Deutsche sparen mehr und investieren häufiger in ETFs und Fonds
Vier von fünf Deutschen legen regelmäßig Geld zur Seite. Doch viele haben Zweifel, ob ihre Rücklagen tatsächlich ausreichen. 63 Prozent der Bundesbürger empfinden ihr Erspartes als unzureichend. Hauptgrund sind die gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Deutschland bleibt ein Land der Sparer. Doch steigende Lebenshaltungskosten und Inflationsfolgen nagen an den Rücklagen, während das Sicherheitsbedürfnis hoch bleibt. Gleichzeitig wächst das Interesse an ETFs und Wertpapieren. Das ergab eine aktuelle Umfrage der Postbank.
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„Die hohe Sparquote zeigt, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit finanzieller Vorsorge in Deutschland fest verankert und das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ausgeprägt ist“, sagt Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Postbank.
Zugleich verweist er auf die Folgen der Inflationsjahre 2021 bis 2023 mit zeitweise über sieben Prozent Teuerungsrate: „Sie haben die Kaufkraft der Einkommen und Ersparnisse fühlbar geschmälert. Auch wenn sich die Inflation inzwischen auf rund zwei Prozent normalisiert hat, spüren viele Haushalte das heute höhere Preisniveau empfindlich.“
Rücklagen oft zu gering
Sparen bleibt grundlegend Pflicht und nicht nur Kür. Für viele Deutsche dient das Sparen vor allem der finanziellen Sicherheit, nicht dem Konsum. Denn in finanzielles Polster von drei bis sechs Monatsgehältern gilt als ökonomisch sinnvoll. Doch nur 24 Prozent der Befragten erreichen dieses Ziel.
- 26 Prozent könnten höchstens zwei Monate vom Ersparten leben,
- 15 Prozent nur einen Monat,
- und lediglich 34 Prozent hätten genug Rücklagen für mehr als ein halbes Jahr.
14 Prozent sparen pro Jahr weniger als 500 Euro, also etwa 42 Euro im Monat – ein Betrag, der kaum Spielraum für unerwartete Ausgaben lässt.
  „Die meisten Menschen sparen aus einem Sicherheitsbedürfnis. Wenn sie trotz ihrer Sparanstrengungen das Gefühl haben, ihr Ziel kaum erreichen zu können, führt das zu Verunsicherung und Frustration“, so Stephan.
  „Anhaltender Kostendruck beschädigt das Vertrauen in die eigene Vorsorgefähigkeit.“
Die Prioritäten der Deutschen sind eindeutig: Sicherheit geht vor Luxus.
- 44 Prozent sparen für einen Notgroschen,
- 36 Prozent für Krisenzeiten,
- ebenfalls 36 Prozent für die Altersvorsorge,
- 18 Prozent für Vermögensaufbau
- und 15 Prozent für Modernisierung oder Renovierung von Wohneigentum.
Nur ein Drittel (33 Prozent) spart gezielt für Konsumzwecke wie Reisen oder größere Anschaffungen. Damit verschiebt sich das Sparmotiv weg von kurzfristigem Konsum, hin zu langfristiger Absicherung.
ETFs auf dem Vormarsch
Trotz des Sicherheitsfokus zeigt die Umfrage auch: Das Interesse an renditestärkeren Anlagen wächst. Zwar bleibt das Girokonto mit 41 Prozent die beliebteste Anlageform, doch Tagesgeldkonten holen stark auf – sie erreichen inzwischen 40 Prozent (plus fünf Prozentpunkte gegenüber 2024).
Noch bemerkenswerter ist der Trend zum Kapitalmarkt:
- 34 Prozent der Befragten investieren inzwischen in Aktien oder Fonds,
- das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
- Der Anteil der ETF-Anleger stieg binnen zwei Jahren von 13 auf 21 Prozent,
- auch Einzelaktien gewinnen an Beliebtheit (von 11 auf 15 Prozent).
- Zugleich lagern nur noch 10 Prozent Bargeld zu Hause – 2023 waren es noch 15 Prozent.
„Die Zahl der Wertpapieranleger nimmt seit Jahren kontinuierlich zu“, erklärt Stephan. „Treiber sind vor allem börsengehandelte Indexfonds, sogenannte ETFs. Sie haben die Wertpapieranlage gewissermaßen demokratisiert – weil sie auch mit kleinen monatlichen Beträgen den Zugang zu den Kapitalmärkten ermöglichen.“
Trotz der wachsenden Beliebtheit von ETFs unterschätzen viele Sparer das Renditepotenzial. Nimmt man den historischen Durchschnitt des MSCI World, sind die Möglichkeiten durchaus spannend. Denn bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von sieben Prozent kann eine monatliche ETF-Anlage von 100 Euro nach 15 Jahren rund 30.000 Euro ergeben. Doch 36 Prozent der Befragten schätzen die Renditechancen geringer ein und drei Prozent halten sie für unrealistisch. 28 Prozent haben gar keine Vorstellung von möglichen Erträgen.
„Das Spekulationsobjekt ‚Wertpapier‘ wandelt sich in der Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten zu einem Instrument für langfristigen Vermögensaufbau und private Altersvorsorge. Das ist begrüßenswert“, sagt Stephan.
