Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) will die Sozialversicherungen grundlegend umbauen. In einem internen Positionspapier, über das mehrere Medien berichten, fordert der Verband Einsparungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in zweistelliger Milliardenhöhe und zugleich ein Ende rentenpolitischer Mehrbelastungen wie der geplanten Mütterrente III.

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„Es fehlt der gesetzlichen Krankenversicherung nicht an Geld, sondern am richtigen Einsatz der Mittel, das muss sich ändern“, erklärte BDA-Präsident Rainer Dulger. Statt weiterer Umverteilungen brauche es „Mut zu nachhaltigen Strukturreformen, keine kurzfristige Flickschusterei“.

Milliardeneinsparungen in der GKV gefordert

Konkret fordert der Arbeitgeberverband eine Reihe teils weitreichender Maßnahmen:

  • Ende der Beitragsfreiheit für mitversicherte Ehepartner ohne eigenes Einkommen. Sie sollen künftig den Mindestbeitrag von rund 220 Euro monatlich selbst zahlen. Das brächte laut BDA rund 2,8 Milliarden Euro jährlich.
  • Wiedereinführung einer modifizierten Praxisgebühr von zehn Euro – diesmal bei jedem Arztbesuch statt einmal pro Quartal. Ziel sei eine bessere Steuerung von Patientenströmen und eine Reduktion unnötiger Arztkontakte. Einsparpotenzial: bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr.
  • Senkung der Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel von 19 auf sieben Prozent. Dies würde die Kassen nach Berechnungen um weitere 5,3 Milliarden Euro entlasten.

Insgesamt rechnet die BDA in einem „realistischen Szenario“ mit Einsparungen von 30 bis 40 Milliarden Euro, im besten Fall sogar bis zu 50 Milliarden Euro. Damit ließen sich die GKV-Ausgaben um rund zehn Prozent senken – und die Beitragssätze um 1,5 bis 2 Prozentpunkte reduzieren.

Der Reformdruck ist enorm: Laut Berechnungen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung droht der gesetzlichen Krankenversicherung bis 2040 ein Defizit von fast 50 Milliarden Euro. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat deshalb eine Expertenkommission eingesetzt, die bis Frühjahr 2026 Vorschläge für eine nachhaltige Stabilisierung der GKV erarbeiten soll.

Die Arbeitgeber wollen dabei eigene Ideen einbringen. Dulger betonte, dass strukturelle Einsparungen notwendig seien, um die Lohnnebenkosten zu stabilisieren und Arbeit in Deutschland bezahlbar zu halten.

Mütterrente im Visier

Neben der Krankenversicherung nimmt Dulger auch die Rentenpolitik ins Visier. Im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen forderte er die Bundesregierung auf, die geplante Ausweitung der Mütterrente zu stoppen. „Die Mütterrente darf nicht weiter erhöht werden“, sagte Dulger gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. „Der Staat muss die Mütterrente mit Steuergeld bezahlen – und dieses Geld fehlt dann für Investitionen.“

Die Mütterrente III, die ab 2027 gelten soll, sieht eine volle Gleichstellung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder vor. Sie würde die Rentenausgaben deutlich erhöhen. Dulger kritisiert, dass diese Reform „nicht treffsicher“ sei und die eigentlichen Probleme des Rentensystems nicht löse. Eine Anhebung wäre ein falsches Signal an die junge Generation. Dulger appelliere an die Politik, „bei der Rente an die Jüngeren und nicht ausschließlich an die Älteren zu denken“.