversicherungsverträgen abzusichern.

Ein weiterer Trend ist die Kooperation mit externen Partnern. „Während sich die meisten Versicherer um das Management von europäischen Staatsanleihen, Pfandbriefen und Unternehmensanleihen selbst kümmern, vergeben sie bei anderen Anlageklassen Mandate an externe Partner“, erklärt Severin. Hier setzten die Unternehmen auf wenige, dafür aber größere Partner, die die Kapitalanlage strategisch bündeln sollen. Gleichzeitig investierten viele Versicherer in Technologien zur Portfoliooptimierung.

Vor allem Künstliche Intelligenz (KI) wird künftig eine größere Rolle spielen.